17. Kapitel

389 32 201
                                    

Das Wochenende zog sich und zog sich. Ich tat wirklich nichts spannendes, außer die gewöhnlichen Sachen die jeder macht. Sogar gegessen habe ich und das, ohne es wieder auszuspucken. Für eine Schnitte habe ich eine Stunde gebraucht, aber lieber lange als nichts.

Eigentlich habe ich gedacht, dass Michael mich besuchen kommt, aber da habe ich mich wohl getäuscht. Das ist nicht schlimm, denn wir sind keine Freunde oder so was. Ich habe nur gedacht, dass Michael kommen wird, weil er meinte, das wir uns schon früher sehen werden, als ich dachte.
Mir soll es egal sein. Es ist seine Angelegenheit, wenn er etwas mit einem geistigen Krüppel zu tun haben will.

Doch nun habe ich das Wochenende überlebt und bin auf dem Weg zur Arbeit. Die Leute sehen mir mal wieder blöd hinterher. Irgendwann werde ich sie meine Faust küssen lassen. Wirklich. Irgendwann werden sie meine Faust in ihrer Visage haben und nicht nur leicht, wie ein Küken, sondern hart wie Stahl.

Schneller, als ich mir die Szenen ausmalen kann, bin ich schon im Restaurant. Doch als mein Chef mich böse von weiten anschaut, bekomme ich Angst. Meine Nackenhaare stellen sich auf und am liebsten würde ich mich um drehen und so schnell es geht raus rennen. Womöglich würde ich dann gegen die Scheibe laufen. Bei meinen Glück wäre dies nicht ungewöhnlich.

Der Rothaarige kommt auf mich zu und zischt zu mir: "Küche. Jetzt. Sofort. Keine. Widerrede".
Natürlich mache ich das, was von mir verlangt wird.

Aber was ich habe ich nur getan, dass er so wütend ist?

In der Küche halte ich erstmal Sicherheitsabstand und checke, dass sich in der Nähe meines Chefs auch kein Messer befindet. Er hat also keine Chance mich abzustechen. Ob das etwas gutes für mich ist, weiß ich nicht.
Nur ein paar Köche sind hier, die so tun, als ob sie uns nicht beobachten würden. Neugier ist keine Schande.

"Claire Prince! Ich habe dich fast genau vor einem Jahr hier eingestellt. Und warum? Weil ich in deinem Blick etwas gesehen habe, was in mir Mitleid ausgelöst hat. Nie habe ich auch nur eine Frage gestellt, warum du immer dünner wurdest. Warum immer dunklere Augenringe in deinem Gesicht zu sehen ist. Nie, wirklich nie, habe ich dich verurteilt. Ich wusste nur, dass es dir nicht gut geht, aber das du mich so hintergehst, hätte ich nie von dir gedacht."

Er brüllt mich an und immer noch frage ich mich, was ich gemacht habe. Wie habe ich ihn hintergangen? Was habe ich falsch gemacht? Ich kann mich an nichts erinnern.

"Was habe ich gemacht?", frage ich ganz leise. Noch immer habe ich Angst. Dieser hasserfüllte Blick,
lässt mich zittern.

"DAS FRAGST DU NOCH? DU BIST DOCH WIRKLICH EINE FALSCHE SCHLANGE."

Er holt Luft und versucht sich zu beruhigen. Seine Stimme wird etwas leiser. Meine Hand umklammert das Medailon.

"Kevin hat mir erzählt, was DU alles über mich hinter meinen Rücken erzählst. Wie scheiße ich bin und so weiter. Wer glaubst du zu sein, das du dir soetwas erlauben kannst? Ich habe immer gedacht, du wärst jemand vernünftiges, aber nein. Du bist eine hinterhältige Schlange. Tust auch noch, als ob du nichts wüsstest. Du bist gefeuert. Nimm deine Sachen und verschwinde. Hausverbot hast du natürlich auch."

Mein jetzt ehemaliger Chef schiebt mich aus der Küche und dann direkt aus der Eingangstür. Perplex bleibe ich davor stehen. Eine riesen fettes Fragezeichen ist vor meinen Augen. Was habe ich Kevin erzählt? Nichts, nichts über unseren Chef, nichts über mein Leben, rein gar nichts.

Ich versetze mich in das Gespräch von Freitag zurück. Jeder Augenblick, an das ich mich noch erinnern kann, doch kann ich nichts finden, was verdächtig sein könnte. Verdächtig im Sinne von, dass er mir scheiße erzählt hat und mich nur getäuscht habe. Keine Frage, er ist ein gewaltiger Arsch, doch ich habe mich wieder getäuscht. In jemanden, den ich nicht mal kenne.

No Reason to LiveWhere stories live. Discover now