Zögernd betrete ich das große Gebäude. Wenn es draußen schon totenstill war ist es hier drin so still, wie drei Jahrhunderte nachdem die ganze Erde ausgestorben ist. Es ist so still, ich höre sogar mein Herz klopfen.

Jetzt kann ich mich noch um entscheiden.

Letzte Chance.

Doch statt nachzudenken bewegen sich meine Füße wie von allein in Richtung Turnsaal. Die schweren Türen erzeugen ein lautes Echo, das durch die ganze Schule hallt.

Wenigstens weiß Jake jetzt, dass ich komme.

Als ich vor der großen Tür vom Turnsaal stehe, wird mir die Idee einfach abzuhauen plötzlich wieder sympathisch.

Wieso etwas wagen, wenn man auch zu Hause sitzen kann und 'The perks of being a wallflower' lesen kann?

Doch nein, meine Glieder machen wieder einmal was sie wollen und schon ist die Tür vor mir geöffnet.

Und mein Herz?

Mein liebes, kleines, überstrapaziertes Herz.

Es bleibt stehen.

"Wow.", flüstere ich.

Wo ist eine Nikon, wenn man sie braucht? Das muss Tumblr sehen.

Lichter, Lichter überall. Der ganze Turnsaal ist voller Kerzen in den verschiedensten Farben. Sie durchleuchten den ganzen Saal und schütten alle Farben zusammen.

Es ist wunderschön.

Zum Glück bilden sie kein Herz oderso, es sind einfach abertausende Kerzen überall aufgestellt.

Dafür hat er bestimmt ewig gebraucht.

"Gefällts dir?", höre ich plötzlich seine Stimme aus einer Ecke vom Saal kommen. Sein britischer Akzent wie immer deutlich zu erkennen.

"Es ist unreell. Sind diese Kerzen wirklich alle hier?"

Jake lacht leise und kommt näher, es gibt einen Weg zwischen den Kerzen.

"Ich weiß es ist verdammt kitschig, aber Scott meinte es wäre meine einzige Chance also..."

"Scott hatte diese Idee?", frage ich verblüfft.

"Er hat gemeint ich soll irgendwie meine Gefühle zeigen, ohne Worte zu sagen oder sowas. Ich wusste gar nicht, dass er so ernst sein kann."

Jake stellt sich jetzt mir gegenüber, in seiner Hand hält er eine Kerze.

"Auf jeden Fall...", setzt er fort, "will ich dir damit zeigen, dass ich dich verdammt gerne hab und ich niemals, ich wiederhole niemals, absichtlich etwas tun würde um dich zu verletzen. Ich weiß es ist schwer, aber ich will das du mir so sehr vertraust, wie ich dir und wenn du mir nur eine Chance gibst, könnte ich dir es beweisen. Alle Badboys in den Bücher können sich ändern, also kann ich das auch."

In diesem Moment gehen mir tausend Sachen durch den Kopf. Jakes ehrliche Worte, Jakes Badboy-Seite, die Bilder mit ihm und Nicki und immer wieder sehe ich uns vor mir, wie wir uns küssen und ich mich wohl fühle wie schon lange nicht mehr.

Und erregt, aber das ist jetzt egal.

"Junia jetzt sag was."

"Ich, ich weiß nicht ob ich das kann Jake.", sage ich und fühle sofort wie sich mein ganzer Körper verkrampft.

Falsche Entscheidung Junia.

Jetzt küss ihn Junia.

Renn weg!

Ich will schlafen.

Die hilfreichen Stimmen in meinem Kopf melden sich wieder.

"Junia, ich will wirklich mit dir zusammen sein und das sage ich jetzt das erste Mal in meinem Leben zu einem Mädchen, dass ich nicht nur ins Bett bekommen will, das ich anlüge oder das schläft."

Renn weg!

Renn weg!

Renn weg!

Renn weg!

Ok, die Stimmen sind sich einig. Ein Wunder.

"Jake ich weiß nicht. Ich muss...", und schon bin ich wieder bei der schweren Tür. Der Klang, den sie macht wenn man sie aufmacht, tönt durch die Säle als ich plötzlich wieder den britischen Akzent höre von dem Jungen, der mit mir, Junia Bennet, anscheinend
wirklich zusammen sein will.

"Meine Mutter zieht nach London mit ihrem Freund und sie hat mich gefragt, ob ich mitkommen will.", sagt er, seine Stimme zittrig.

BITTEWAS?

"Wie meinst du mitkommen?"

"Mit ihr dort wohnen."

"Und du willst das wirklich machen?"

"Hier hält mich nicht mehr viel."

Er schaut auf den Boden.

"Aber du hast doch Freunde und Scott und Elena und deinen Vater. Du kannst sie doch nicht alleine lassen."

Jake nimmt meine Hand, was einen kleinen Elektrostoß auslöst und das überrascht mich so sehr, dass ich meine Hand wieder zurückziehe.

"Ich habe auch in London Familie und Freunde. Davon habe ich genug.", sagt er und greift wieder nach meiner Hand.

"Und du spielst sicher keine Spielchen?", frage ich zögernd, während ich versuche meine elektrisch-aufgeladene Hand zu ignorieren.

"June, siehst du die 1000 kitschigen Kerzen hinter mir? So ernst nehme ich das."

Das ist alles so absurd und unreell. Aber meinem Körper ist es wieder mal egal, denn dieses Mal nimmt wieder einmal das Herz die Macht auf sich und fängt an meine Lippen in die Richtung von seinen zu bewegen.

Kurz bevor sie sich berühren flüstert er ganz leise in mein Ohr:"Darf ich diesem Jona trotzdem eine rein hauen?"

Lachend küsse ich ihn endlich.

Und es ist wie der erste Kuss.

Und es ist wie der zweite Kuss.

Und es ist wie jeder unserer Küsse.

Atemberaubend.

Die NeueWhere stories live. Discover now