Sonntag, 16. Dezember 2018

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Sonntag, 16. Dezember 2018
von ernsten Gesprächen und Wünschen

Der Geburtstag von Luna gestern war ein voller Erfolg. Dad und Milan haben tatsächlich einem nahezu perfekten Geburtstag zustande gebracht, was mich durchaus sehr stolz gemacht hat. Ich weiß nicht wie lange es her ist, dass sie einen Geburtstag allein vorbereitet haben. Zwar habe ich die meiste Arbeit im Vorfeld getan, aber die Durchführung ist auf den Mist der Jungs gewachsen. Und ich bin stolz auf sie. 

Dennoch bin ich am Tag danach vollkommen gerädert und bereits beim Aufstehen bemerke ich den Muskelkater in den Beinen. Die Muskeln in meiner Hüfte beschweren sich ebenfalls schon über die Bewegung und ich würde die Treppe am liebsten nach unten rollen. Es ist unendlich mühsam Treppenstufe um Treppenstufe nach unten zu wandern. Ein Blick in die Zimmer meiner Geschwister hat mir gezeigt, das beide noch Schlafen, während ich Dad bereits unten in der Küche hören kann.

Vielleicht hilft er mir ja beim Frühstück vorbereiten, bevor wir gegen 11:00 Uhr zu Onkel Tobi fahren und uns dort den restlichen Tag über die Bäuche vollschlagen müssen. Der 3. Advent ist eigentlich ein Tag der nur aus Essen besteht und am Ende fühle ich mich immer, als würde ich nach Hause rollen müssen. Oder einfach platzen.

"Guten Morgen Schätzchen. Hast du gut geschlafen?", fragt Dad mich als ich die Küche betrete und mich an der Theke auf einen der Barstühle fallen lasse. Meine Muskeln schmerzen und ich verstehe nicht, wieso ich von so ein bisschen Eislaufen so schrecklichen Muskelkater habe. Ob es Luna ebenso geht? Und Ben? Und Luca? Obwohl ich wirklich nicht gemein sein will hoffe ich, dass die anderen dieselben Schmerzen haben wie ich. Denn irgendwie will ich damit nicht allein sein.

Ich brumme als Antwort auf seine Frage nur und fahre mir durch die verknoteten Haare. Ich sehe aus, als hätte ich in eine Steckdose gefasst und ich bin mir sicher, dass nicht einmal ein Glätteisen heute helfen kann. Dabei war ich doch gerade erst vorgestern beim Friseur. In der Regel halten meine Haare bis zur nächsten Wäsche durch, nachdem ich Phil besucht habe. Aber offensichtlich ist diesen Monat alles anders.

Dad lacht stößt ein amüsiertes Lachen aus und stellt seine Kaffeetasse vor mir auf der Theke ab. Obwohl er selten zu Hause ist weiß ich, dass er sich über meine Abneigung gegen Kaffee im klaren ist. Außerdem will ich nicht unbedingt aus seiner Tasse trinken. Doch wie ich mit halb geschlossenen Lidern erkennen kann war das auch gar nicht sein Plan. Denn er schnappt sich die Cornflakes aus dem Schrank, den Karton Milch aus dem Kühlschrank und stellt beides vor meiner Nase ab, bevor er auch noch eine Schüssel dazu stellt und einen Löffel dazu legt. 

"Dad heute ist Sonntag.", brumme ich und schiebe die blaue Packung zur Seite. Ich werfe Dad einen müden aber bedeutsamen Blick zu und hoffe, dass er versteht was ich meine. Doch seinem irritierten Blick nach zu urteilen tut er das nicht. "Heute ist Sonntag. Da gibt es immer etwas besonderes."

Mein Dad legt den Kopf schräg und lässt den Blick aus seinen blauen Augen über meine Gestalt wandern. Ich trage einen halbverblassten Schlafanzug, den ich sicherlich schon vor Jahren wegwerfen hätte sollen. Aber es ist der letzte Schlafanzug den Mom mir geschenkt hat und ich würde eher in Flammen verbrennen, als ihn wegzuwerfen. 

"Du arbeitest zu viel Lucie. Du musst das nicht tun." Dad legt mir eine Hand an die Wange, während er mit der anderen nach seiner Tasse greift. Überrascht von dieser Berührung schließe ich die Augen und kann ein kleines Lächeln nicht unterdrücken. Es ist lange her, dass wir einen so ruhigen Moment hatten. Normalerweise sind wir immer zwischen meinen Geschwistern eingeklemmt und haben nie auch nur fünf Minuten für uns. Zu den Vater-Tochter-Momenten wie ich sie gern hätte kommt es praktisch nie, doch genau jetzt habe ich einen solchen Moment. Ich vermisse all diese kleinen Momente die wir früher hatten. Ich vermisse wie er mich in den Arm genommen hat und mich einfach nur gehalten hat. Wie er mir Abends meine Geschichten vorgelesen hat und mir immer einen Kuss auf die Stirn gegeben hat. Auch als ich eigentlich schon viel zu alt dafür war.

Zimtstern [ I - 2018 ]Where stories live. Discover now