Prolog

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Bizarre Lichtblitze, die in einer für mich nicht fassbaren Geschwindigkeit auf mich zugerast kamen. Das Gefühl, nach vorne gezogen zu werden, obwohl mich gleichzeitig eine unsichtbare Kraft in die entgegengesetzte Richtung zog. So muss sich Zeitreisen anfühlen, schoss es mir durch den Kopf. Klar denken war nicht das Problem, ich hatte nur überhaupt keine Ahnung, was da gerade passierte. Ich war auf dem Weg nach Hause gewesen, gerade hatte es wieder angefangen zu schneien. Da hatte mich etwas geblendet, erst dachte ich, es wären die Scheinwerfer der Autos, die mir entgegenkamen. Doch dann landete ich plötzlich hier – in diesem Chaos von Licht und Geräuschen, die ich nun wirklich nicht zuordnen konnte. Es war eine Mischung aus Knacken, Knirschen, Quietschen – alles irgendwie vertraut, aber in dieser Mischung mehr als abgefahren.

Die Lichter, die die ersten Sekunden meiner seltsamen Reise nur weiß gewesen waren, nahmen nun jede erdenkliche Farbe an, wechselten in keinem erkennbaren Rhythmus und pulsierten, mal stärker, mal weniger. Der Druck ließ ein wenig von mir ab, und ich nutzte die Gelegenheit, einen tiefen Luftzug in meine Lungen zu lassen. Jetzt schien das ganze schon wesentlich weniger bedrohlich.

Dann kam der Schmerz. Genauso plötzlich wie der Lichttunnel und nicht weniger intensiv. Ich hatte das Bedürfnis zu schreien, doch die Pein in meinen Ohren ließ jedes Geräusch verblassen und mein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Alle Muskeln meines Körpers verkrampften sich und schienen jeden Augenblick zu zerreißen. Meine Augen mussten wohl bald platzen, bei dem Druck, der auf ihnen lastete, und jeglicher Knochen fühlte sich an, als würde er an jeder Stelle gleichzeitig zerbrechen. Mit sämtlichen Lichtblitzen, die auf mich zuschossen, fuhr eine Nadel in meine Haut, und innerhalb eines Augenblicks fühlte sich nichts mehr so an, wie mein Körper sich hätte anfühlen sollen. Doch der Schmerz ließ nach, und endlich entkam auch der Schmerzensschrei den zum Bersten gefüllten Lungen, viel zu laut in meinen Ohren, und viel zu fremd.

Das war nicht meine Stimme! Oder doch? Noch nie hatte sich meine Stimme so seltsam angehört. Dunkler... einfach anders. Was auch immer dieser Lichttunnel mit mir angestellt hatte, irgendetwas hatte er verändert. Und nicht gerade wenig, so wie es sich anfühlte.

Die Lichter verblassten und ließen mich zurück in einem Raum aus Nichts. Doch kaum hatten sich meine Augen in der willkommenen Dunkelheit beruhigt, da verschwand alles um mich herum, verzog sich, wurde zerrissen und durch Farben und Formen ersetzt, die ich nur unscharf erkennen konnte. Ein Ruck fuhr durch meinen Körper, als ich hart auf etwas aufschlug, was sich einen Augenblick später als grüne Wiese herausstellte. Benommen hob ich den Kopf, sog scharf die Luft ein – und wurde sogleich von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt.

Es dauerte eine Weile, bis ich wieder einigermaßen ruhig atmen konnte. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und nutzte die Gelegenheit, mich umzusehen. Ich war dem Lichttunnel entkommen – doch zu Hause war ich nicht. Eine weite Ebene umgab mich, in der Ferne waren unscharf Hügel zu erkennen, die vereinzelt von Wasserfällen gespickt waren, hier und da ein paar Wälder, und es war definitiv Frühling. Überall blühten Blumen und es schäumte nur so über vor Leben, auch wenn die Tiere recht befremdlich aussahen. Nicht weit von mir flog ein übergroßer Käfer über die Wiese, doch stand ich zu sehr unter Schock, um mir über die Größe Gedanken zu machen.

Wo zur Hölle bin ich!? Mit einer Hand fuhr ich mir durchs Haar – und stoppte augenblicklich. Ungläubig fiel mein Blick auf meine rechte Hand, die definitiv aus vier Fingern bestand, die für menschliche Verhältnisse ungewöhnlich dick waren und an den Spitzen eher krallenförmig zuliefen. Außerdem war die Haut viel zu dunkel! Statt der bleichen Haut, die nicht wirklich viel Sonne zu Gesicht bekam, war diese Hand von einem dunklen Bronzeton. Ein schneller Blick und mir war klar, dass auch die andere Hand so verändert war. Überhaupt waren meine Arme viel zu kurz und die Unterarme viel zu dick! Und mein Haar war noch nie so lang gewesen, und seit wann war es rot?

Irgendwo kam mir das alles bekannt vor, doch noch wollte der Gedanke sich nicht so recht offenbaren. Erst, als mein Blick auf meine nackten Füße fiel, die nun überhaupt keine Ähnlichkeit mit menschlichen Füßen mehr hatten, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das waren die Füße eines Asura! Drei große krallenartige Zehen und ein allgemein klumpiger Fuß. Was natürlich den gedrungenen Körperbau erklärte.

Aber wie war das möglich? Weder hatte ich irgendwelche Drogen genommen, noch eine Art Virtual Reality ausprobiert. Ich war doch einfach nur auf dem Nachhauseweg gewesen! Vielleicht hatte mir jemand auf der Arbeit etwas ins Getränk gemischt?

Auch wenn ich es mir nicht erklären konnte, es fühlte sich äußerst real an. Ich war im Körper einer Asura, und ich stand mitten auf den Feldern von der Provinz Metrica, wie mir geometrische Formen und schwebende Kuben bewiesen.

Ich befand mich in Tyria, in den Ländern eines Spiels, das sich Guild Wars 2 nennt.

In einem Augenblick - Guild Wars 2 FanfictionWhere stories live. Discover now