Zimtstern [ I - 2018 ]

Freitag, 14. Dezember 2018

Freitag, 14. Dezember 2018
von Friseuren und fehlender Motivation

Obwohl der gestrige Tag doch etwas länger war, ist Luna Gott sei Dank nicht so übermüdet. Deshalb war es heute ein leichtes, meine Schwester im Kindergarten abzuliefern und ihr einen schönen Tag zu wünschen, wo sie doch leider die Nummer 15 gezogen hat. Eigentlich hatte sie sich gefreut diese Woche ihr Kalendertütchen aufzumachen, doch daraus wird wohl leider nichts, was sie heute Morgen festgestellt hast. Das Beruhigende daran ist, das sie das Ganze Wochenende darauf gespannt sein wird und vermutlich am Montag total hibbelig in den Kindergarten hüpft.

Ich schlendere über die Königstraße und weiche ungefähr alle drei Meter irgendwelchen Menschen aus, die sich einbilden gegen den Strom laufen zu müssen. Mit jedem Meter den ich zurücklege wird mir bewusst, wie sehr ich diesen Menschenauflauf doch hasse. Es ist so anstrengend und kleine Menschen wie ich werden regelmäßig beinahe überrannt. Mit jeder Person der ich ausweichen muss, bereue ich es zu tiefst, dass ich mit den Stadtbahnen nicht doch zum Rotebühlplatz oder mit der S-Bahn bis zur Stadtmitte gefahren bin. Aber nein, ich habe ja noch Zeit im Überfluss und hielt es für eine gute Idee über die Königstraße zu pilgern. Es war eine unheimlich dumme Idee, wie ich jetzt einmal mehr feststelle.

Schließlich passiere ich den Buch- und Schreibwarenladen Wittwer und erinnere mich dabei daran, dass ich ihm nachher noch einen Besuch abstatten sollte. Doch zuerst habe ich einen vollkommen anderen Plan und ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich eigentlich noch eineinhalb Schritte langsamer gehen könnte. Allerdings machen mich die ganzen Menschen hier vollkommen verrückt und ich will nur noch an mein Ziel. Es ist nicht so als hätte ich eine Phobie gegen Menschen, aber zu viele davon auf einem Haufen machen mich nervös und irgendwann bekomme ich schlechte Laune, weil ich einfach nur genervt von ihnen bin.

Also flüchte ich in eine der Parallelstraßen und komme schließlich an meinem Zielort an. Das schlichte Logo des J.7 prankt über dem Eingang und durch die große Glasfront sehe ich schon das Team, sowie die ersten beiden Kundinnen. Ich betrete den Friseursalon und sperre den beißenden Wind aus, bevor ich versuche meine zerzausten Haare halbwegs zurichten. Natürlich bin ich hier bei meinem Friseur des Vertrauens, aber ich weiß sehr genau das Phileas das Chaos auf meinem Kopf alles andere als begeistert ansehen wird. Naja, wie dem auch sei.

Ich melde mich bei Holly an der Rezeption an, die mich mit einer Umarmung begrüßt und mir meinen Mantel abnimmt. Mit meiner Tasche über der Schulter bringt sie mich zu meinem Platz auf der linken Seite des Salons. Ich lasse mich in den braunen Ledersitz fallen und überblicke durch den Spiegel den Salon. Vorn bei der Rezeption befindet sich ein Empfangsbereich mit dunkelgrauem Sofa und hellgrauen Lounge-Sesseln, sowie einer Produktwand für Haarpflege. An den Wänden links und rechts befinden sich mehrere Plätze die mit Spiegeln ausgestattet sind und in der Mitte gibt es zwei schicke braune Tische, die auf jeder Seite jeweils zwei Plätze besitzen. In der Mitte befindet sich vor jedem Sessel ein Spiegel, der den Blick auf das Gegenüber gleich praktisch mit vermeidet. Im hinteren Bereich des Salons, hinter einer halbhohen Trennwand, befinden sich die Waschbecken zum Haare waschen. Alles hier ist modern und absolut passend eingerichtet. Ich liebe es hier und komme unglaublich gern mindestens zweimal im Jahr hierher. 

"Lucie meine Liebe!"

Die Stimme von Phil hallt durch den Salon und im Spiegel sehe ich ihn mit ausgebreiteten Armen auf mich zukommen, weshalb ich mich von meinem Stuhl erhebe und ihm eine herzliche Umarmung gebe. Danach lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen und sehe Phil, den Salon Manager und Master Stylist, im Spiegel an. Er setzt sich selbst auf einen der rollenden Stühle, bevor er bereits beginnt an meinen Haaren herum zu zupfen und sie mir über die Schultern zu streichen.