Zimtstern [ I - 2018 ]

Dienstag, 11. Dezember 2018

Dienstag, 11. Dezember 2018
von Nachrichten und Spielsachen

Am nächsten Morgen bin ich mir nicht sicher, ob ich letzte Nacht vielleicht nicht doch schon geträumt habe und taste blind auf dem Nachtkästchen nach meinem Handy um die Lage zu überprüfen. Als meine Finger jedoch nur meinen Wecker, die Lampe und eine Packung Ibuprofen ertasten, öffne ich doch die Augen und setze mich auf. Letzte Nacht habe ich alles andere als gut geschlafen und ich fühle mich wie vom Laster überrollt. Fünfmal. Mindestens.

Stöhnend reibe ich mir also über die Augen und versuche herauszufinden, wo mein Handy abgeblieben ist. Die Erinnerung an meine Reaktion gestern Nacht steigt in meinem Bewusstsein langsam auf und ich lasse mich nach vorn fallen, sodass ich mit gestreckten Armen das Fußende des Bettes erreichen kann. Meine Finger gleiten über die weiche Bettdecke und irgendwo zwischen Decke und Laken ertaste ich mein Handy. Ich ziehe es hervor und checke meine neuesten Benachrichtigungen. Es ist erstaunlich, wie viele sich über Nacht zusammen sammeln und ich bin mir nicht sicher wann all die Leute schlafen, die einem zu den unmöglichsten Uhrzeiten irgendwelche Snaps oder sonstige Nachrichten senden.

Nachdem ich das Wichtigste beantwortet habe, öffne ich Instagram und starre auf das oberste Bild in meinem Feed. Es ist gerade einmal zwei Minuten alt und ich frage mich, wieso Hannah um kurz nach sechs am Morgen ein Bild postet. Dieses Mädchen ist Studentin! Sie sollte schlafen. Aber vielleicht hatte sie eine ebenso unerholsame Nacht wie ich und hat deshalb aufgegeben.

Und wenn wir ehrlich sind, dann zögere ich einfach nur den unweigerlich kommenden Moment hinaus. Ich will nicht auf die Nachrichten gehen, will nicht den Papierflieger andrücken und herausfinden, dass ich nicht geträumt habe. Ich will nicht, dass es wahr ist. Und ich will ebenfalls nicht, dass mein Bauch sich so seltsam verkrampft bei dem Gedanken daran. Und ich will erst recht nicht, dass mein Herz so seltsam klopft. Beinahe so, als wäre ich aufgeregt.

Naja wenn wir ehrlich sind, dann bin ich das jedoch. Sehr sogar.

Es ist mir ein Rätsel, wieso Luca mir schreibt. Wieso er dieses simple Hey ohne Emoticon sendet. Wieso er keinen dummen Witz reißt. Und woher er mein Instagram-Profil hat. Ich heiße jetzt nicht unbedingt lucie_brown oder lucie_lu oder so. Eigentlich hat mein Name überhaupt nichts mit mir zu tun. Wie also konnte er mich finden? Und wieso hat er mich überhaupt gesucht? Ich schreibe doch keine Menschen an die ich nicht mag. Und wieso denke ich darüber eigentlich nach? Es sollte mir egal sein. Ich sollte ihn ignorieren. Ja das sollte ich.

Schnaubend schließe ich die Instagram-App, ignoriere den neuen Follower und die Likes auf meinen Bildern. Das kann ich mir auch später ansehen. Vielleicht sollte ich mein Profil auch mal auf Privat umstellen. Dann könnte zumindest nicht mehr jeder meine Bilder sehen.

Eigentlich sollte ich aufstehen und mich im Bad fertig machen, bevor ich Milan aus dem Bett schmeiße und schließlich Luna wecke. Die beiden können immer länger schlafen als ich, aber ich muss ihnen ja das Frühstück richten. Natürlich ist Milan alt genug um das selbst zu machen, aber Luna nicht und für wie viel Personen ich nun Frühstück herrichte ist auch egal. Auf der anderen Seite ist jedoch mein Bett so unglaublich gemütlich, dass ich es einfach nicht verlassen will. Es ist so schön warm unter der Decke. Doch ich weiß sehr gut, dass ich es mir nicht erlauben kann länger liegen zu bleiben.

Also öffne ich meine Horoskop-App und lese mir mit gerunzelter Stirn das Tageshoroskop durch. Es ist nicht so als würde ich den Schwachsinn wirklich glauben, den irgendwelche Hobby-Astrologen für die Menschheit verzapfen. Aber es ist durchaus lustig zu lesen was andere Leute über meine Zukunft denken. Das heutige Horoskop ist wie jedes andere. Hier und dort soll ich aufpassen weil einer der Planeten Unglück bereit hält, hier und da jedoch tun die Planeten etwas Gutes. Doch eine Passage lässt mich stutzig werden und ich muss sie tatsächlich zweimal lesen. Mein Magen verkrampft sich und ich spüre die Schuldgefühle in mir nach oben kriechen.