Bevor ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Parkplatz machte, überlegte ich ob ich das Arsenal tatsächlich mit meinem offiziellen Ausweis betreten sollte, oder ob ich mich hinein schleichen sollte. Würde es nicht Charles' Aufmerksamkeit erregen wenn Harper einige Tage nach meinem heutigen Besuch das Gebäude überfiel?

Ich betrachtete den Campus auf dem sich Arsenal S befand. Es war riesig und ähnelte einer Festung. Überall standen bewaffnete Wachen. Alles war mit Kameras und Wanzen gesichert. Zwar könnte ich mich verwandeln und somit alle Wachen loswerden, aber dann würde jeder wissen, dass ein Monster sein Unwesen trieb. Falls sich jemand entschied mich währenddessen auch noch mit einer Kamera aufzunehmen und dieses Video dann in Charles' Hände fiel, wusste ich er würde mich als ein Anhänger des Erzengels Azraels erkennen. Auch wenn er mein menschliches Gesicht nicht erkennen würde.

Seufzend entschied ich mich also für ersteres und fuhr mit dem Auto Richtung Campus. Vielleicht würden sie mir sogar eine VIP-Tour geben, wenn sie erfuhren wer ich war. Oder sie würden Charles über meinen Besuch benachrichtigen. Das Risiko musste ich nun mal eingehen. Irgendeine Lüge würde mir schon einfallen. Immerhin war mein ganzes Leben als Eliza Díaz eine Lüge.

Nicht alles davon, ging es mir durch den Kopf kurz bevor mein Wagen von einem Soldaten angehalten wurde. Davor blinzelte ich fünf Mal hintereinander, damit die Aufnahmefunktion meiner blauen Kontaktlinsen aktiviert wurde.

Ich hielt an und als der Mann an meine Fensterscheibe klopfte ließ ich diese herunterfahren.

»Ausweis«, forderte der Mann in einem strengen Ton. Ich drückte ihm direkt meine Mitgliedskarte in die Hand und wartete. Plötzlich beugte sich der Mann so herunter, dass er mir durch das offene Fenster ins Gesicht schauen konnte.

»Mrs. Creeg«, stellte er erstaunt fest und blickte ein weiteres Mal zwischen der Mitgliedskarte und mir hin und her.

»Ja? «

Der Mann räusperte sich. »Wir hatten Sie nicht erwartet«

»Und? «

»Es ist ungewöhnlich Sie hier zu sehen. Verstehen Sie es nicht falsch, normalerweise besuchen uns nur Ihr Schwiegervater und Ehemann, um einige Dinge zu klären oder zu überprüfen«

Ich sah den Soldaten mit einem arroganten Blick an. »Was möchten Sie mir damit sagen? «

»Nun ja...gibt es einen bestimmten Grund für Ihren Besuch? « »Sie wollen, dass ich mich bei Ihnen rechtfertige? «, fragte ich ihn empört und mit einem herablassenden Ton, wobei ich meine Augenbrauen hochzog.

Dem Mann sah man es zwar nicht an, da er seine Fassade gut aufrecht erhielt, dennoch spürte ich, dass er etwas nervös wurde. »Mrs. Creeg«, setzte er an. »Verstehen Sie mich nicht falsch, aber normalerweise müssten Sie anrufen und einen Termin vereinbaren um-«

Indem ich die Fahrertür öffnete und der Mann gezwungen war sich ein paar Schritte vom Wagen zu entfernen, unterbrach ich sein Gerede und stieg aus. Heftig schloss ich die Autotür hinter mir und sah ihm direkt in die Augen. Mit meinen Stöckelschuhen war ich fast so groß wie er. Ich stand mit geradem Rücken und gestrecktem Kinn vor ihm.

»Wenn Charles persönlich hier ohne Terminvereinbarung ankommt, bin ich mir sicher, dass Sie oder einer ihrer Kollegen keine weiteren Fragen stellen, sonder ihm sofort Einlass gewähren«, sagte ich streng. »Das Gleiche gilt auch für meinen Mann. Als seine Ehefrau und Teil der Königlichen Familie, haben Sie keine Berechtigung mich auszufragen, verstanden?«

Der Mann sah mich etwas überrascht an. Vielleicht hatte er etwas anderes erwartet? Vielleicht, dass ich mich sofort geschlagen geben würde?

»Ihr Verhalten ist wirklich respektlos«, fuhr ich fort. »Sie wissen, dass ich Sie sofort ihrer Position entledigen könnte, nicht wahr? Also seien Sie vorsichtig wie Sie mit mir umgehen, Soldat«

»Mrs. Creeg, ich wollte keineswegs respektlos sein«, antwortete er. »Ich folge nur dem Protokoll, ich muss dies tun. Das wissen Sie sicherlich«

Er schien weniger eingeschüchtert zu sein als erwartet, dennoch wirkte er auf mich leicht nervös.

»Mein Mann und ich sind von nun an gleichgestellte Mitglieder was das Militär und die Arsenale angeht, was Sie von meiner Mitgliedskarte ablesen können«, sagte ich schließlich. »Wenn mein Mann nicht hier sein kann, dann tue ich es für ihn. Er und ich hegen dieselben Interessen was sowohl das Militär und die Waffenproduktion als auch die Waffenlagerung angeht. Ich bin hier, um mir einen ersten persönlichen Blick von dem Campus und dem Arsenal zu verschaffen. Eine Terminvereinbarung wird dafür sicherlich nicht nötig sein«

Ich starrte dem Soldaten arrogant und streng zugleich in die Augen. Er erwiderte meinen Blick. Ohne ein weiteres Wort nickte er dem Soldaten links neben ihm zu, welcher eine eingravierte Zeichnung eines Laserknopfes an seinem Handgelenk betätigte und mir somit Einlass zum Campus gewährte.

»Mrs. Creeg«, sagte der Soldat und nickte, um zu zeigen, dass ich auf das Gelände fahren durfte. Er schien sichtlich genervt von meiner Art zu sein. Mit einem eingebildeten Lächeln öffnete ich die Autotür, stieg ein und fuhr los.

Natürlich bemerkte ich, dass mich niemand aus den Augen ließ. Ich war neu hier. Sie hatten nur von mir gehört. Sie wussten nicht wer ich war oder was ich im Stande zwar zu tun. Vor allem aber war ich eine Frau. Traurig wie die Menschheit noch vor Jahrzehnten versucht hatte den Sexismus abzuschaffen. Der Adel hatte diesen aber leider wieder eingeführt. Das arme Volk gab einen Dreck, ob man eine Frau oder ein Mann war. Wenn die Zeit kam musste jeder im Stande sein sich selbst versorgen können, zu kämpfen oder einfach nur zu überleben. Im Adel kämpften Frauen aber nicht. Sie waren Ladies. Daher sollten wir bloß gut aussehen und unseren Männern gehorchen. Eine schlaue Frau brachte laut Charles nichts als Ärger.

Ich schmunzelte. Mit letzterem hatte er vielleicht sogar recht. Ich würde ihm weit mehr als nur Ärger einbrocken.

Revenge over LoveWhere stories live. Discover now