Kapitel 11 | Karaokeabend

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In diesem Moment kam jedoch bereits die Putzfrau auf uns zugelaufen, die uns wegscheuchte und das Chaos mit ihrem Besen beiseite fegte. Ich entschuldigte mich bei ihr mehrmals, wies sie aber auf den nassen Wasserfleck hin, auf dem ich ausgerutscht bin. Zum Glück war sie nicht sauer auf mich und ich musste auch nichts von meinem Taschengeld für das kaputte Geschirr blechen. 

„Das sah im ersten Moment echt übel aus", schüttelte Gabbie den Kopf und atmete die Luft aus. „Ein Glück, dass Carter gerade an Ort und Stelle war und dich reflexartig aufgefangen hat. Wer weiß, ob du dir nicht etwas gebrochen hättest?" Weiterhin seufzte sie verträumt. „Wie romantisch! Ich wünschte, ich wäre ausgerutscht statt dir. Dann hätte ich in seinen Armen gelegen und wir wären uns so nahe gekommen. Hach, was für ein Held!" 

Gabbie war ganz klar in ihren Tagträumen verloren und ich konnte nicht anders, als sie gewaltsam da herauszuholen. „Wie kannst du dir nur so etwas wünschen? Glaube mir, du wärst nicht gerne an meiner Stelle gewesen. Carter ist ein Idiot, er hat dies nur getan, damit ich ihm wieder etwas schuldig bin. Er hätte gewiss kein Problem damit gehabt, wenn ich mich schmerzerfüllt auf dem Boden gekrümmt hätte." 

„Lumina!", mahnte mich Savannah und bedachte mich mit strengem Blick. „Jetzt wirst du aber sehr aggressiv. Das, was er gestern getan hat, war nicht okay, aber woher willst du wissen, mit welchen Absichten er dich gerade aufgefangen hat? Vielleicht wollte er wirklich nur hilfsbereit sein." 

Ich schnaubte nur und schüttelte den Kopf. „Wohl kaum." 

Savannah würde mich nicht davon überzeugen können, zumindest nicht, bis Carter sich bei mir persönlich für sein Verhalten entschuldigen würde, dann würde ich noch darüber nachdenken. Trotzdem ging mir seine Rettungsaktion nicht mehr aus dem Kopf und ich konnte keinen logischen Grund finden, weshalb er mich nicht einfach hat fallen lassen. Wenn er mich so hasste, hätte er auch einfach dabei zusehen können, wie ich mich hinlege. Aber er hat genau das Gegenteil davon getan – Weshalb? 

Wahrscheinlich würde ich niemals eine Antwort darauf bekommen und als wir uns alle gemeinsam zur Museumstour aufmachten, war das auch schon wieder vergessen, denn immerhin war ich hier, um mir Europas schönste Städte anzusehen und nicht, um mir von einem Idioten die Reise vermiesen zu lassen. 

Londons Museen waren schön und interessant, aber nach sechs Stunden waren wir alle zu Tode gelangweilt und es war klar, dass wir erst einmal genug von Statuen und Gemälden hatten. Wir haben vier Museen abgeklappert, von denen Mrs. Shields begeistert erzählt hat und die auch nach den sechs Stunden noch total fit war. 

„Und? Welches Museum wollen wir uns als nächstes anschauen?" Ein lautes Stöhnen fuhr durch die Runde und alle beschwerten sich über wunde Füße und einen leeren Magen. „Das war doch nur ein Witz. Gönnen wir uns alle eine große Pizza!" 

Jetzt waren alle hellwach und schnell wieder satt und glücklich. Der Nachmittag verlief jedenfalls sehr viel besser, als der Morgen und ich hatte meinen Ausrutscher beinahe schon wieder vergessen, weswegen ich mich ausgelassen mit Sav und Gabbie unterhalten und lachen konnte. Genauso problemlos hatte ich mir die Reise vorgestellt und ich hoffte wirklich, dass es so weitergehen würde, sobald ich hörte, was Mrs. Bowman ankündigte: „Hört mal, ich wurde heute Morgen von der Empfangsdame angesprochen und sie veranstalten wohl einen Karaokeabend im Hotel. Weil sie weiß, dass ihr alle jung seid und Spaß an solchen Aktionen habt, wurde ich gefragt, ob ihr das vielleicht ein wenig in die Hand nehmen könnt und sich vielleicht ein paar Mutige von euch trauen, ein Lied zu singen... Was sagt ihr dazu?" 

Im ersten Augenblick waren alle begeistert von der Idee, klar, an sich war ein Karaokeabend nichts Schlechtes, es konnte sogar sehr lustig werden. In meinen Gedanken beschloss ich jetzt schon, auf keinen Fall dort auf die Bühne zu treten, denn ich konnte nicht singen und erst recht nicht Karaoke, wenn mir viele Leute dabei zuhören würden. 

Lumina ✈ Destination: EuropaWhere stories live. Discover now