33.

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~ 33 ~

Mira

Ich werde wach, als ich spüre wie sich neben mir etwas bewegt. Verschlafen blinzle ich gegen das grelle Licht an und versuche etwas zu erkennen. Mein Kopf pocht, als wäre ich sehr hart gegen etwas gestoßen und meine Glieder schmerzen, als wäre ich den Marathon meines Lebens gelaufen.

Als ich eine Berührung an meiner Wange spüre, zucke ich zusammen und öffne meine Augen endgültig.

»Wie fühlst du dich?« Kyle sitzt auf der Bettkante und sieht mich aufmerksam an. Als ich mich umsehe merke ich, dass es bereits taghell ist.

»Wie spät ist es?«

»15 Uhr.«


»Was!?« Wie komme ich dazu bis 15 Uhr zu schlafen? Und weshalb ist Kyle überhaupt hier bei mir? Und wieso kann ich mich an den gestrigen Abend nur teilweise erinnern? Und wie bin ich überhaupt in mein Zimmer gekommen?


»Bleib liegen!«, hält er mich auf, als ich mich aufsetzen will. »Wer weiß, ob deine Beine dich überhaupt schon tragen.«


»Was zum Teufel redest du da?« Meine Beine sollen mich nicht tragen können? Geht's ihm gut? Ich meine ich habe in der Nacht wohl kaum 150kg zugenommen. Oder doch?

Ein Blick unter die Decke zeigt mir, dass dem nicht so ist. Aber etwas ganz anderes bereitet mir plötzlich Sorgen.

»Warum trage ich nichts außer Unterwäsche?« Kyle runzelt die Stirn und will gerade anfangen zu reden, da habe ich schon verstanden. »Oh Gott, wie konnte das passieren. Scheiße, Kyle. Wieso hast du nichts dagegen getan? Und wieso kann ich mich nicht daran erinnern?« Ich vergrabe das Gesicht in meinen Händen, raufe mir die Haare und hasse mich in diesem Moment selbst so sehr. Die schlimmsten Bilder flattern mir durch den Kopf. »Warst du etwa auch betrunken oder hast du meine Situation einfach ausgenutzt?«

»Jetzt hör mir doch mal zu!« Er reißt mir die Hände vom Gesicht und stützt sich über mir ab, damit er mir ins Gesicht sehen kann. »Wir haben nicht miteinander geschlafen! Bist du denn total des Wahnsinns?«

Ich schlucke. Gott sei Dank. »Was ist dann passiert? Wieso bist du hier und wieso kann ich mich an gestern nicht mehr erinnern?«

Kyle beruhigt sich wieder und setzt sich auf. Mich trotzdem noch ganz genau im Blick, so als könne ich jede Sekunde ohnmächtig werden. »Erinnerst du dich noch an Reece?« Reece... Na klar, Clara's Bekanntschaft. Sie hatte mich doch so gedrängt ihn kennenzulernen.

Als ich nicke, fährt er fort. »Der Typ wollte dich flachlegen. Hat dir Betäubungsmittel gegeben, um dich gefügig zu machen.«

Mir fällt die Kinnlade nach unten. Was zum... Reece? Mir Betäubungsmittel gegeben? »Wie... wie konnte das...«

»Vermutlich hast du ein Getränk von ihm entgegen genommen und er hat dir vorher schon ein bisschen von dem Zeug ins Glas getan.« Ich sehe wie er die Hände zu Fäusten ballt und kräftig schluckt.

»Was ist mit deinen Knöcheln passiert?« Jetzt setze ich mich doch auf. An Kyle's Fingerknöcheln sind Abschürfungen und blaue Flecken zu erkennen.


»Denkst du ich lasse dieses Arschloch ungestraft davon kommen?« Er lacht bitter und mustert jetzt auch seine Verletzung. »Er hat geheult wie ein kleines Baby. Dieser Wichser.«

»Du hast dich mit ihm geprügelt? Meinetwegen?« Ich schlucke.

»Von prügeln kann keine Rede sein. Der Typ hat ja nicht mal zurück geschlagen.« Er schüttelt den Kopf und sieht mich dann wieder an. Eine tiefe Falte erscheint zwischen seinen Brauen und er mustert mich mit schief gelegtem Kopf. »Und ja, deinetwegen. Ich hab mir echt Sorgen gemacht, als du keinerlei Regungen gezeigt hast und so schlaff in meinen Armen hingst.« Er spricht leise, fast schon so als würde er das gar nicht sagen wollen. Aber er hat es ausgesprochen und seine Worte bereiten mir auf gruselige Art und Weise ein komisches Kribbeln auf der Haut.


»Hast du hier geschlafen? Ich meine, mit mir zusammen im...«

»Ja.«

Ich weiche seinem Blick aus und nicke stumm. »Danke«, presse ich irgendwann hervor. »Ich meine dafür, dass du mich nicht einfach dort hast liegen lassen.«


Er schnauft und erhebt sich dann. »Du denkst wirklich ich bin ein Unmensch. Als ob ich dich dort hätte lassen können.« Bevor ich noch irgendetwas sagen kann flüchtet er zur Tür raus und lässt mich völlig durcheinander zurück.


Was habe ich denn jetzt wieder falsches gesagt?

**

»Ich bringe den Kerl um!«


»Jetzt beruhig dich, Baby!« Isaac zieht Clara an ihren Armen wieder zurück auf den Stuhl. Sie ist wirklich außer sich vor Wut.


»Es ist doch nichts schlimmes passiert. Kyle hat rechtzeitig-«

»Das ist mir egal!«, unterbricht sie mich und funkelt mich wütend an. »Reece wird das noch bereuen. Dieses Arschloch!«


»Wow!« Matt erscheint ebenfalls am Tisch und hebt die Hände, als wäre er von der Polizei gerade dazu aufgefordert worden. »Hier herrscht ja eine Bombenstimmung.«

»Reece hat Mira Betäubungsmittel verabreicht!«, lässt Clara auch sofort schon die Bombe platzen. So aufgeregt habe ich sie wirklich noch nie erlebt.

»Er hat was?!« Matt lässt sich sofort auf den Stuhl neben mir fallen und sieht mich aufmerksam an. »Scheiße, geht es dir gut?«

»Mir geht es bestens, ehrlich. Ich merke das fast gar nicht mehr. Ich bin zwar noch etwas schlapp, aber-«

»Kein aber!« Jetzt springt Clara doch wieder auf. Zu schnell für Isaac, denn der kann nicht mehr reagieren, so schnell hat sie sich ihre Tasche geschnappt und rennt davon, mit etlichen Flüchen, die ihren Mund verlassen

»Was hat sie denn vor?«, frage ich völlig perplex.

»Wahrscheinlich werden Reece die Eier jetzt bis zur Schuhsole gezogen.« Isaac zuckt gelangweilt mit den Schultern, erhebt sich ebenfalls langsam und trottet ihr dann hinterher.

Plötzlich wird mir doch wieder etwas schwindelig. Ich stütze meinen Kopf auf meiner Hand ab und schließe kurz die Augen, damit sich aufhört alles zu drehen.


»Hey, geht es dir gut?« Matt beugt sich zu mir runter und legt beruhigend eine Hand auf meinen Rücken. »Soll ich einen Arzt rufen? Mit diesem Scheißzeug ist wirklich nicht zu spaßen.«

Ich schüttle den Kopf, ein Fehler. Sofort fange ich an Sternchen zu sehen. »Es geht schon, war wohl einfach nur etwas zu viel Hektik gerade.«


Was auch immer Matt sagen wollte vergisst er, als Kyle auf uns zugelaufen kommt. »Matt, ich brauch dich. Es hat wieder angefangen!« Erst jetzt scheint er mich zu bemerken. »Alles okay bei dir?«

»Tu nicht so als würde dich das in irgendeiner Weise interessieren!«, keife ich sofort. Das ist doch immerhin mein gutes Recht, nachdem er mich einfach in meinem Zimmer hat sitzen lassen.


»Das ist also der Dank dafür, dass ich dir deinen süßen Arsch gerettet habe.« In seinen Augen blitzt es gefährlich, deshalb halte ich lieber die Klappe. Ich bin gerade wirklich nicht in der Verfassung mich in irgendeiner Weise mit ihm auseinandersetzen zu können. Und irgendwie hat er ja auch Recht. »Matt, es ist wichtig. Jetzt beweg dich.«, richtet er sich wieder an Matt und erst jetzt fällt mir auf, wie nervös er ist.


»Ich kann hier gerade nicht weg, sieh dir Mira an. Wir können sie unmöglich alleine lassen!«

Jetzt sind beide Augenpaare auf mich gerichtet, was mich ziemlich verunsichert. »Ich kann auch alleine -«

»Nein!« Ich schaue Kyle wütend an. Ist heute eigentlich der Heute fallen wir Mira mal alle ins Wort -Tag? »Nimm sie eben mit.«


»Was!?«, kommt es von Matt und mir gleichzeitig.


»Was haben wir für eine andere Wahl, Matt? Es ist dringend!«

»Aber wenn sie Kimberly -«


»Das ist mir scheiß egal!«, brüllt Kyle und fasst sich ins Haar. Sein Blick erschreckt mich, er scheint völlig außer Kontrolle. »Jetzt kommt endlich, es kann jede Sekunde zu spät sein!«


Schneller als ich überhaupt gucken kann werde ich von Matt gepackt und aus meinem Stuhl gerissen, ehe wir Kyle hinterher rennen und uns  kurze Zeit später schon in seinem Auto befinden, in dem wir mit mörderischer Geschwindigkeit davon rasen.

HOLD ME TIGHT - abgeschlossenWhere stories live. Discover now