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,,Hey. Entschuldige, dass ich ein wenig später komme, Ministeriumsarbeit." Hermine stellte ihre Tasche ab und gab Draco, der auf einem grünen Sessel im Salon saß, einen Kuss zur Begrüßung. Er starrte mit starrem und leerem Blick geradeaus, so als würde er sie gar nicht bemerken. ,,Was ist los?" Sie zog sich einen der vielen smaragdfarbenen Sessel heran und ließ sich in den weichen Stoff sinken, der leicht unter ihrem Gewicht nachgab. Er atmete tief ein und räusperte sich. ,,Meine Mutter - ihre Eule ist heute Morgen angekommen. Übermorgen will sie mir einen Besuch abstatten." Hermine zog die Augenbrauen zusammen. ,,Na und? Deine Mutter kommt dich besuchen - was ist daran so schlimm?" Sie verstand nicht, warum er so besorgt darüber schien. Schließlich war Narzissa Malfoy Dracos Mutter, die im Krieg alles dafür getan hätte, um ihren Sohn zu beschützen. Er müsste sich eigentlich freuen, schließlich sah er seine Eltern nicht oft.

,,Hermine, ich kann sie nicht anlügen." Er sah sie eindringlich an. ,,Ich will das nicht mehr und ich kann das auch nicht mehr. Weißt du noch, als sie uns eines Abends fast erwischt hätte und du dich raus schleichen musstest? Damals fiel es mir schon nicht leicht, ihr nicht die Wahrheit zu erzählen, da ich mich schon in dich verliebt hatte, und heute ist das erst Recht schwer." Es rührte sie, dass er für sie nicht lügen wollte. Sie bedeutete ihm etwas. Sie spürte, wie sich ihr Magen schmerzhaft verkrampfte. Das, was mit Harry geschehen war, war ein Fehltritt gewesen, der nicht hätte passieren dürfen. Sie hätte nicht einmal daran denken sollen. Und Draco hatte es ganz gewiss nicht verdient, so von ihr hintergangen zu werden. Aber wenn sie ihm erzählen würde, wie intensiv der Augenkontakt zwischen ihr und ihrem besten Freund, mit dem sie definitiv zu viel Zeit verbrachte, gewesen war, würde er ausrasten. Und verletzt sein. Und das wollte sie nicht.

Wenn er nichts von diesem kleinen Ausrutscher wusste, war das besser für ihn. Und er musste ihn noch nicht einmal erfahren, da sie den Kontakt zu Harry einschränken und sich keinen Fehltritt mehr erlauben würde. Mühsam verdrängte sie ihr schlechtes Gewissen und machte neuen Gedanken Platz. ,,Das... das bedeutet, dass du ihr von uns erzählen willst. Von unserer Beziehung." Er nickte und sah ihr immer noch in die Augen. ,,Ja, das will ich. Ich will ihr alles sagen, von Anfang an." Sie schluckte schwer. ,,Denkst du denn, dass wir dafür bereit sind?" Sie war es nämlich nicht.

Er nickte. ,,Ja. Wenn wir es weiter hinauszögern, unsere Beziehung öffentlich zu machen, dann werden wir darunter leiden. Die ganzen Versteckspielchen, ich habe keine Lust mehr darauf. Ich will mit dir ausgehen. Hier in London. Und ich denke, wenn wir meine Mutter von uns überzeugen, dann kriegen wir das auch mit der Presse hin." Sie ließ seine Worte einen Augenblick lang auf sich wirken. Er hatte Recht. Es war schade, dass sie ihr Lieblingsrestaurant nicht mit ihm gemeinsam besuchen durfte. Bars waren für sie beide tabu. Sie durften noch nicht einmal auf der Straße nebeneinander gesehen werden. Auf Dauer würde das ihre Beziehung zerstören. Doch ausgerechnet Dracos Mutter davon zu erzählen, schien ihr falsch.

,,Du hast Recht, es wäre besser, wenn wir es öffentlich machen. Aber ausgerechnet deine Mutter soll es als erste erfahren?", formulierte sie ihre Gedanken vorsichtig, was ihr aber offensichtlich misslang, denn Dracos Mine wurde steinern. ,,Wie meinst du das mit meiner Mutter?", fragte er nach, seine Stimme war eisig und sie hätte schwören können, dass die Raumtemperatur um mindestens Zehn Grad sank. Ihr Blick schweifte ab und untersuchte den Raum, den sie zwar in - und auswendig kannte, aber ihr trotzdem angemessener als seine Augen schien. 

,,Nun, also", setzte sie zu einer Antwort an, ,,deine Mutter hat Harry zwar im Krieg das Leben gerettet, aber -" Weiter kam sie nicht, denn Draco fiel ihr abrupt ins Wort. ,,- aber sie ist noch immer eine Todesserin und sitzt nur durch Glück nicht in Askaban? Hermine, hör auf, so altmodisch zu denken. Die Zeiten ändern sich, Leute können sich ändern. Meine Mutter war nie ganz überzeugt von Voldemort und seinem Idealbild. Also bitte hör auf mit deiner zurückgebliebenen Meinung."

Zufall mit HindernissenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt