13| Galaabend II

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Ich sah, dass er sich umdrehte. Ich sah, wie Ivy und er mich anblickten. Sie fragend, er geschockt. Ich sah, dass ich ungelegen kam. Weil ich gerade seinen Heiratsantrag unterbrochen hatte.

„Ich weiß, es ist echt früh und wir kennen uns kaum, aber willst du mich heiraten, Ivy?"

Immer und immer wieder schallten diese Worte durch meinen Kopf. Wirbelten die Scherben meines Herzens durcheinander, verknoteten die Leitungen in meinem Verstand, blockierten jegliche Sinne, die mich reagieren lassen könnten.

Augenblicklich schwirrten Jasons Worte wieder in meinem Kopf herum. „Er mag dich mehr als eine Freundin." Eine Lüge.

„Nathan?", unterbrach Ivys Stimme unseren Blickkontakt. Ich blickte zu ihr. Sie sah so glücklich aus. „Ja, ich will." Sie war so glücklich.

Es tat furchtbar weh, sich der Bedeutung dieser einzigen Frage bewusst zu werden. Er hatte soeben seine Zukunft bestimmt. Eine Zukunft, in welcher ich nicht die Rolle spielen würde, welche ich mir selbst wünschte.

Mein Kopf schrie vor lautem Durcheinander und doch konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, weshalb ich lediglich die Leere wahrnahm. Die Leere in mir. Ich hätte es von Anfang an wissen müssen. Mir keine Hoffnungen machen sollen.

Aber Menschen sind nun einmal naiv. Sie glauben, was sie hörten, was sie wollten und zerstören sich damit selbst. Sehr viel mehr als sie es aushalten könnten.

Es fühlte sich nahezu so an, als könnte ich das Splittern meiner Gefühle in mir fühlen. Die Scherben, welche mir von innen heraus Schaden zufügten und eine blutende Seele voller Wunden und Schmerz hinterließ. Es fühlte sich so an, als hätte Nathan mir mein Herz genommen und es als Verlobungsgeschenk an Ivy gegeben. Und warum sollte sie sich um mich scheren, wenn sie nun Nathans Herz gleich dazu bekommen hatte.

Teilnahmslos schaute ich leer zu, wie Ivy ihm in die Arme sprang.

Wie sie ihre Lippen auf seine presste. Wie er verwirrt aber bewusst ihr Gesicht zwischen seine Hände nahm. Wie sie sich lösten. Wie die Umgebung anfing zu klatschen. Wie ich meinen Halt aus den Händen verlor.

Ohne meine Handlungen wirklich beeinflussen zu können, griff meine Hand in meine Handtasche und zog den Umschlag heraus. Schweigend trat ich zu Nathan und tippte ihn kurz an. Er drehte sich überrascht um, als hätte er mich jetzt erst bemerkt, doch ich blickte ihm nicht in die Augen. Ich wollte kein Mitleid sehen.

„Frohe Weihnachten", murmelte ich und schenkte ihm ein erzwungenes Lächeln, „und herzlichen Glückwunsch zur Verlobung." Ich gab ihm den Umschlag. 

Vielleicht gab es eine einfache Erklärung für alles. Dieser Gedanke war der einzige, weshalb ich blieb, um auf seine Antwort zu warten. Ich wollte nicht am Ende gesagt bekommen: „Du hättest ihn reden lassen sollen. Es ist oft nicht so, wie es aussieht." 

Doch erneut wurden diese Hoffnungen in Windeseile zerstört, als nur ein unsicheres „ Danke" seine Lippen verließ, ehe er sich kurz zu Ivy umdrehte. Sie lächelten sich kurz an. Und ich gab mich geschlagen.

Stumm drehte ich mich um, bevor er auf die Idee kommen sollte, mich ihren Moment zerstören zu lassen, und ließ direkt mein Lächeln fallen. Ich eilte zielbewusst Richtung Ausgang, jeden Blick meidend, auch die von Liv und Jason, welche meinen Rücken mit Besorgnis durchbohrten. Ich wollte nicht mehr.

„Claire, wohin gehst du?", nahm ich die Stimme von Nick im Hintergrund wahr, doch ich sah ihn nicht. Alles, welches in meinem Sichtfeld zu sehen war, war die riesige Tür, die mich aus dieser Hölle befreite.

Ich konnte nichts gegen das Gefühl machen, mein Leben in diesem Moment als ein schlechten Witz anzusehen. Ausgerechnet von der Person, die mir das Gefühl gegeben hatte, aufgefangen zu werden, hatte ich das Gefühl, in Stich gelassen worden zu sein.

Please, once againUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum