Kapitel 47

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Nervös knete ich meine Hände, die sanft in meinem Schoß liegen. Ich sitze auf dem Beifahrersitz eines hübschen Mercedes G-Modells und schaue wie ein scheues Reh durch die Scheibe auf die vorbeiziehenden Häuser. Mom, Dad und Liam waren nicht zu Hause, sodass ich mich mit einem einfachen Zettel „bin bei Zoe" entschuldigen konnte. Kielan trägt eine New York Rangers Cap, die er tief ins Gesicht gezogen hat. Er wirkt ebenfalls nervös, wahrscheinlich normal für ein erstes Date. Leise kann ich die Musik des New Yorker Radiosenders hören, die im Hintergrund läuft. Ich atme tief aus und versuche mich etwas zu entspannen.

»Du hast gar keine Cap dabei«, bemerkt Kielan grinsend. »Äh... ja, ich war noch nie beim Eishockey«, erkläre ich kleinlaut. »Das ist doch kein Problem! Ich habe dir extra eine Cap besorgt, sie liegt im Kofferraum! Sobald wir da sind, erkläre ich dir die Regeln. Die Rangers spielen übrigens im Madison Square Garden.«
Kielan grinst und verfestigt den Griff um das Lenkrad, als er auf das Gaspedal drückt und die Geschwindigkeit erhöht. Der Motor heult sanft auf und vermittelt einen groben Eindruck seiner Leistungsfähigkeit. »Danke. Auch dafür das du mich gefragt hast. Ich freue mich auf unser erstes Date«, sage ich sanft. »Das war längst überfällig, Allie«
Ich bin bemüht ein Strahlen zu unterdrücken.

Das Auto biegt in die Tiefgarage des Madison Square Gardens ein. Ein Security lässt uns jedoch vor einer Schranke anhalten. Kielan lässt das Fenster runter und reicht ihm einen Ausweis, woraufhin uns dieser passieren lässt. In manchen Welten wäre dies wahrscheinlich absolut faszinierend, für mich ist das jedoch quasi mein Alltag. Und auch der von Kielan.

»Komm! Hast du noch Hunger?«, fragt Kielan in dem Moment, in dem wir von der Tiefgarage ins Treppenhaus gehen. »Eigentlich nicht«, sage ich leise. Ich bin viel zu aufgeregt, um jetzt etwas zu essen. Kielan greift selbstbewusst nach meiner Hand und verschränkt die Finger, als wir langsam die Treppen hinaufsteigen. Kielan hat uns tolle Plätze organisiert, von denen man einen super Blick über das Spielfeld hat. In der Halle ist es durch das Eis etwas frisch, sodass ich leicht fröstle. »Das sind super Plätze! Und vor allem liebe ich es, dass es keine Loge ist«, sage ich dankbar. »Ja, sehe ich auch so. Von dort oben kann man die Stimmung gar nicht richtig aufnehmen. Geschweige denn sieht man den Puk«
Ein leichtes Lachen entfährt mir. Wenn doch immer alles so unbeschwert zwischen uns wäre. »Die Cap steht dir sehr gut, Allie«, murmelt Kielan sanft und strahlt mich dabei an. An meinem Körper bereitet sich automatisch eine Gänsehaut aus und ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken. 

»Wieso bist du wirklich an unserer Schule?«, platzt es aus mir heraus. Ich kann sehen, dass Kielan diese Frage kurzzeitig aus der Bahn wirft. Aber genauso schnell kriegt er seinen Blick wieder unter Kontrolle. Er schluckt schwer. »Allie, ich dachte wir verbringen unser erstes Date ohne Drama«

Dabei sieht er resigniert zu Boden. »Na dir sollte doch inzwischen klar sein, dass es bei uns immer ein Drama gibt, oder?« Kielan lacht. »Du wirst nicht aufgeben ehe du die Antwort weißt, richtig?«
»Richtig«
»Gib mir den Abend, ok? Du kriegst alle Antworten, sobald wir vor der Tür zum Hintereingang eures Apartments stehen«
Kielan's Blick ist dabei so ehrlich, dass ich nicht anders kann als zu nicken.

Nachdem mir Kielan ungefähr zehn Minuten lang die Spielregeln erklärt hat, startet das erste Drittel. Allein der Einlauf der Mannschaften hat mir schon eine Gänsehaut beschert, aber die Jungs in Action zu sehen, ist nochmal was anderes. Wer denkt, dass Fußball rabiat ist, der hat noch nie beim Eishockey zugesehen. Gerade als sich ein Spieler der gegnerischen Mannschaft den Handschuh auszieht, um einen der Rangers zu vermöbeln, wird das Drittel abgepfiffen. »Wow, das war knapp!«, staune ich. »Jap! Die meisten warten darauf, dass die Handschuhe ausgezogen werden. Eigentlich total albern, aber es gehört irgendwie dazu«, erklärt Kielan schmunzelnd. »Sollen wir uns etwas zu trinken holen?« Ich nicke sanft und wir erheben uns von den Plätzen. Auf dem Weg zum Getränkestand hält Kielan durchgängig meine Hand. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken wir seien ein Paar. Gerade als ich diese Zweisamkeit so richtig genieße, dringt eine bekannte Stimme an mein Ohr. »Allie? Bist du es?«
Mr. Daniels strahlt mich an. Dabei wandert sein Blick immer wieder auf die ineinander verschlungenen Finger und auf Kielan. »Mr. Daniels, Sir. Schön Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?«, erkundige ich mich höflich und setze dabei mein Pokerface auf. Ich weiß, dass Kielan innerlich einen qualvollen Tot stirbt, aber leider ist Mr. Daniels nicht dafür verantwortlich, was seine Söhne mit mir angestellt haben. Und sicherlich ist er darüber nicht mal im Bilde.
»Sehr gut, danke der Nachfrage. Wie geht es dir? Dein Dad hat von London berichtet. Hat es dir gefallen?«
»Ja. Sehr gut, danke Sir.«
»Das freut mich zu hören. Magst du mir deine Begleitung nicht vorstellen?«, erkundigt sich Mr. Daniels. Kielan hat die ganze Zeit über zwar weiterhin meine Hand gehalten, sich jedoch interessiert umgeschaut, um Mr. Daniels nicht in die Augen sehen zu müssen. Bevor ich mir einen Namen ausdenken kann, fährt Kielan jedoch herum: »Kielan King, schön Sie kennenzulernen«, sagt er bestimmt und drückt dabei die Hand von Mr. Daniels. Kurz kann ich in dem Blick von Mr. Daniels Verwunderung erkennen, ehe er die Hand zurückzieht.
»Nun, ich wünsche euch weiterhin viel Spaß. Ich nehme an, du bist nicht mit deinem Vater hier, Allie? Dieser wartet in der Loge und ich will ihn nicht länger warten lassen«

Grinsend dreht sich Mr. Daniels ab und mir rutscht das Herz in die Hose.
Dad ist hier? Fuck, wir müssen hier schleunigst weg...

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