27.Kapitel

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Die nächsten zwei Nächte musste ich im Krankenhaus verbringen. Nur als Vorsorge wegen meiner Gehirnerschütterung. Da ich immer abends Schmerztabletten bekommen habe, die mich nach der Einnahme weghauten, konnte ich so gut schlafen wie noch nie. Ohne Alpträume, ohne nichts. Es war wundervoll.

Nun sind aber die tollen Schmerzmittel abgesetzt und ich packe meine Tasche. Jetzt geht es wieder nach Hause. Darüber freue ich mich. Die Ärzten gehe mir auf die Eierstöcke. Sie meinten mich zu belehren, dass ich mehr essen soll. Ganz knapp konnte ich verhindern, dass sie mich auf eine andere Station verlegen, wo ich so schnell erstmal nicht raus käme. Den Fachausdruck für die Station habe ich vergessen, aber dort kommen alle hin, die Essenprobleme haben. Also so jemand wie ich.

"Hallo Claire. Bist du fertig mit packen? Dann können wir jetzt fahren", fragt mich Michael, der gerade mein Zimmer betritt.

Nach unseren Gespräch stehen wir uns näher, als sonst zuvor. Heute sieht er auch wieder viel besser aus,  was mich beruhigt. Die letzten Tage waren für ihn nicht einfach, doch hat er sich wieder gefangen. Er strahlt wieder seine gewohnte Ausstrahlung aus. Heute morgen habe ich ihn auch gefragt, ob es ihm wieder besser gehen würde. Er meinte ja. Doch ob er mich angelogen hat, weiß ich nicht. Ich glaube nicht. Noch immer fühle ich mich für seinen kleinen Rückfall schuldig. Ich hoffe, es bleibt bei so einem kleinen und das es sich nicht wiederholt. Es bereitet mir furchtbare Angst. Ich bin an allem Schuld.

"Ich glaube, ich habe alles eingepackt. Können wir bitte so schnell wie es geht verschwinden?"

Ich will einfach nur weg von hier. Vorallem aus dem Zimmer. Gestern, als ich draußen auf den Flur spazieren gegangen bin und dann zurück ins Zimmer gehen wollte, ist mir nämlich etwas aufgefallen.

Es ist das gleiche, auf der mein Bruder kurzzeitig lag. Dann ist mir auch aufgefallen, dass ich mich im gleichen Krankenhaus befinde. Als mir das klar wurde, habe ich die ganze Zeit ein komisches Gefühl im Bauch.

"Was hältst du davon, wenn ich dir heute mal mein Zuhause zeige?", fragt Michael.

"Das wäre cool", antworte ich. Innerlich platze ich schon vor Neugier, wie Michaels Wohnung aussieht. Mein Kopf stellt sich schon einige Häuser vor. Von einer Villa, bis zu einem Mordhaus und zurück zu einem Reihenhaus.

"Dann lass uns jetzt gehen, oder schleichen.", meine ich.

Uns beiden geht es besser, aber die Überbleibsel der Prügelei kann man immer noch erkennen. Wir gehen wie Omas. Unsere Gesichter sind blau und grün. Wenn ich eine falsche Bewegung mache, schmerzt mein Brustkorb. Michael ergeht es nicht anders.

Die Polizei hat uns auch vernommen, als sie gestern da waren. Kevins Gang wird für eine längere Zeit hinter Gittern bleiben und kein Unheil mehr anrichten können. Die Polizisten meinten, wir wären tapfer gewesen. Wenn wir eine Anzeige machen würden, würden wir auch Schmerzensgeld bekommen.
Michael und ich sind einer Meinung. Wir möchten keine machen, weil wir sonst alles nochmal Aussagen und ins Gericht müssten. Auch ohne unsere Anzeige kommt Kevin und seine Kumpels ins Gefängnis. Das reicht Michael und mir vollkommen.

Der eine Polizist hat mir auch noch eine Nachricht von Kevin weiter gegeben. Als erstes wollte ich sie gar nicht wissen. Ich will nichts mehr mit diesem Typen zutun haben.
Meine Neugier hat schlussendlich aber gesiegt. Er hat mir erzählt, dass es Kevin sehr leid tut. Das er nicht wollte, dass alles so passiert außerdem hat er gesagt, dass ich zu James gehen soll. Ich soll ihm erklären, dass Kevin ihn angelogen hat, weil er etwas schlimmes machen musste, damit er von seinen Kumpels respektiert wird. In meinen Augen ist das einfach nur Schwachsinn und absolut dumm.

Seitdem überlege ich auch zu James zu gehen und alles zu erklären. Unwahrscheinlich, dass er mir glaubt und mir den Job zurück gibt, doch eine Chance wäre es schon, einfach ins Restaurant zu gehen.
Aber irgendwie will ich es nicht.
Ein innerer Konflikt wütet seit gestern in mir. Soll ich, oder soll ich nicht? Zu verlieren habe ich nichts. Aber irgendwie will ich nicht.

No Reason to LiveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt