Chapter Fourty-Seven {Colins Vergangenheit}

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Doris zeigt sich nur noch, wenn wir die Bühne betreten müssen. Colin verbringt seine Zeit nervös auf dem Sofa. Adam und ich sitzen schweigsam nebeneinander.

Unerwartet versteift sich Colin, als die Frau von gestern seinen Namen nennt. Adams Blick verdunkelt sich und er positioniert sich neben Colin, seine Hand auf seine Schulter gelegt.

"Colin Spencer! Wer ist dieser Mann? Was motiviert ihn, Tag für Tag weiterzumachen? Ihr wollt es erfahren? Dann bleibt dran."

Ein alter Spielplatz taucht auf dem Bildschirm auf. Auf der Schaukel sitzt die Frau, die es liebt, unser Privatleben regelrecht auseinanderzunehmen. "Genau hier ereignete sich ein tragischer Tag. Colin Spencer, der Frontmann von Chivalrous Nightmare, war gerade einmal süße acht Jahre alt, als er jemanden verlor, der ihm sehr nahe stand." Ihre Augen werden glasig und sie atmet tief durch. "Colin hatte eine schwierige Kindheit. Vom Vater verlassen und von der Mutter trotz ihrer Anwesenheit emotional vernachlässigt. Er, der große Bruder, musste sich um seinen vierjährigen Bruder Darian kümmern, als wäre er dessen Vater und Mutter."

Sie erhebt sich und geht zu einem alten, ausgetrockneten Bach. "An einem warmen Sommerabend kamen Colin und Doris mit seinem Bruder zu diesem Spielplatz. Sie ließen Darian nur für einen kurzen Moment aus den Augen, und er fiel ins Wasser. Sie suchten ihn, die Sonne war bereits untergegangen, aber sie hatten keinen Erfolg. Sie riefen die Polizei. Stunden vergingen, dann... fanden sie einen leblosen Körper am Ende des Baches."

Alte Aufnahmen von der Suchaktion werden eingeblendet. Colin, noch ein kleiner Junge, weint in Doris' Armen. Sein Blick auf seinen Bruder gerichtet, bricht er zusammen.

Mit einem plötzlichen, wütenden Aufschrei springt Colin auf und seine Faust prallt mit voller Wucht gegen die Fensterscheibe, die daraufhin gefährlich erzittert.

Überrascht und mit einem Anflug von Angst in meinen Augen starre ich ihn an. Ein dunkles, fast höhnisches Lächeln umspielt seine Lippen. "Hast du Angst??? Angst vor mir???"

Ich finde keine Worte. So habe ich Colin noch nie gesehen. Er scheint von innerem Hass und tief sitzender Schuld verzehrt zu werden. Sein Bierflasche entgleitet seiner Hand und zerschellt auf dem Boden, wobei sich die Scherben bis zu meinen Füßen verteilen. "Komm schon, Saraya!!! Sag mir, was du jetzt von mir hältst!!! Denkst du immer noch, ich bin der perfekte Mann für dich??? Bin ich immer noch der Colin, der ich jeden Tag vorgebe zu sein??? Der Colin, in den du dich verliebt hast???"

Ich kann nicht anders, als am ganzen Körper zu zittern. Tränen sammeln sich in meinen Augen und drohen überzulaufen.

"Nun sag schon was!!!" Er packt mich an den Schultern, seine Augen glänzen feucht vom aufgestauten Tränenfluss.

Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen und ich bin wie versteinert vor Angst.

Adam versucht, ihn zu beruhigen, aber ohne Erfolg. Colin sieht in mir nun das Ventil für seine aufgestaute Wut und scheint jede Kontrolle verloren zu haben. "Hast du jetzt Mitleid??? Denkst du, das ist nicht der echte Colin??? Dass es nur ein Ausbruch ist, weil sie meine schmerzhafte Vergangenheit aufgerührt hat???" Er fährt sich mit der Hand durchs Haar und lacht bitter. "Nein, Saraya! Ich bin ein verdammtes Arschloch!!! Ein Ungeheuer!!! Ein Mann ohne Gefühle!!! Der nicht lieben kann!!! Weil er keine Liebe verdient hat!!! Ich bin Kaputt!!!"

Er greift nach einer neuen Bierflasche und schlägt den Deckel mit einer abrupten Bewegung an der Tischkante ab, an der ich immer noch sitze.

Mit einer beunruhigenden Ruhe beugt sich Colin zu mir vor, seine Augen durchdringen mich mit einem finsteren, fast bedrohlichen Blick. "Du weißt absolut gar nichts über mich! Aber ich... ich habe eine Menge über dich herausgefunden!" Seine Stimme knirscht zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen, jeder Ton ein deutlicher Vorbote von Unheil. "Dein Handy verriet uns so einiges!!!"

Mit weit aufgerissenen Augen sehe ich ihn an. "Du hast mein-"

Doch unterbricht er mich mit all seiner Wut. "Ein kleines, süßes Mädchen, aufgezogen in den seidigen Fäden von Reichtum und Privileg, verspürte eines Tages den Drang, die echte Welt zu erleben!" Sein Lachen, plötzlich und zynisch, zerreißt die schwere Stille, während er die volle Bierflasche mit einer fast tierischen Wut gegen den Fernseher schleudert. "Komm schon, Sunshine!!!"

Ein eiskalter Schauer durchfährt mich, als er meinen alten Namen benutzt, ein Name, der längst vergessen sein sollte. Ich erstarre.

"Erzähl uns deine Geschichte! Oh, warte!!! Wir kennen sie ja bereits!" Seine Stimme ist ein markerschütternder Schrei, seine Faust donnert auf den Tisch, dass das Holz unter dem Aufprall erzittert. "Wann genau hattest du vor, mir zu sagen, dass ich die ganze Zeit eine verdammte Bonzenfotze gefickt und geleckt habe??? Wann wolltest du mir gestehen, dass du uns allen eine perfekte Illusion vorgespielt hast???" Mit einer wütenden Bewegung schlägt er das Glas aus meiner Hand, das zersplitternd auf dem Boden landet.

Die plötzliche Gewalt lässt meine Angst bis in die tiefsten Tiefen meines Seins vordringen. "Und wann genau wolltest du uns in deine glitzernde Welt entführen, in der du in der Musikszene einen beeindruckenden Namen hast???"

Ich senke meinen Blick zu Boden, kraftlos, gebrochen. Doch das scheint Colins Wut nur noch mehr zu entfachen. Mit einem groben Griff packt er meinen Arm, seine Finger bohren sich in meine Haut, während er mich auf die Beine zieht. "Sunshine Darklyn, Exfrau eines berühmten Musikers!!! Mir wird übel, wenn ich nur daran denke, dass ich-"

Plötzlich holt Adam mit der Faust aus und Colin landet mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden. "Bist du endlich fertig???" Schreit er, seine Worte hallen in dem kleinen Raum wieder. "Bist du so blind, dass du nicht siehst, was du hier gerade anrichtest???"

"Sie hat nichts anderes verdient!!!" Donnert Colin wütend zurück und springt mit einer fast tierischen Agilität wieder auf die Beine. "Sie hat uns allen was vorgemacht!!!"

Seine Worte schneiden durch die eisige Stille, sie zerreissen mich innerlich. Er hat keine Ahnung, was ich durchgemacht habe, welche Schmerzen ich ertragen musste, um heute hier zu sein.

Unter einem Schleier von Tränen stoße ich Colin von mir weg, als er erneut Luft holt, und flüchte in die scheinbare Sicherheit meines Bettes.

"Genau!!! Lauf, Sunshine!!! Lauf weg, wenn es zu viel wird!!!"

Adam brüllt ihm hinterher und zieht ihn aus dem Bus. Doris beobachtet die Auseinandersetzung mit einem besorgten Blick und ich will nur noch eins - weg!

Is It Love - ColinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt