Kapitel 38

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»Wenn das jetzt jeden Tag so ist, dann werden wir keine Freunde, Allie!«, mault mich Maureen in ungewohntem Ton an.

»Wie bitte?«

»Du weißt genau wie ich das meine. Du schmollst den ganzen Tag nur hier rum. Such dir doch eine Arbeitsgruppe oder eine Sportgruppe? Lern was für dein Leben oder naja mach andere Erfahrungen«

Mit großen Augen starre ich Maureen an. Die haben hier echt eine ganz andere Mentalität. Lernen für's Leben? Wie? Bei uns dreht sich alles um die erste Liebe, Partys und naja um Politik. Aber das liegt schließlich an meinem Vater.

»Ähm...«, zögere ich und weiß nicht was ich antworten soll. Irgendwie vertraue ich dem Ort und den Menschen nicht genug, um mich vollends zu öffnen. Mein Leben ist privilegiert und so oft kommen mir andere mit Vorurteilen entgegen. Das würde ich einfach gerne mal ausblenden. Ich würde gerne mal normal sein und mal keine Angst davor haben, dass meine Fotos am nächsten Tag in der Klatschpresse landen nur weil ich Tochter bin.

»Allie...« Maureen sieht mich aufmunternd an und ihr Ton klingt sanft. »Du musst mir nichts erzählen. Aber ich sehe, dass es dich beschäftigt. Deine Heimat und vielleicht auch die Position deines Vaters« Bei ihren letzten Worten senkt sie ihren Blick auf ihre Hände. Wohlmöglich ist ihr das unangenehm oder sie weiß nicht genau, ob sie das Thema ansprechen kann. Aber allein, dass sie mich ohne Worte versteht, macht mich glücklich.

»Ja. Weißt du mein Leben ist dort drüben nicht ganz einfach...deswegen bin ich hier gelandet«, erkläre ich mich.

»Schon klar. Der Tanz mit dem King Jungen«, murmelt Maureen und grinst mich verschwörerisch an.

»Woher weißt du sowas?«, schmunzle ich. Anscheinend schwappt die Klatschpresse aus New York hier ab und an mal rüber.

»Aber hallo! Wer kennt denn Catherine King nicht? Und Kielan King... hui!« Dabei stößt sie einen Pfiff aus. Meine Wangen erröten leicht als ich an Kielan denke. Er hat mir geschrieben, dass er mich holen kommt. Ich hoffe, das war nur ein Witz. Denn sonst kann ich meine Rückkehr absolut vergessen und werde mein restliches Leben hier verbringen.

»Du stehst auf ihn«, setzt Maureen nach. Wie kann ein so unmodisches Mädchen so viel Verstand und Scharfsinn haben? Das beeindruckt mich wirklich. Ein schüchternes Grinsen schleicht sich auf meine Lippen.

»Ha! Da habe ich wohl recht... Ach Allie, ich wollte jetzt zur Yoga Stunde, hast du Lust?«

»Na wieso eigentlich nicht. Ich rufe meine Mom einfach danach an«

Die Yoga Stunde vergeht wie im Flug. Einige Übungen sind total ungewohnt für mich, aber ich halte trotzdem gut mit. Mrs. Monroe macht gerade den sogenannten Sonnengruß vor. Ich fühle mich dabei allerdings eher wie der sterbende Schwan. Nach der Stunde haben sich sogar einige Schweißperlen auf meiner Stirn gebildet.

»Man, das war gar nicht so einfach!«, puste ich erschöpft als wir uns auf den Weg zurück zu unserem Zimmer machen. Es ist schon später Nachmittag und ich will noch versuchen meine Mom zu erreichen.

Schnell wähle ich die Nummer und warte bis sie endlich abhebt. Ihre Stimme versetzt mir sofort einen Stich mit ins Herz. Ich vermisse sie so schrecklich, alle.

»Mom«, schluchze ich los und kann die Tränen nicht mehr zurückhalten.

»Shhhht... Allie. Alles wird gut. Erzähl mir doch wie es bei dir so ist«, sagt meine Mom sanft. Ich atme tief ein und aus und meine Tränen versiegen langsam. Beruhige dich – ermahne ich mich.

»Ähm... mein Zimmer ist nett. Ab morgen habe ich Unterricht und das Essen ist nicht übel. Meine Zimmernachbarin Maureen kümmert sich gut um mich« Ich grinse in ihre Richtung. Doch Maureen hat sich schon wieder den Hausaufgaben gewidmet und beachtet mich nicht.

»Das ist doch nett. Hier ist es ruhig. Dein Dad muss dem Senat Rede und Antwort stehen. Aber ja, sonst ist es ruhig. Allie, ich habe mit Roger über diese Sache mit King gesprochen. Das was er angedeutet hat. Schwöre, dass du es niemandem sagst, nicht mal Roger! Er darf es nicht erfahren!«

Sofort beschleunigt sich mein Puls. Was verbindet meinen Dad und die Kings? Womit haben sie ihn in der Hand?

»Klar,Mom.«

»Dein Dad brauchte beim Wahlkampf Unterstützung und wir brauchten Geld dafür. Matteo King hat uns dabei geholfen. Wie ich jetzt erfahren habe, hat er die Kampagnen bezahlt, damit dein Dad seine Interessen vertritt«

»Mom«, bringe ich hysterisch hervor.

»Sag nichts, Allie. Ich weiß. Roger und ich habe lange darüber diskutiert und es ist geklärt.«

»Geklärt, Mom? Das... das ist korrupt!«

»Schätzchen, ich freue mich so wenn du wieder da bist. Ich bin jetzt noch zur Kosmetik. Ich liebe dich«, jodelt Mom nun wie nach einem Sinneswandel ins Telefon. Wie kann man die Wahrheit nur so verdrängen. Wie kann sie das meinem Dad nur durchgehen lassen. Ehe ich ihr antworten kann, legt sie auch schon auf. Wie nett, Mom.

Diese Nacht schlafe ich erstaunlich gut. Eigentlich dachte ich, dass mich das Jetlag mehr zerlegen würde, aber das ist nicht der Fall. Maureen und ich plaudern noch über dies und das bis uns schließlich die Augen zu fallen. Ein Leben ohne Society und Presse ist echt mal ziemlich angenehm.

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