Kapitel 40

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Belle

»Ich bin ja da.«, murmelte ich entnervt.

Mit schlaffen Armen schlurfte ich die Treppen runter und zog meinen Koffer unachtsam mit. Das hatte ich also nun davon. Ich hätte mich mehr widerstreben sollen. Ich hätte länger diskutieren und besser argumentieren sollen. Jetzt konnte ich mich von meinem Viertel verabschieden und ins blaue Viertel ziehen.

Kurzzeitig musste ich meinen Koffer mit den wichtigsten Sachen packen. Mein restliches Zeug würden sie mir nachschicken.

Unten angekommen sah ich zum ersten Mal auf und begegnete dem neugierigen Starren meiner Familie.

Sie sahen zu, wie ich unbeholfen da stand und versuchte meine Gefühle für mich zu behalten. Ich schluckte all die angestaute Wut und Enttäuschung, die Trauer und den Hass, runter.

Der Streit mit meinem Vater ging ganz schön nach hinten los.

Jetzt musste ich wohl eine Weile bei den Blauen unterkommen. Dort würde ich an einem Thema arbeiten. Und da ich ja schon niemandem vom Gegenteil überreden konnte, schlug ich ein Thema über die Farblosen und die Suche nach deren Viertel vor. Natürlich verneinte Dad dies anfangs, aber gab dann nach, weil er sah, wie fertig mich bereits dieser Umzug machte.

»Willst du nicht mehr mitnehmen?«, betrachtete Sierra verwundert meinen einzigen Koffer.

»Nein.«, antwortete ich ehrlich. »Ich habe alles was ich für wichtig halte. Wenn ich etwas brauche kann ich Neues kaufen. Ich brauche sowieso neue Kleidung.«

Mich interessierte es nicht, aber ich sagte es einfach. Keine Ahnung. Alles wichtige hatte ich eingepackt.

Inklusive das Stofftier von Rosie, Zacks ungeöffneten Daten, einige Zeichnungen, die Dad nicht zerstören konnte und zwei Familienfotos. Eins nur mit Dad, Mum und mir. Das andere ohne meine Mutter und mit Sierra und Emily.

»Du kannst ja mit Shelly shoppen gehen, wann immer ihr wollt.«, warf Jason lächelnd ein.

Wahrscheinlich um mich aufzumuntern. Denn jeder hier merkte, dass es mir nicht gut ging.

Ob sie das an meinen hängenden Schultern oder an meinem gesenkten Kopf merkten?

»Du kommst morgen wieder!«, rief Emily freudig. »Wir werden noch spielen!«

So vieles hatte sich in der letzten Zeit verändert. Sierra und Emily wurden plötzlich netter. Und Dad spielte nun das Ungeheuer in dieser Familie.

Ich biss mir auf die Lippe und warf meinem Vater einen auffordernden Blick zu. Er konnte ihr ruhig erklären, warum ihre Schwester morgen nicht kommen würde.

Er verstand meinen Blick und verdrehte die Augen.

»Emmy«, seufzte er. »Belle kann morgen nicht kommen.«

»Du hast es aber versprochen!«, verschränkte sie schmollend die Arme.

»Es-«, fuhr mein Vater fort, aber ich unterbrach ihn.

»Ich werde euch besuchen kommen, Em. Dann können wir doch spielen, okay?«, versuchte ich sie zu beruhigen, da ich wusste wie es war, wenn niemand zuhörte.

Sie schüttelte kräftig den Kopf, wobei sich ihre Augen mit Tränen füllten. Danach streckte sie ihre kleinen Hände nach mir, damit ich sie in meine Arme nahm. Und das tat ich auch. Meinen Koffer ließ ich stehen und drückte Em ganz fest an mich. An meiner Schulter spürte ich, wie ihr Kinn bebte.

Red PrincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt