Donnerstag, 06. Dezember 2018

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Donnerstag, 06. Dezember 2018
von müden Kindern und Cousinen

"Tschau Dad bis heute Abend.", verabschiede ich mich von meinem Vater und drücke ihm einen Kuss auf die Wange bevor ich meine Schuhe anziehe. Luna braucht etwas länger um sich von unserem Vater zu trennen, was jedoch vollkommen normal ist wenn sie noch müde ist.

Gestern waren wir doch etwas länger als gedacht bei Luca und Ben. Während die beiden Kleinen sich in Ben's Zimmer regelrecht ausgetobt haben, haben Luca und ich ganze drei Filme geschaut. Alles natürlich Horrorfilme und einer "schlimmer" als der andere. Luca wollte wohl herausfinden wieviel ich verkrafte. Das er mich bis zum Abendessen noch nicht weich gekocht hat, hat seine Stimmung jedoch um einiges gedämpft. Weshalb ich am Ende allein für uns vier gekocht habe und er schmollend an der Küchentheke saß und mir zugesehen hat. Ab und an hat er wenigstens einen hilfreichen Kommentar abgegeben, indem er mir gesagt hat wo ich was findet. Während wir beide jedoch nach diesem ruhigen Mittag auf dem Sofa top fit waren, sind Luna und Ben beinahe vor Müdigkeit mit dem Gesicht in den Spagetti gelandet. Was zugegebenermaßen ziemlich lustig aussah.

"Komm Luna wir müssen jetzt los. Sonst kommen wir zu spät zum Kindergarten.", sage ich zu meiner Schwester und klimpere demonstrativ mit dem Schlüsselbund.

Auf dem Weg zum Kindergarten schläft mir Luna tatsächlich auf dem Rücksitz ein und ich drehe seufzend die Kindermusik leiser. Eigentlich dachte ich ja, ich könne sie damit zum Mitsingen bewegen und sie würde wachbleiben, aber da hab ich mich wohl getäuscht. Durch den typischen morgendlichen Berufsverkehr dauert die Fahrt zwar beinahe eine halbe Stunde, aber es ist ungewöhnlich, dass meine kleine Schwester dabei einschläft. Vor zwei Jahren, und nach dem Kindergarten wo sie vollkommen ausgetobt war, war das ja normal. Aber so direkt am Morgen und vor jeglicher Anstrengung ist es sehr ungewöhnlich.

Vermutlich hätte ich da schon alarmiert sein sollen, doch wie es eben so ist, unterschätze ich die Situation und stehe eine Stunde später mit einer quengeligen Luna im Kindergarten. Und damit meine ich, dass sie sich an mein Bein klammert und sich weigert auch nur einen Millimeter von meiner Seite zu weichen. Der Schlaf im Auto war das Schlechteste was ihr passieren konnte, denn sie hat die Tiefschlafphase nicht erreicht und ist jetzt noch anhänglicher als am Morgen. Zu behaupten sie hätte auf gar nicht's Lust ist die Untertreibung des Jahrhunderts.

Es ist kurz nach acht, als Luca mit einem nicht weniger übermüdeten Ben in den Raum gehetzt kommt. Beide sehen so aus als wären sie eben aus dem Bett gepurzelt und es würde mich nicht wundern, wenn diese Vermutung tatsächlich stimmt. Ben klammert sich an Luca's Hals fest und dieser sieht alles andere als begeistert aus. Ich schenke ihm ein schwaches Lächeln und deute nach unten auf meine Schwester um ihm zu zeigen, dass er nicht allein ist. Seine Reaktion darauf ist ein Augenverdrehen und als er neben mir zum Stehen kommt, höre ich ihn leise seufzen.

"Hallo Ben. Bist du heute noch etwas Müde?", frage ich den kleine Klammeraffen und wuschle ihm betont unbeschwert durch das blonde Haar. Grummelnd vergräbt er das Gesicht an Luca's Halsbeuge und hält sich seine Hände über die Ohren. Ich kann ein Lachen nicht unterdrücken, doch als Luna an meinem braunen Wollpullover zerrt schiebt sich ein resignierter Ausdruck auf mein Gesicht.

Meine Schwester weiß genau, dass ich es nicht leiden kann, wenn sie an meinen Oberteilen zieht. Zwar befindet sich ein großer Kragen daran, in dem man prima das Kinn vergraben kann, und so kann man nicht's sehen was man nicht sehen sollte, aber ich will einfach nicht das sich meine Oberteile verziehen. Zum einen weil es dann wirklich schlecht aussieht und zum anderen weil ich es einfach nicht leiden kann wenn an mir herum gezogen wird. Egal ob es sich dabei um Kleidung oder Gliedmaßen handelt.

Aus Erfahrung weiß ich jedoch, dass ich hierzu besser nicht's sagen. Luna ist schon quengelig genug. Wenn ich sie jetzt auch noch zurechtweise, dann kann ich mich gleich vergraben gehen. Das Theater würde nicht nur für mich die Hölle bedeuten. Also gehe ich in die Hocke und löse die Arme meiner Schwester dabei von meinem Bein. Die Stellen an denen sie mich so schön gewärmt hat werden sofort kalt und ich bin froh, dass die Leggings in so dunklem Grau gehalten ist, dass man die Abdrücke ihrer schwitzigen Hände nicht darauf sieht. Statt jedoch selbst zu stehen, schlingt Luna sofort die Arme um meinen Hals und drückt sich mit ihrem gesamten Körpergewicht gegen mich, sodass ich das Gleichgewicht verliere und beinahe nach hinten umfallen. Ich war noch nie gut darin, auf den Fußballen mein Gleichgewicht zu halten. Ein reflexartiger Schritt von Luca nach vorn hindert mich jedoch daran, sehr unsanft mit dem Hintern den Boden zu küssen. Er fängt mein Gewicht mit seinem Bein ab und ich würde mich durchaus bei ihm bedanken, wenn Luna nicht meine vollste Aufmerksamkeit hätte. Automatisch schließe ich die Arme um ihren kleinen und zierlichen Körper. 

Zimtstern [ I - 2018 ]Where stories live. Discover now