VI. μοναξιά

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Liebste Schule,
wir hatten noch nie ein atemberaubendes Verhältnis, eher im Gegenteil, würde ich behaupten.

Mir ist egal, was mir alle Erwachsenen immer einbläuen wollen, ich persönlich finde dich ziemlich kacke, wobei man sich darüber streiten kann, ob das nicht untertrieben sei.

Ironischer Weise sitze ich gerade in deinen Gemäuern, während ich dir diesen Brief schreibe. Ich sitze in einer, ach so bedeutenden, Prüfung und verschwende meine Lebenszeit, denn eigentlich bin ich schon lange fertig. Mir ist es nur verboten bereits zu gehen.

Noch eine dieser unnötigen Sachen, die meinen Hass auf dich nur weiter schürt. Die unglaubliche Zeitverschwendung.

Und man könnte meinen, ich könnte ja auch einfach eine Ausbildung machen.
Ja, könnte ich. Aber, und ich weiß, daran habe ich selbst auch Schuld, ich bin nun mal ein Produkt dieses Systems, ich weiß nicht was ich machen soll. Ich bin so dermaßen ausgesaugt, dass ich oft nicht einmal weiß, wer oder was ich überhaupt bin.

Das ist jetzt mein zwölftes Jahr in deinen tristen Wänden und ich habe noch ein weiteres vor mir, denn was bleibt mir anderes übrig, als Abi zu machen, wenn ich sonst nichts mit mir anzufangen weiß.

Du hast mir früh gelehrt, dass ich mein Selbstwertgefühl von absurden Benotungssystemen abhängig machen soll und das es besser ist Müll zu reden, als tatsächlich eine Wahrheit zu sagen. Außerdem willst du keine unabhängigen, frei denkenden Schüler, du willst eine homogene Masse aus nichts.

Und bei all dem Müll, den du auf mir ablädst, bin ich wohl doch ein Stückweit abhängig von dir geworden. Von deinen eisigen Mauern, die mich dennoch schützen vor der Welt der Erwachsenen, eine Welt, die ich nicht mag.

Ich hasse dich Schule und du wirst es wohl auch nie gut machen können, denn mein Leben, meine Jugend, ist für immer unter dir begraben. Zusammen mit der Verzweiflung und der Einsamkeit, von der du mir tagtäglich ein bisschen mehr schenkst.

Eine schmerzliche Wahrheit, die es wohl als unwiderruflich zu akzeptieren gilt.

Danke dafür, mich durch soviel Leid geschickt zu haben, wobei ich nicht einmal weiß, was es mir gebracht hat außer ein paar Zahlen auf Papieren.

Advent, Advent, die Seele brenntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt