»15«

2.7K 131 23
                                    

Einige Sekunden herrschte Schweigen zwischen ihnen, in denen sie gegenseitig den Blickkontakt mieden und in alle Richtungen schauten, außer in die ihres jeweiligen Gegenübers. Hermine biss sich aufgrund der unbehaglichen Stimmung, die so plötzlich zwischen ihnen entstanden war, auf die Lippe und wippte nervös auf den Fußspitzen hin und her, während Harry einfach nur vor ihr stand und allen möglichen Leuten hinterherschaute, die so an ihnen vorbei gingen. 

Sie beide wussten, dass ihr Gespräch noch nicht vorbei war. Sie hatten sich zwar wegen Ron ausgesprochen - was Hermine unglaublich erleichterte und wegen dem Harrys Verständnis ihr neuen Mut gab - aber dennoch gab es da noch diese eine Sache, von der sie wegen jenem Rotschopf abgebracht worden waren. Diese eine kleine Sache, die nicht lange gedauert hatte und nur zufällig entstanden war, und die dennoch ihre ganze Beziehung zueinander dermaßen verkompliziert hatte, dass sie sogar eine Pause hatten einlegen müssen. Und dass sie sich hier und jetzt in genau dieser Situation befanden.

,,Also...", fing sie an zu stammeln und wusste nicht Recht, wie sie beginnen sollte. Sie musste es ansprechen, keine Frage, aber es war deutlich schwerer, als gedacht. ,,Wegen diesem Moment... Du bleibst wirklich bei der Ansicht, dass das zwischen uns nie passiert ist? Nur weil ich es gesagt habe?"

Er nickte. ,,Ja. Wenn wir das Beide einfach vergessen, ist das besser für uns", kam seine einfache Antwort, gefolgt von einem Kopfnicken und wieder mit diesem Tonfall in der Stimme, als wäre das die logischste Sache der Welt. Und wieder wollte Hermine dieser Ansicht einfach nicht zustimmen.

Die Brünette zog skeptisch eine Augenbraue hoch. ,,Und das war's? Wir sollen einfach so tun, als wäre das nie passiert?" Ihr Gegenüber nickte, was ihre Zweifel nur noch mehr wachsen ließ. Harry machte sich die Dinge zu einfach. Er konnte nicht einfach etwas ignorieren, was deutlich passiert war und dann hoffen, dass es dabei bleiben würde. Er konnte nicht einfach Sachen verleugnen, die er nicht wollte und von denen er nicht zugeben wollte, dass sie passiert waren. Er hatte schon immer diese Angewohnheit gehabt, die sie schon öfters auf die Palme gebracht hatte.

Sie schüttelte den Kopf und bemühte sich, ruhig zu bleiben, was ihr aufgrund der fehlenden Logik in seinen Worten äußerst schwer fiel. Aber bei dem Mann vor ihr handelte es sich immer noch um ihren besten Freund; sie kannte diese Angewohnheit und hatte über Jahre hinweg gelernt, sich damit zurecht zu finden.

,, Du kannst das nicht einfach ignorieren, Harry. So einfach ist das nicht; du kannst die Dinge nicht immer so drehen, wie du sie haben willst", erwiderte sie und formulierte ihre Gedanken laut. ,,Es ist deutlich etwas zwischen uns passiert und das kannst du nicht leugnen." 

,,Das tue ich doch auch gar nicht", widersprach er mit einem energischen Kopfschütteln und zusammengekniffenen Augenbrauen. ,,Doch, tust du, denn sonst würdest du nicht einfach so tun, als wäre das nie passiert. Harry, wir können nicht einfach abwarten, bis es wieder passiert und vielleicht sogar..." Mitten im Wort merkte sie, wie weit sie eigentlich gegangen war. Gott, das hatte sie nicht gewollt. Aber sie mussten sich ausreden, weswegen sie tief einatmete und einfach fortfuhr. ,,Vielleicht sogar noch mehr passiert, als dieser Blickkontakt." 

Sie spürte, wie sie errötete und war dankbar für den Wind, der ihr ihre langen Haare ins Gesicht blies und somit ihre geröteten Wangen vor Harry verbarg. Sie hatte ihn immer nur als besten Freund gesehen und niemals als wirklichen Mann. Sie waren Freunde gewesen, da war nie etwas zwischen ihnen passiert und es war nie ein Thema gewesen, dass sie eine Frau war und er ein Mann. Das zwischen ihnen war immer nur pure Freundschaft ohne Hintergedanken gewesen. Und nur wegen dieses einen Blickkontaktes sahen sie sich plötzlich ganz anders als zuvor. Bei ihr zumindest. Wie Harry dazu stand, wusste sie nicht genau, vor allem, da er es einfach komplett ignorierte.

Es war ihr nicht gerade angenehm, diese Worte vor ihrem besten Freund zu formulieren. Reine Freundschaft sollte nicht so etwas beinhalten. Und das zwischen ihnen war reine Freundschaft gewesen und die würde sie liebend gerne wieder herstellen. Aber um das zu erreichen, mussten sie reden, egal wie unangenehm es werden würde.

Der schwarzhaarige Brillenträger vor ihr räusperte sich und vergrub die Hände in den Taschen seines dunklen Mantels, als eine kräftige Windböe kam, die ihr aufgrund ihrer fliegenden Haare die Sicht nahm. ,,Das wird es nicht", hörte sie seine zuversichtliche Stimme, während sie sich ihre Haare gewaltsam aus dem Gesicht entfernte, um wieder etwas sehen zu können. ,,Und warum nicht? Wie sollen wir sicher sein, dass das nicht wieder vorkommen wird?", fragte sie einerseits skeptisch, andererseits auch froh darüber, dass ihr Gegenüber so zuversichtlich war, als der Wind wieder nachließ und sie ihre Haare bändigte.

,,Weil ich verlobt bin und du in einer Beziehung steckst. Und weil ich Ginny liebe und du Draco. Nehme ich zumindest an." Sie legte den Kopf ein wenig genervt schief, weil da schon wieder dieser Unterton in seiner Stimme zu finden war, der ihr den letzten Nerv raubte. Als würde er nicht glauben, dass sie Draco wirklich liebte. Und sie dachte, dass sie das Thema abgeschlossen und Harry ihre Beziehung mit Draco akzeptiert hatte. Doch gerade als sie zu einer Antwort ansetzen wollte, hob Harry beruhigend die Hände, um ihr zu signalisieren, dass er es nicht böse gemeint hatte. ,,Und weil wir beste Freunde sind, Hermine. Und nur Freunde, nicht mehr und nicht weniger."

Hermine ließ seine Worte kurz auf sich einwirken und nickte schließlich. ,,Das macht Sinn. Und wenn wir uns immer an das, was du eben gesagt hast, erinnern, wird das bestimmt nicht wieder vorkommen", sagte sie ebenso optimistisch, wie Harry es war. Natürlich konnte sie nicht wissen, ob die Erinnerung daran, wer sie waren, sie wirklich davor bewahren würde, so etwas noch einmal zu tun, aber sie musste seinen Worten einfach vertrauen. Niemand konnte die Zukunft voraussehen und niemand konnte sich bei einer Sache wirklich hundertprozentig sicher sein. Sie musste einfach Vertrauen. 

,,Und wer garantiert, dass wir uns immer daran erinnern?", fragte Harry, der nun den Skeptischen spielte. ,,Wir", kam ihre einfach gehaltene Antwort. ,,Wenn ich dich sehe, sehe ich meinen besten Freund, mit dem ich 7 Jahre in Hogwarts verbracht und in einem Krieg bedingungslos vertraut und Seite an Seite gekämpft habe. Und ich nehme an, dir geht es genauso. Ich hoffe es zumindest", fügte sie lächelnd hinzu, um die Stimmung noch ein wenig aufzulockern, was nie Schaden konnte. 

Ihr grünäugiges Gegenüber nickte lächelnd. ,,Ja. Du bist meine beste Freundin, die immer der größte Streber in Hogwarts war und mit der ich gegen das Böse gekämpft habe und mit deren Hilfe ich - wir - gewonnen haben", antwortete er. ,,Also keine Pause?" Sie schüttelte den Kopf. ,,Keine Pausen mehr. Ich glaube, die haben unsere Beziehung zueinander noch angespanter und komplizierter gemacht, als sie eh schon war." Der Brillenträger vor ihr nickte zustimmend. ,,Also ist alles gut?"

Sie nickte lächelnd. ,,Ja. Alles ist gut."  


Zufall mit HindernissenWhere stories live. Discover now