31. Hale Vault

761 59 19
                                    

Mein Blick liegt Sekundenlang schweigend auf der äußerlichen Fassade der örtlichen High School, die in der Dunkelheit der angebrochenen Nacht nur von wenigen Außenlampen und Straßenlaternen beleuchtet wird. Ich stelle fest, dass sich das Gebäude seit meinem letzten Besuch scheinbar kein bisschen verändert hat. Jedoch habe ich heute auch nicht die Absicht, das Innere der Schule zu betreten und nach Veränderungen zu suchen. Stattdessen werde ich wohl den Befehlen meines Vaters eins zu eins folgen müssen.

Begleitet werde ich, wie von meinem Vater angeordnet, von drei seiner Männer. Einer von ihnen ist muskulös und sportlich durchtrainiert. Seine braunen Haare sind kurzgeschoren und würde er jetzt noch die typisch dunkelgrüne Army-Kleidung tragen, würde er einen guten Bilderbuch-Soldaten abgeben. Der zweite Mann dagegen ist wesentlich jünger und weniger gut trainiert. Die schwarze Lederjacke hängt an ihm und ich wage zu vermuten, dass er kaum älter sein kann als ich selbst. Auch seine selbstbewusste Ausstrahlung mangelt aufgrund seines jungen Alters und ich kann ihn weder als bedrohlich noch als autoritär einstufen. Ich wundere mich, warum mein Vater mir gerade ihn auf den Hals jagt. Der dritte Mann im Bunde ist jedoch schlank mit einem gut definierten Körper. Sein Blick wirkt immer unzufrieden und streng. Er scheint das komplette Gegenteil von seinem jüngeren Kollegen zu sein. Außerdem trägt er seine schwarzen Haare schulterlang und hat sie in dieser Sekunde in Form eines ordentlichen Dutts zurückgebunden. Innerlich taufe ich ihn auf den Namen 'Grumpy Bun'.

„Du," ich zeige befehlerisch auf den Möchtegern Soldat, „bleibst draußen und bewachst den Eingang." Mein Blick schweift von dem Mann zu dem Schild der Beacon Hills High School, welches auf dem Rasen neben dem Eingangsbereich der Schule gebaut ist. Es ist ein stabiles Schild aus Stein. Der äußere Rahmen ist schneeweiß, während die Fläche innerhalb des Quadrates aus dunkelroten Backsteine besteht. Der Name der Schule ist dabei in der Mitte der Backsteine auf eine weiß-graue Platte gedruckt.

Mein Blick wandert von dem Schild zurück zu den drei Männern. Dabei erwarte ich bereits protestierende Worte von dem trainierten Mann, werde jedoch von seiner schweigenden Gehorsamkeit überrascht. Er versucht noch nichtmal meinen Befehl zu untergraben und wieder einmal kann ich verstehen, wieso es Crowley so gut gefällt ein Anführer zu sein. Mir geht es nicht anders.

„Und ihr zwei," kurz werfe ich den beiden anderen Männern einen überprüfenden Blick zu, „ihr kommt mit mir rein. Sechs Augen sehen mehr als zwei!" Damit setze ich mich in Bewegung und stolziere selbstbewusst auf das Schild an, welches laut Crowley den Eingang zu dem sagenumwobenen Hale Tresor versteckt. Dabei strahle ich scheinbar so viel Anführerqualität aus, dass mir alle drei Männer schweigend folgen. Deshalb werfe ich auch keinen weiteren Blick zurück und lasse ihn stattdessen aufmerksam über das Schild schweifen. In dieser Sekunde bin ich froh über die wenigen, in den Steinsockel eingelassenen, Lampen, die das Schild in ein schummriges Licht tauchen. Jedoch erkenne ich weiterhin nichts weiter als ein unauffälliges Schild in dem Steinquadar.

Trotzdem lasse ich mich von dem unauffälligen Aussehen nicht irritieren und folge der Beschreibung meines Vaters, bei der er mich angewiesen hat die Längsseite des Schildes zu umrunden. Woher er selbst von dem Tresor weiß, weiß ich nicht und ich habe auch nicht vor nachzufragen. Jedoch bin ich auch nicht im Geringsten überrascht, als ich an der Querseite des Schildes eine Einkerbung im Form eines Kreises erkenne. Obwohl es dunkel ist, kann ich das unauffällige Schloss im Stein sofort erkennen und um einen besseren Blick darauf werfen zu können, knie ich mich davor auf die Steinplatten, sodass es auf Augenhöhe ist.

Der Kreis hat einen großen Durchmesser und fügt sich recht auffällig in den Stein. Das Innere des Kreises besteht aus steinernden Linien und Formen, die zusammen eine unbeschreibliche Form ergeben. Ein Schatten fällt auf den hellen Stein und ein leichtes Heben meines Kopfes reicht aus, um den Ursprung des Schatten auszumachen. Es ist der junge Anhänger meines Vaters, der in dieser Sekunde den Stein genauso interessiert mustert wie ich.

„Was ist das?" fragt er mich und überraschenderweise spricht er mit einer recht tiefen Stimme, die nicht zu seinem schlaksigen Aussehen passen möchte. „Wie ist dein Name?" frage ich und stehe von dem dreckigen Boden auf. Dadurch muss auch der junge Mann ein Stückchen von dem Schild zurücktreten. Während ich mich nach den beiden anderen Männern umschaue, die schweigend in der Spalte zwischen Licht und Schatten stehen, antwortet der dritte Mann leicht verwirrt auf meine Frage. Ein zögerliches Stottern mischt sich unter seine Antwort: „Steven!"

„Na gut Steven. Schau mal genauer hin," sage ich jetzt und schenke dem jungen Mann ein spielerisches Lächeln. Er folgt meiner Anweisung und richtet seinen Blick erneut auf den Kreis. Dabei fällt mir auf, dass seine Augenfarbe eine Mischung aus braun und grün ist. „Ich vermute es ist eine Art Schloss. Vielleicht mit Drehverschluss," schlussfolgert Steven jetzt und legt seine Augen erwartungsvoll auf mich. Während ich über seine Idee nachdenke, nicke ich gedankenverloren vor mich hin. „Der Ansatz ist nicht schlecht," lobe ich den Mann jetzt, „aber was würde den Tresor denn dann vor Eindringlingen wie uns schützen?" Steven scheint meine Kritik zu verstehen, scheint aber vorerst auch keine Antwort auf meine Frage zu haben.

Doch auch ich mache mir jetzt nicht mehr die Mühe eine ausführliche Erklärung vorzustellen. Stattdessen setze ich auf verbildlichende Demonstration.

Mit einer blitzschnellen Bewegung entballe ich meine linke Faust, wodurch meine Werwolfskrallen zum Vorschein kommen und die Luft mit einem leisen Zischen durschneiden. Der junge Mann - Steven - zuckt bei dem Anblick meiner plötzlich veränderten Fingernägel leicht zusammen, auch wenn ich keine Angst an ihm wahrnehmen kann. Er scheint jedoch den nötigen Respekt vor mir zu haben. Er tritt wenige Sekunden zurück, um mir Platz zu machen.

„Es ist ein Schloss, dass sich nur bei einem Hale öffnet," erkläre ich jetzt die Tatsache, die ich mir aus verschiedenen Faktoren ausrechne. Einer davon, die Geschichte der Hales selbst. Sie würden nie erlauben, dass jemand anderes außer ein geborener Hale ihr gut geschützten Tresor betritt. Ein weiteren Grund für meine Schlussfolgerung ist Crowleys Idee mich zu schicken, anstatt selbst zu gehen oder seine besten Leute zu schicken. Nur ich, als Erbträger der Hale Gene, bin innerhalb seiner Gruppe in der Lage den versteckten Tresor zu öffnen.

Ohne auf eine Antwort von Steven zu warten, trete ich etwas näher an das Schild und halte meine Krallen vor den Kreis. Zur selben Zeit rufe ich mir die Worte meines Vaters in Erinnerung: Rechts, Links, Links, Rechts. Ich atme tief durch, bevor ich meine Krallen blitzartig in die kleinen Formschlitze des Kreises ramme. Im ersten Moment passiert rein gar nichts und ich kann nicht verhindern, an Crowleys Informationen zu zweifeln. Doch bereits eine Millisekunde später, stöben blaue Blitze und gelbe Funken auf. Der Ursprung dafür sind meine Krallen, die jetzt fast vollständig in dem Stein verschwunden sind. Erleichterung erfüllt mich, auch wenn ich mir weiterhin nicht erklären kann woher Crowley solch' gute Informationen über den versteckten Hale Tresor hat.

Jedoch verdränge ich dieses bedrückte Gefühl des Unwissens und folge stattdessen den Befehlen meines Vaters. Langsam drehe ich meine linke Hand nach rechts, wobei ich von der Leichtigkeit überrascht bin, mit der sich das Innere des Steinkreises bewegt. Ein leises Klicken signalisiert mir, das erste Einrasten, weshalb meine Hand von der rechten Seite zweimal zurück nach Links dreht. Wieder ertönt das leise Klickgeräusch und ich folge den Anweisungen meines Vaters und drehe meine Hand und somit auch den Innenkreis zurück nach rechts. Wieder ein Klicken. Der Kreis selbst senkt sich in den Stein, wodurch meine Krallen sich automatisch lösen. Dann fängt sich das Schild plötzlich an zu bewegen und leicht erschrocken taumele ich wenige Zentimeter zurück.

Das scheinbar so stabile Steinschild, bewegt sich plötzlich fließend leicht über den Boden zur Seite, sodass es direkt vor meinen Füßen eine Kellertreppe offenbart, die unter die Schule führt. Obwohl ich leicht überrascht bin, bildet sich zur selben Zeit auch ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Obwohl es schon seit einiger Zeit nicht mehr zu meinen Interessen zählte, den Tresor zu finden und zu öffnen, habe ich es jetzt trotzdem geschafft. Ich bin gespannt auf das Innere.

Deshalb warte ich auch erst gar nicht auf die Reaktion der drei Männer hinter mir. Stattdessen ziehe ich meine Waffe, entsichere sie und schleiche mit eleganten Schritten die dunkle Steintreppe nach unten.

—-
Ich wünsche euch alle frohe Ostern und einen schönen Tag 🐥 🐇 in ein paar Wochen beginnt bei mir die Abi-Phase, aber ich habe nicht vor diese Geschichte deshalb zu kurz kommen zu lassen. Aber ich hoffe natürlich auf eurer Verständnis, falls die folgenden Kapitel etwas länger brauchen, um zu wir zu gelangen. Schreibt solange doch einfach mal in die Kommentare, was Raven eurer Meinung nach in dem Hale Tresor sehen, klauen oder begegnen soll 🙈

Lg CoolerBenutzername
—-

Silver Bullet [Teen Wolf FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt