16| Zurück in den Alltag

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-Claires Sicht-

Man sagt doch „Neues Jahr, neues Glück."

Wie konnte man so etwas so leichtfertig behaupten, wenn wir letzten Endes doch gar keinen Einfluss auf das Leben hatten? Man sagt mir, ich solle mein Leben selbst bestimmen, für mich alles entscheiden und mein Leben leben und nicht das der anderen. Doch wie soll ich das tun, wenn mein Leben abhängig ist von den Handlungen der anderen Menschen? Davon, wie andere mich behandeln?

Das Leben besteht nicht nur aus deinen Entscheidungen. Es besteht aus dem Zusammennspiel von Handlung, Gedanken, Freunden, Umfeld und Gesellschaft. Noch sehr viel mehr, doch was bringt es mir, alles aufzulisten?

Müde rieb ich mir über die Augen und ignorierte den Schmerz, welcher verursacht wurde von den vielen schlaflosen Nächten, in denen ich zu viel nachgedacht hatte und vielleicht die eine oder andere Träne geflossen war.

Dafür bestrafte mich das Leben auch mit einer unreinen Haut und tiefen Augenringen, die beide nicht dazu beitrugen, dass ich mich besser fühlen könnte.

Mein Blick schweifte wie automatisch auf den schmalen Ring, welcher meinen Finger schmückte. Er war unscheinbar in einem süßen Schnörkeln und einem kirschrotem Stein. Es hatte eine Krone in der Innenseite eingraviert. Für Prinzessin, hatte er mir erklärt.

Es war mein Weihnachtsgeschenk, was er mir noch nicht geben konnte.

Und um ehrlich zu sein, hätte ich mir kein schöneres Geschenk vorstellen können. Schluckend dachte ich an jenen Abend vor einer Woche zurück, als Nathan sich dazu entschieden hat, meine Zimmertür zu zerstören. Man konnte sich denken, dass ich danach nicht mehr in Ruhe gelassen wurde.

Aber es war okay, weil ich Ashley, Dean und auch Aidan versprochen hatte, ehrlich zu sein. Ich war es ihnen schuldig. So war es nun also, dass sie alle überfürsorglich auf mich Acht gaben und ich selber nicht mehr wusste, ob es mich nervte, oder aber ob ich glücklich sein sollte, niemals alleine zu sein.

Es hatte mich beruhigt, dass Nathan mir versichert hatte, Milow sei noch in der Anstalt. Das hieße, es könnte sich lediglich um einen Streich meines Verstandes gehandelt haben. Aber mich ließ der Gedanke nicht los, dass da genauso gut eine andere Person sein könnte, die sich nun für Milow rächen wollte. Denn dieser Kreislauf der Hölle würde niemals aufhören.

„Claire, beeil dich endlich", ertönte Deans bekannte Stimme aus dem Telefon, „sonst fahre ich ohne dich los." – „Gerne. Ich will nicht zur Schule und wer weiß, was Phil und du in diesem Auto alles gemacht habt", erwidere ich, seufze aber dabei und greife nach meiner Schultasche.

Die Ferien waren vorbei und Schule stand wieder an. Nur noch wenige Monate und ich würde meinen Abschluss in der Tasche haben. Aber zuerst müssten wir unser Theater zu Ende proben und gar aufführen. Naja, ich war ja ausgeschlossen, hatte daher ja keine Rolle mehr.

„Oh glaub mir, das willst du nicht wissen", kicherte Phil im Hintergrund, weshalb ich angeekelt das Gesicht verzog. Wortlos legte ich auf, verabschiedete Aidan mit einem schlichten ‚Bye' und verließ das Haus, als sei es nicht seit fast zwei Wochen mein Rückzugsort gewesen vor der Gesellschaft.

Tief einatmend redete ich mir ein, dass dieser Tag nicht schlimm werden würde. Dass mich keiner versuchen würde zu töten. In Gedanken versunken drehte ich an dem Ring und lief mit einem Andeuten eines Lächelns zu dem parkenden Auto, in welchem Phil und Dean mich breit angrinsten. Ich sah ihnen an, dass das Lächeln ein wenig gespielt war, weil sie nicht wussten, wie sie mit mir umgehen sollten.

Dann mal wieder ab in die alten Gewohnheiten. „Hey, Idioten", grinste ich sie an und versuchte ihnen mein ehrlichstes Lächeln zu geben. Erleichtert seufzte Phil und sah seinen festen Freund lachend an: „Ich habe dir doch gesagt, dass es ihr besser gehen wird, sobald sie uns heißen Kerle sieht."

„Oh ja, und wie heiß du bist", erwiderte Dean spaßend, doch sein Unterton verriet, was er gerade dachte. „Ew", ertönte rechts von uns und wenig darauf schmiss sich Liz neben uns. „Was machst du denn hier", nörgelte Phil direkt und drehte sich auf dem Sessel um. An dieser Stelle klinkte ich mich aus und begrüßte Liz mit einem leichten Lächeln, welches sie erfreut erwiderte. Vor allem als sie die Ring erblickt, grinst sie stolz auf. „Er gefällt dir oder? Nathan kam damit zu mir und hat mich gefragt, wie ich den finde und ich habe gesagt, dass er mich an dich erinnert. Wenn du sein Lächeln gesehen hättest! Es war so viel echter und verlieb-" – „Lass es bitte, Liz. Er ist glücklich und dafür freue ich mich", unterbrach ich sie ein wenig schärfer als gewollt, doch sie verstand, dass ich damit die Unterhaltung beendet hatte.

Und das war der Moment, in dem Jason sich noch in das Auto quetschte und in dem ich bemerkte, dass Deans Auto sehr viel kleiner war, als ich dachte. Dass die Frage aufkam, wie Dean und Phil hier drin schmutzige Spiele spielen konnten, konnte ich nicht vermeiden. Den darauffolgenden Würgreiz ebenso wenig.

-

„Claire, wir müssen reden!", kam es von der Schule gerufen, sobald ich auch nur das Auto verlassen hatte. „Adam", brachte ich überrascht von mir, berichtigte mich selber aber schnell, „ich meinte, Mr. Davis."

Ein höfliches Lächeln folgte seinerseits. Er versuchte es zu überspielen, aber ich wusste, dass ihm unwohl in meiner Nähe war. Ich wusste ebenso, dass seine Frau mich verantwortlich machte und mich hasste.

„Nenn' mich Adam. Ich habe heute gekündigt, also spielt das keine Rolle mehr. Wir werden umziehen, um unserer Kleinen eine schöne Zukunft versichern zu können, ohne etwas über... Dies alles hier zu erfahren. Ich möchte nicht, dass sie weiß, was ihrem Vater hier zugestoßen ist," wegen mir, „also haben wir beschlossen, das hier alles hinter uns zu lassen und neu anzufangen. Ich wollte nur, dass du weißt, dass du meine kleine Clairy bleibst, und dass ich dir an der ganzen Situation keine Schuld gebe. Wenn also was ist, du hast meine Nummer, okay? Wollte dir das nur persönlich sagen, aber ich muss jetzt auch los", sprach er an einem Bande alles aus und zog mich am Ende in eine väterliche Umarmung.

Ich hatte ihn die letzten Wochen nicht gesehen, aber jetzt zu wissen, dass heute vielleicht das letzte Mal sein würde, stimmte mich sehr viel trauriger, als ich es mir hätte vorstellen können.

„Ich werde dich vermissen, Adam", murmelte ich und löste mich aus der Umarmung. Grob wischte ich mir die Tränen weh. „Himmel, bin ich zu einer Heulsuse mutiert", lachte ich leicht und sah auch ihn lachen, „Pass bitte auf euch auf und wehe du erzählst Emily nicht, was für eine tolle Fastnachbarin du hattest. Gespielt schockiert blickte er mich an. „Verlangst du gerade von mir, meine Tochter anzulügen? Schäm dich!"

Mit einem traurigen Ausdruck wuschelte er mir noch durch die Haare, ehe er mir einen Schlüsselanhänger mir einer Kirsche in die Hand drückte und zwinkernd davonging. 

Part II der Lesenacht!

Adam kam wieder ins Spiel. Was glaubt ihr, bekommt er im Laufe der Story wieder eine größere Rolle?  ~xT

Please, once againUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum