Kapitel 9 ✔️

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Belle

Ich drückte die Türklinke runter und zog einmal kräftig. Und tatsächlich ging sie auf. Überrascht trat ich nach draußen. Ich war raus. Das erste, was ich tat, war zu atmen. Die frische angenehme Luft tief ein und wieder ausatmen. Die Lungen füllen und es für wenige Sekunden genießen. Freiheit. Das war gerade erst der erste Schritt dahin.

Orientierungslos sah ich von rechts nach links und bemerkte, dass ich in einer engen Gasse stand. Mein Herz klopfte stark. Wohin jetzt? Vor mir erstreckte sich eine große Steinmauer.

Dann rannte ich einfach los. Hoffte, dass ich keinem Farblosen begegnete.

Ich rannte so schnell ich konnte.

Durch das Adrenalin, welches in großen Strömen durch meinen Körper floss, spürte ich meine Kopfschmerzen nicht. Durch das Adrenalin verrauchte die Angst in mir. Durch das Adrenalin tat ich das, was ich jetzt tat. Ich rannte.

Gerade verließ ich die Gasse und sprintete dann an einer alten Bäckerei vorbei. Die Menschen, an denen ich vorbei lief, drehten sich alle zu mir. Mein rotes Kleid flatterte hinter mir und ich war mir sicher, sie wussten wer ich war. Dies bestätigte sich auch, als einer laut schrie: »Sie haut ab!«

Mein Herz schlug um das Doppelte schneller. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie mich einholen würden. Und noch eine Nacht im dunklen Kerker wollte ich nicht verbringen.

Ich zog mein Tempo an und rannte schneller, wenn das überhaupt noch möglich war. Meine Fußsohlen brannten, mein Mund fühlte sich trocken an und jeder Atemzug schien mir wie eine endlose Qual. Trotzdem hielt ich nicht an. Immerhin konnte das meine einzige Chance sein.

Mein Weg führte zum einzig bekannten Fluchtort. Der Wald. Dieser erstreckte sich zu meinem Glück gerade vor mir. Nur noch ein paar Meter. Wer hätte gedacht, dass ich es soweit schaffen würde. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Dort könnte ich mich verstecken und nachhause finden. Dort wäre ich vor den Farblosen sicher.

»Stopp!«

Erschrocken stolperte ich über meine eigenen Füße und landete unsanft auf dem steinernen Boden. Ich zischte und sah auf. Jack stand mit seinem Großvater am Waldrand und starrte mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an. Zu meinem Pech verließen sie den Wald genau jetzt. Das war mein Ende. Verzweifelt hielt ich Ausschau nach einem anderen Weg. Ich beugte mich vor und stützte meine Hände auf meinen Knien ab, während ich mich innerlich verfluchte.

»Scheiße.«, murmelte ich leise, als Jack seine Waffe heraus zog und sie auf mich richtete.

Wie vom Blitz getroffen starrte ich zurück und versuchte meine Atmung zu kontrollieren. Bill lachte amüsiert auf, was mich schließlich zur Weißglut brachte. Wenn sie mich erschießen würden, dann hätten sie nichts mehr, um meinen Vater zu erpressen. Sie brauchten mich.

Meine Mundwinkel hoben sich wieder. Schwerfällig stand ich auf und straffte die Schultern. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse, um mir ein genaueres Bild über die Lage zu schaffen. Hinter mir standen Drake und zwei weitere Farblose, die ebenfalls eine Waffe auf mich richteten.

Ohne einen weiteren Gedanken zu vergeuden, sprintete ich nach links. Ich achtete nicht auf meine schmerzenden Gliedmaßen und rannte noch schneller als davor. Hinter mir hörte ich Jack fluchen und gleich darauf eilten mir Schritte hinterher.

»Wenn du nicht sofort stehen bleibst, werde ich schießen!«, knurrte Drake hinter mir.

Die Panik packte mich, aber trotzdem ignorierte ich seine Worte. Wenn ich jetzt stehen blieb, dann würden sie sich sicher nicht als gnädig beweisen. Außerdem hätten sie schon längst schießen können, aber das hatten sie nicht. Nur dieser Gedanke verleitete mich dazu, in den Wald zu flüchten.

Red PrincessWhere stories live. Discover now