9. Scott McCall and Stiles Stilinski #BoysTalk

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Fluchend lande ich sicher und mit den Füßen in einem schulterbreiten Abstand auf dem dreckigen Asphalt. Dass das Schutzgitter dabei noch immer auf der Mülltonne liegt und der Schacht somit noch immer offen ist, interessiert mich bereits in dieser Sekunde nicht mehr länger. Selbst wenn sie die Einbruchsspuren entdecken, meine DNA finden und sie mit dem Mord an den beiden Männern im letzten Winter abgleichen würden, würden sie keine neuen Informationen erlangen.

Immerhin wissen sie bereits von meiner Rückkehr.

Der schwarze Rabe sitzt noch immer auf der Mülltonne und als er kurz krächzt, erinnert er mich wieder an seine Anwesenheit, die ich für wenige Sekunden vergessen glaubte. Ich richte meinen Blick ausdruckslos auf den Anhänger meines Vaters und sage mit unterdrückter Wut an ihn gewandt: „Flieg los und sage meinem Vater, dass ich ihn sprechen muss und zwar sofort!"

Der Rabe legt den Kopf leicht schräg und mustert mich mit einem Blick, der mir sagt, dass er sich nicht sicher ist ob er mich trotz meinen drängenden Worten alleine lassen soll. Scheinbar hat mein Vater seinen Anhänger nicht nur aufgetragen mich bei meiner Beschattung zu begleiten, sondern hat ihnen auch eingetrichtert, dass sie mich unter keinen Umständen aus den Augen lassen sollen. Ich atme genervt aus.

„Wir haben ein Problem. Ein riesiges Problem," ich funkele ihn mit zusammengekniffenen Augen wütend an, „Er würde es wissen wollen!" Auch in Tierform scheint der Gestaltenwandler meine bedrohliche Tonlage und meine angespannte Körperhaltung lesen und verstehen zu können. Sein Kopf bewegt sich und obwohl man die Geste nicht annähernd als ein Nicken verstehen kann, wirkt sie auf mich sofort wie ein Zustimmen. Sekundenspäter stößt sich der Vogel von der Tonne ab und steigt elegant in die Luft.

Ich nehme mir nur wenige Sekunden Zeit um dem Tier mit meinem Blick zu Folgen, bevor ich mich abwende und wütend eine runde Mülltonne mit meinem Fuß trete. Klirrend fällt sie um und rollt wenige Meter durch die dunkle Gasse, die die morgendliche Sonne nicht erreichen kann. Der metallische Deckel löst sich und bleibt ebenfalls klirrend auf dem Asphalt liegen. Ich fahre mir durch die langen Haare und frage mich gedanklich, wie ich meinem Vater erklären soll, dass wir bereits nach noch nicht mal einen Tag entdeckt wurden. Dass McCall jetzt von uns weiß und wahrscheinlich alles daran setzen wird, mich und ihn aus Beacon Hills zu vertreiben.

Zu mindestens würde ich das tun, hätte McCall mich auf die Art und Weise stehen gelassen, wie ich es vor einem Jahr für Crowley tat.

„Scheiße," fluche ich jetzt und tigere noch wenige Sekunden länger durch die menschenleere Gasse, die mir in diesem Moment genug Raum und Stille bietet, um mir tatsächlich eine Taktik zu überlegen. Eine Taktik um meinem Vater möglichst schonend die Tatsache beizubringen dass wir bereits enttarnt wurden - in dieser Sekunde heißt mein Plan die Wahrheit. Vielleicht würde sie sogar Crowley davon überzeugen Beacon Hills wieder zu verlassen, sodass ich McCall gar nicht direkt gegenüberstehen muss.

Ich nicke leicht bei diesem Gedankengang und rechne mir meine Erfolgschancen aus. Tatsächlich könnte ich eine kleine Chance darauf habe, dass wir bereits morgen weitergezogen sind. Dass Beacon Hills und seine Einwohner ein weiteres Mal hinter mir liegen. Ich atme tief durch und zwänge mich anschließend zu einer ruhigen, rationalen Körperbeherrschung. Mit einem Vorsprung von fünf Minuten, die sich noch bis auf eine viertel Stunde ausdehnen könnten, sollte der vorgeschickte Gestaltenwandler genug Zeit haben um meinen Vater vorzuwarnen.

Gerade als ich mich zum Gehen wende, höre ich zwei Stimmen, die mir vertraut vorkommen. Ich brauche nur wenige Sekunden  um zu erkennen, dass die sprechenden Personen nicht in Hörweite sind, sondern dass sich mein übernatürliches Gehörn automatisch verstärkt und die beiden Stimmen eingefangen hat. Genauso lange brauche ich auch, um zu erkennen, dass es sich bei den Stimmen um die von McCall und Stilinski handelt. Scheinbar haben sie gerade erst jetzt die Sheriff Station verlassen.

Sofort ist meine Wut verschwunden, genauso wie der drängende Gedanken an eine gute Erklärungsmöglichkeit. Stattdessen kehren meine rational orientierten Gedanken zurück und instinktiv setze ich mich in Bewegung. Mit schnellen Schritten durchquere ich die Gasse und steuere auf die Stimmen zu, die den Geräuschen nach zu urteilen noch immer vor der Sheriff Station stehen. Crowley kann noch ein paar Minuten länger warten.

Kurz bevor ich die Gebäudeecke erreichen kann, drossele ich meine Schritte und drücke mich stattdessen eng an die Außenfassade des Polizeireviers. Anschließend schiebe ich meinen Körper etwas näher an die Ecke, sodass ich möglichst weit vorne stehe. Anschließend hocke ich mich hin und werfe einen vorsichtigen Blick um die Eckwand.

Erblicken tue ich den Parkplatz direkt vor der Station, die mit Polizeifahrzeugen aber auch mit anderen Autos gefüllt ist. Für die morgendlichen Uhrzeit ist selbst hier nicht sonderlich viel los. Ich schenke dem Treiben auf dem Parkplatz nicht länger meine Aufmerksamkeit, da ich in dieser Sekunde Scott und Stiles entdecke. Sie stehen mit seitlich zu mir und ich kann sie gut zwischen den Autos erkennen. Allen voran deshalb, da sie direkt neben dem blauen Jeep stehen, der nicht zu übersehen ist.

„Und jetzt?" fragt Stiles ratlos an seinen Alpha gewandt und schiebt seine Hände tief in seine Hosentasche. Gleichzeitig wippt er auf seinen Fußballen leicht vor und zurück. „Ich habe keine Ahnung," antwortet Scott hörbar nachdenklich und obwohl ich riskiere entdeckt zu werden, kauere ich weiterhin geduckt neben der Hausecke, um die beiden Jungen im Blick zu haben. Selbst wenn sie in meine Richtung schauen würden, hätte ich noch wenige Sekunden Zeit, bevor ihre Blicke von Augenhöhe in Richtung des Boden schwenken. Sie würden eine Bewegung wahrnehmen - ganz sicher - aber ich hätte wenige Sekunden, um zu verschwinden.

„Wow ich meine," Scott klingt überrascht, „Raven ist zurück!" Er erklingt nicht annähernd so gereizt wie von mir erwartet. Stattdessen schwingt eine ehrliche Freude in seiner Stimme mit. „Und was hast du jetzt vor?" stellt Stiles erneut eine Frage an seinen besten Freund und anhand seiner Stimmlage kann ich erkennen, dass er dem Alpha völlige Entscheidungsfreiheit gibt. Stilinski scheint sich nicht einmischen zu wollen, was vielleicht auch daran liegt, dass er selbst keine Idee hat. Oder er ist der Überzeugung, dass Scott eine bessere Beziehung zu mir hatte und so nur er in der Lage ist die richtige Entscheidung zu treffen.

Doch Scott wirkt genauso ratlos.

„Ich finde wir sollten sie suchen," fängt McCall jetzt langsam an seine Meinung in Worte zu formulieren, „Vielleicht hat sie einen Grund hier zu sein und wir können ihr helfen!" Ich stocke und vergesse für wenige Sekunden zu atmen. McCall möchte mich doch tatsächlich suchen. Er möchte mich Wiedersehen und mir helfen. Ich hole tief Luft.

„Bist du dir sicher? Ich meine das letzte Mal als wir sie gesehen haben," Stiles kommt gar nicht dazu seinen kritischen Satz fertig auszusprechen. McCall unterbricht ihn bereits: „Sie hat sich damals für uns geopfert," ich bin überrascht dass er es auf diese Art und Weise sieht, „Und sie hat uns damit wahrscheinlich das Leben gerettet!" Ich kann sehen wie McCall sich etwas aufrichtet, sodass seine Wörter nicht nur durch seine Stimmlage, sondern auch durch seine Körperhaltung durch und durch überzeugend wirken.

„Wir wissen nicht, ob wir zu dieser Zeit wirklich in Gefahr waren," sagt Stilinski jetzt und zuckt leicht mit den Schultern, „Wir haben schon einmal gegen Crowley gewonnen!" Ich schüttele leicht mit dem Kopf und denke daran, wie unausweichlich und tödlich die damalige Situation war. Sie hätten nie im Leben überlebt. „Und warum vertraust du ihr eigentlich so sehr?" Seine Stimme klingt anklagend aber auf eine besorgte Art und Weise. Schon immer habe ich ihn für die misstrauische und Scott für die vertrauensselige Art von Menschen gehalten.

„Weil es Raven ist!"

McCalls Antwort klingt nicht annähernd wie eine Erklärung, scheint aber gut genug für Stilinski zu sein. Er schiebt seine Unterlippe leicht vor, nickt verstehend vor sich hin und schiebt dabei seine Hüfte etwas weiter nach vorne. Weil es Raven ist - ich schließe für wenige Sekunden meine Augen und lehne mich seufzend an die Wand hinter mir.

Scheiße. Ich habe zu früh über den Alpha und seine Freunde geurteilt. Ich habe zu früh jemanden losgeschickt um meinen Vater zu warnen. Und meine einzige Chance ist jetzt nur noch, Crowley etwas vorzulügen...und McCall aufzusuchen, um mit ihm von Angesicht zu Angesicht zu reden und aus irgendeinem Grund, weiß ich jetzt genau, was ich zu erst tun muss und wohin ich dafür gehen muss.

Silver Bullet [Teen Wolf FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt