28 Aus Marlons Perspektive

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Mathilda wirkte schon wieder deutlich erschöpft, obwohl sie nur die Treppen gestiegen war. Ich war wirklich froh darum, dass Maxi sich der Sache annahm. Ich hatte eigentlich mit mehr Gegenwind von Mathilda gerechnet. Wer weiß, ob mein Appell von heute Vormittag tatsächlich mal angekommen ist. Wir stiegen aus dem Auto und betraten wieder das Haus. Ich wollte sie nicht noch mehr belasten, so ließ ich dieses Mal den Aufzug wieder einmal zu. Ich schloss die Wohnung auf und half Mathilda aus der Jacke. Ihre Reisetasche stellte ich in den Flur.

„So, ab ins Bett meine Liebe! Ich komme gleich und höre dich nochmal an und messe Temperatur. Dann können wir entscheiden, wie wir weitermachen."

„Können wir das nicht später machen? Ich würde jetzt wirklich gerne ein bisschen schlafen." Ich hoffte noch ein bisschen Zeit schinden zu können, damit das Paracetamol sein Wirkung tatsächlich entfalten konnte.

„Ich komme gleich zu dir. Damit ich noch mit Maxi sprechen kann, falls dein Fieber zu hoch sein sollte." Ich verschwand im Bad und wusch mir gründlich die Hände. Mein Koffer war nach wie vor im Schlafzimmer. Mathilda hatte schon in eine bequemere Kleidung gewechselt und es sich im Bett gemütlich gemacht. Ihre braunen langen Haare waren über dem Kissen ausgebreitet, ihre Augen hatte sie geschlossen. Ich trat leise zu ihr, setzte mich auf die Bettkante und zog meine Koffer etwas zu mir her. Ich entnahm zuerst das Ohrthermometer und strich ihr nun die Haare etwas aus dem Weg und führt es sanft ein. Hm 37,4°C das schien mir recht wenig, dafür dass das Zäpfchen jetzt doch schon eine Weile her war und ihrem schlechten Allgemeinzustand. Ich musterte sie, hatte Mathilda etwa nachgeholfen. Wenn dem so war, konnte sie etwas erleben. Das war ihr hoffentlich klar. Mathilda lag mit dem Rücken zu mir. Ich hob sanft ihr Shirt nach oben und ordnete an, wie sie zu atmen hatte. Ihr Lunge hörte sich zum Glück frei an.

„Dreh dich zu mir Süße!" Mathilda folgte meiner Aufforderung sofort und sah mich aus leicht verhangenen Augen an.

Ich schon ihr Shirt nun nach oben und setzte das Stethoskop erneut an. Sie schien wirklich erschöpft zu sein, ihr Herz schlug relativ ruhig. Ich legte das Stethoskop zur Seite und zog das Shirt wieder nach unten.

„Ich taste einmal kurz deine Lymphknoten." Mathilda nickte nur und hatte die Augen bereits wieder geschlossen.

Ich rieb meine Hände aneinander, damit das Abtasten auch angenehm für sie sein würde und begann unterhalb des Ohres bis nach vorne zu ihrem Kinn zu tasten. Die Lymphknoten am Hals waren bereits geschwollen. Umso mehr erstaunte mich ihre niedrige Temperatur. Ich tastete vorsichtig weiter nach unten. Hier war der Befund unauffällig. Vielleicht war es ja doch nur ein kleiner Infekt der oberen Atemwege. Ich beschloss nicht erneut in ihren Mund zu schauen, sondern sie etwas schlafen zu lassen, sobald sie nochmal eine Tasse Tee getrunken hatte.

„Mathilda ich lasse dich gleich in Ruhe, aber davor trinkst du noch deine Tasse aus." Sagte ich bestimmt. Sie murrte nur und drehte sich auf den Bauch.

„Mathilda. Keine Widerrede!" Sie stützte sich nach oben und kam zum Sitzen. Erneut schien sie bei dem relativ plötzlichen Lagewechsel leicht zu schwanken. Ich wartete bis sie mir gerade in die Augen schauen konnte und reichte ihr dann die Tasse an. Schluck für Schluck leerte sie die Tasse und gab die mir mit einem genervten Gesichtsausdruck wieder zurück. Ich lächelte ihr zu und verließ mit der Tasse den Raum.

Mit dem Handy in der Hand setzte ich mich auf die Couch. Ich beschloss Maxi nochmal zu schreiben.

Du Maxi, ich wollte mal kurz nach deiner Einschätzung fragen. Meine Freundin hat sich eine ordentliche Erkältung eingefangen mit leichtem Fieber. Ihr Kreislauf sackt dabei auch immer wieder ab. Macht das Sinn sie trotzdem morgen bei dir vorzustellen?

Er antwortete fast sofort.

Hm, kommt drauf an. Wenn sie Fieber hat würde ich jetzt kein Belastungs-EKG durchführen, aber einen Herzultraschall und ein Echo kann ich ja trotzdem machen. Und dabei können wir ja schon viel sehen.

Okay, danke für deine Einschätzung. Jetzt habe ich sie soweit, dass ich sie nicht an den Haaren zu dir ziehen muss, deshalb würde ich den Termin ungern verschieben.

Lach. Das hört sich jetzt gar nicht nach deinem üblichen Beuteschema an.

Nein, dass ist sie auch definitiv nicht. Da steht noch einiges an Arbeit an. Bei mir und bei ihr. Du weißt ja, dass ich es auf den Tod nicht ausstehen kann, wenn jemand nicht auf sich achtet.

Oh ja, das weiß ich. Ich erinnere mich noch gut an Elena. Das hübscheste Paar in der ganzen Uniklinik. Hat deine Freundin jetzt auch so eine Nadel- und Arztphobie?

Jetzt hör bloß mit dieser Geschichte auf. Ich weiß, ich werde es bis an mein Lebensende bereuen, bla bla bla.

Ist doch wahr. Ich freue mich auf jeden Fall euch beide morgen zu sehen! Sei nicht so streng mit ihr!

Ich freue mich auch! Bis morgen

Mein Handy wanderte auf den Couchtisch und ich ließ meine Gedanken zurück wandern. Ja Elena und ich. Wir waren wirklich ein schönes Paar. Entschlossen schob ich jedoch jeden Gedanken an sie weg. Ich lebte im Jetzt und nicht in der Vergangenheit. Und jetzt ging es um Mathilda und dass sie wieder ganz gesund wird.

Teil 6 - Eine Verkleidung mit Folgen - unbearbeitetWhere stories live. Discover now