28| Geheimnis der Freiheit

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-Claires Sicht-

Verwirrt suchte ich Halt unter dem bebenden Boden unter meinen Füßen. Ich sah die vorbeifliegenden Möbel, hörte die schreiende Panik, spürte die immer nähernde Finsternis, und doch konnte ich mich nicht von meinem Platz losreißen und der Dunkelheit entkommen.

Das dachte ich zumindest, bis eine Welle an Vibration mich aus meinem Schlaf schrecken und meinen Körper sich aufrecht anspannen ließ. Ich benötigte dabei einige Minuten der Verarbeitung, bis ich wirklich verstand, dass es sich bei dem Vibrieren um mein Handy handelte. Verblüfft stellte ich fest, dass ich auf der Couch eingeschlafen war und der Tag doch mehr an meinen Nerven gezerrt hatte als erwartet.

Verschlafen griff ich nach meinem Handy und nahm an, ohne wirklich drauf zu schauen. „Hm?" – „Claire, bitte mach die Tür auf, es ist verdammt kalt draußen." Und damit legte niemand anderes als Nathan bereits auf.

Stöhnend setzte ich mich auf, verbrachte wenige Sekunden mit leerem Starren, ehe ich mich dazu überreden konnte, aufzustehen und zur Tür zu schlendern. Ohne nachzudenken öffnete ich die Tür, während ich ein wenig schmollend darüber, geweckt worden zu sein, den Schlaf aus meinen Augen rieb und Nathans Blick entgegnete.

„Hey", murmelte ich und bat ihn mit einem Schritt zurück auf, einzutreten. Er jedoch blieb vor der Tür und starrte mich an, ehe ein gedankenverlorenes „Aww" seine Lippen verließ, „du siehst unglaublich süß aus, wenn du müde in meinem Shirt vor mir stehst." Und damit trat er ein, zog mich an meiner Taille zu sich und legte sanft seine Lippen auf meine.

Doch ehe ich erwidern konnte, löste er sich bereits wieder und lehnte seine Stirn gegen meine. „Claire, ich muss dir was sagen."

Es war nur ein kurzer Satz und dennoch war ich augenblicklich wach und auf Alarmbereitschaft. Still forderte ich ihn dazu auf, mir in mein Zimmer zu folgen. Ein Pfeifen riss mich aus meinen Sorgen, begleitet von einem „Mir gefällt die Aussicht hier." Obwohl seine Aussage unangebracht war, so ließ sie mich erleichtert aufatmen. Anscheinend hatte war es nichts allzu Schlimmes, denn sonst hätte er keineswegs einen seiner humorvollen Kommentare von sich gegeben.

In meinem Zimmer angekommen setzte ich mich auf den Teppich vor meinem Bett nieder. Dort lehnte ich mich an das Bettgerüst und genoss nur wenig später die zu spürende Körperwärme. Ich konnte nicht viel dagegen tun, ehe er mich seitlich auf seinen Schoß zog, offensichtlich um ebenso meine Nähe zu spüren. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich mich leicht an ihn kuschelte und seine leichten Bewegungen auf meinen Armen genoss. Aber das wollte ich insgeheim nicht.

„Ich habe herausgefunden, wer dich vor sechs Jahren aus der Gasse geholt hat."

Ich erschauderte. Diese Worte hatte ich nicht erwartet, überhaupt zu hören. Meine Gedanken überschlugen sich und ich versuchte krampfhaft, etwas aus dem Durcheinander meines Inneren zu filtrieren. Er wusste, dass ich ihn finden wollte. Hat er ihn für mich gefunden?

Er unterbrach meinen Gedankengang: „Beziehungsweise, er hat mich gefunden." Nathan seufzte, ehe er seine Stirn an meine Schulter lehnte und tief einatmete. Ohne mich zu Wort kommen zu lassen – vielleicht hatte er bemerkt, wie verwirrt ich war – fuhr er fort: „Es war mein Vater, Claire. Er hat mir heute davon berichtet. Was alles geschehen ist, dass du bei uns Zuhause warst – und wohlbemerkt bereits damals meine Klamotten getragen hast – und dass er sich um dich gekümmert hat."

Angespannt und doch aufgeregt drehte ich mich um, sodass meine Beine an seinen Seiten waren und ich ihm in seine Augen blicken konnte.

„Erzähl mir davon."

-Nathans Sicht-

Ich ging ihrer Aufforderung nach. Während sie anfangs noch aufgeregt in meine Augen geschaut hatte, so ließ sie sich mit der Zeit gegen meine Brust sinken und sich meine Berührungen gefallen.

„Mein Vater war am 14. Januar vor sechs Jahren in dem Distrikt, weil seine Firma eine Begutachtung für den geplanten Neuaufbau brauchte. Er hat dich an diesem Tag weinen und schreien hören, Claire."

„Als ich dem Schreien nachgegangen bin, sah ich zu aller erst ein Mädchen, leblos auf dem Boden liegend. Ich konnte in dem Moment gar nicht realisieren, dass eine Leiche vor mir lag, konnte nicht glauben, welch Grausamkeit ihr angetan wurde. Ich erinnere mich an diesen Anblick, als sei mir das alles vor zwei Wochen geschehen, doch dem ist nicht so, mein Sohn. Ich konnte nicht anders als zu starren, so lange, bis ein Schluchzen meinen Blick zu sich zog. Ein kleines Mädchen, ihre Arme um ihre Knie geschlungen, ihre nassen Haare an ihrem Körper klebend, ihr Schluchzen mein tiefstes Inneres aufschütternd. Es war ein schrecklicher Anblick, Claire da zu sehen." Ich schluckte bei dem Bild, welches in meinem Kopf auftauchte. „Ich sah sie an und wusste direkt, dass sie Schreckliches erlebt hatte. Ohne nachzudenken schrieb ich Logan, dass seine Männer sofort mit Streifwägen zu der Gasse kommen sollten und Krankenwagen. Ich hatte kurz den Mord erwähnt, doch nicht weiter und er fragte nicht nach, sondern tat wie geheißen und kam selbst auch. Logan arbeitet bei Acarcum Liberti. Genau genommen leitet er die Organisation. Er war es, der meiner Bitte nachgegangen ist, beitreten zu dürfen. An diesem Tag habe ich nämlich bemerkt, dass es so viele Menschen gibt, die unter der Kontrolle von Monstern stehen.

Nun denn, zurück zu jener Nacht. Ich hatte Claire angesprochen, doch sie reagierte nicht. Ich hatte sie leicht berührt und ihr Schrei hat mir den Magen umgedreht. Er war voller Schmerz. Verdammt, sie war ein Kind, doch ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie ihre Kindheit verloren hatte. Ich musste beruhigend auf sie einreden und ihre einzigen Worte waren, dass sie Nachhause wollte. Ich brachte sie zu meinem Auto, fuhr sie zu uns und die ganze Zeit schwieg sie. Erst nach zehnmaligem Fragen verriet sie mir ihren Namen. Bis vor wenigen Wochen dachte ich, sie würde Clairy heißen. Ich versteckte sie vor deiner Mum, ließ sie in dem jetzigen Zimmer von Roselyn schlafen und gab ihr deine Sachen. Der nächste Tag war der letzte, an welchem ich sie gesehen hatte. Sie hatte mir ihre Adresse nicht verraten, ich war so blöd und habe sie die letzten Meter alleine laufen lassen.

Zu Anfang eures 12. Jahres wurde mir ein Fall eurer Schule zugeteilt. Eure Schuldirektorin hatte mir verraten, dass jemand eure Datenbank gehackt hatte und sie Angst um ihre Schüler hatte. Jetzt weiß ich, dass Jack es war, beziehungsweise seine Handlanger. Aber an dem Tag der Begrüßung hat Claire mir angeboten zu helfen, denn offiziell war ich nur der Hausmeister. Ich dachte, sie hätte erkannt, wer ich war, doch ich erkannte die Aufrichtigkeit in ihren Augen, aber ebenso diesen Blick, welchen ich vor sechs Jahren schon gesehen hatte. Und weißt du, an diesem Tag habe ich mir vorgenommen, ein Auge auf sie zu werfen. Ich konnte ja nicht wissen, dass du bereits ein Auge auf sie geworfen hattest, und meine Rolle als Beschützer einnehmen würdest."

Dadadaa, ich bin verdammt spät mit meinem Kapitel, sorryy hehe
Na, was glaubt ihr, was wird jetzt geschehen? Ich will Thesen, Leute ;b xT

Please, once againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt