Göttliche Wunder

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»Du hast uns gerufen?«, die Stimme ist so weiblich, weich angenehm und ergreifend, das weiterhin alle Schweigen.

Das Licht ist erloschen und nur das Lagerfeuer blitzt noch in den Pfad hinein.

Storm hebt vorsichtig den Kopf und erkennt vier nackte Füße.

Avery entweicht ein kleiner Aufschrei der Freude, als sie ihren zwölfjährigen Sohn in Nahele's Augen wieder erkennt.

Während Jalma Storm zuversichtlich zulächelt, bahnt sich Avery einen Weg durch die Menge und baut sich vor Nahele auf. Der rollt belustigt mit den Augen und sieht auf seine Mutter herab. Er hat inzwischen die Figur eines ausgewachsenen Mannes angenommen und überragt sie um mindestens eineinhalb Köpfe.

»Skyler!«, Avery's Gesicht verzieht sich zu gespielter Verärgerung, »du bist seit Wochen nicht mehr zuhause aufgetaucht! Und deine Hausaufgaben hast du auch nicht mehr gemacht! Du solltest dich was schämen!«, zetert sie drauflos.

Skyler –Nahele- grinst belustigt, so dass alle lachen. Alle außer Avery.

»Ich finde es auch schön dich wiederzusehen ...«, Nahele beugt sich zu Avery vor, so dass sich diese verunsichert dreinschauend zurücklehnt. »Mutter«, fügt Nahele belustigt zu. Die beiden starren sich einige Sekunden lang staunend und belustigt an, dann umarmt Avery ihren Sohn –Gott und seufzt zufrieden. Nahele rollt mit den Augen, grinst dann aber gütig und erwidert die Umklammerung der Menschenfrau.

Der Stamm lacht und kichert und macht Witze.

Außer Jayden, Avery's zweiter Sohn.

«Gott ist das zum Kotzen, einen Gott als Bruder zu haben«, beschwert er sich bei seinen Freunden Ohanzee und Wanikiya Wolf. Die beiden nutzen sogleich die Chance, ihn ordentlich damit aufzuziehen.

Erst Jalma's ziehen an Nahele's Hand bringt ihn dazu sich wieder vollständig aufzurichten.

»Unser Menschenkind«, flüstert Jalma mit einem Seitenblick auf Maunloa. Nahele sieht sie mit verliebtem Ernst an und nickt.

Hand in Hand schreiten die beiden durch die Gasse von Menschen. Direkt vor den am Boden liegenden Maunloa kniet Nahele sich nieder. Jalma bleibt mit einer Hand an seiner Schulter und weichem Blick auf Maunloa neben ihm stehen.

Der Gott des Waldes betrachtet eine zeitlang schweigend Maunloa's verschwitztes, inzwischen blass gewordenes Gesicht. Dann hebt er die Hand und streicht ihm über die schwarzen Haare. Sein Blick ist ernst, als er ihn hebt, um Storm und Wanikiya anzusehen.

»Was hat er? Könnt ihr ihn ... ihn ... gesund machen?«, Storm ist voller Hoffnung und Elan. Sie selbst würde alles in ihrer Macht stehende tun, um Maunloa zu retten. Auf ihn kann sie nicht verzichten. Nicht mehr! Nie wieder!

Nahele und Jalma lächeln Storm und allen anderen beruhigend zu. Dann drehen sie sich herum und setzen zum gehen an.

Storm ist verwirrt. Warum sind die beiden hier erschienen, wenn sie Maunloa doch sterben lassen? Warum helfen sie ihm nicht?

Wütend springt sie auf die Beine. Ein kalter, schneidender Wind fährt durch die Haare der Götter. Sie bleiben stehen und drehen sich friedlich lächelnd zu der –Windfrau- herum.

»Warum helft ihr ihm nicht?«, brüllt sie ihnen verzweifelt entgegen. «Warum rettet ihr ihn nicht?« Storm's Zorn und Hilflosigkeit übermannen sie. Der Wind nimmt zu.

Die Stammesmitglieder schauen teilweise schon ängstlich von einem zum anderen. Einzig Wanikiya schweigt ruhig.

Gerade öffnet Nahele lächelnd den Mund. Jalma neben ihm sieht mit friedlichem Ausdruck auf ihrem inzwischen hübschen Gesicht zu ihm hoch.

»Verdammt! Was seid ihr nur für Götter, wenn ihr das zulasst?«, Storm's Wut mehrt sich, ebenso wie der Wind.

Die Anwesenden Stammesmitglieder halten sich aneinander und an ihrer Kleidung fest. Storm muss sich unbedingt beruhigen. Sie würde sonst noch einen Tornado heraufbeschwören.

»Storm ...«, Sunshine Bluewater schenkt ihrer Tochter einen ruhigen, liebenden Blick. Storm geht darauf aber nur kurz ein. Dann funkelt sie wieder die Göttin der Wahrheitssuche und des Eifers und den Gott des Waldes entzürnt an.

Wie können sie Maunloa nur seinem Schicksal überlassen? Sie, die die Macht hätten ihn zu heilen. Sie, die sie gerettet hat. Nur wegen ihr haben sie sich erneut vereinen können. Und genau das wollen die beiden ihr mit Maunloa nicht gönnen?

Was sind sie nur für miese, falsche Götter?

»Ihr ... verdammten ...« Storm findet keine Worte, mit denen sie ihrer Wut Ausdruck verleihen könnte.

»He aha kāu e' oli'oli nei e like me kēlā?«, er steht ächzend auf und sieht sogleich das wundervollste, was er jemals gesehen hat ... Na ja, fast ...

Ihren Rücken.

Storm hält inne. Ein heißkalter Schauer prickelt in ihrem Nacken. Diese Stimme!

Sie kennt sie! So weich. So klangvoll, so warm und geschmeidig. Fast wie der dazugehörige Körper. Mal weich und sanft, mal angenehm hart.

Nahele kichert belustigt in sich hinein, »Kleine Windfrau ...«, er seufzt belustigt. »Wir haben getan, was wir konnten«, Jalma lächelt in ihre Richtung, während Storm sich herumdreht.

Sie ist kaum in der Lage, Maunloa's Schönheit im Schein des Feuers hinter ihm zu ertragen. Ihr Herz stolpert und hopst und kracht dann aufgeregt gegen ihre Rippen. Sie zittert voll freudiger Erwartung.

Was hat sie getan? Sie hat die Götter völlig zu Unrecht beschimpft. Sie sollte sich ...

Als sie ihren Kopf kurz zu Nahele und Jalma umdreht, sind diese schon am Waldrand angelangt und verschwinden gerade im dichten Grün.

»Danke!«, flüstert sie ihnen dennoch zutiefst ergriffen hinterher. »Gern geschehen kleine Windfrau«, hört sie zwei amüsierte Stimmen erwidern.

Dann strahlt sie über das ganze Gesicht, während sie auf Maunloa zurennt. Direkt in seine geöffneten Arme hinein. Erst dort fallen alle Anspannung und alle negativen Gefühle von ihr ab. Loa grinst über das ganze Gesicht, während er Storm fest in seine Arme schließt in dem intuitiven Wissen, dass er diese Frau nie wieder gehen lassen wird. Nicht solange, sie das nicht will.

Als der Stamm inJubelschreie ausbricht und Gesang und Tanz beginnen, hebt Maunloa seineTraumfrau noch im Kuss vereint auf seine starken Arme und steuert ihr Häuschenan.

Maunloa & StormWhere stories live. Discover now