Call no. 8 / pt. 3

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Ich wurde also zu seiner Lady, wenn man es so nennen konnte.
Er machte mich zu seiner Lady.
Zu der Frau, die er an seiner Seite haben wollte.

Und ich hatte damit nach einiger Zeit absolut kein Problem mehr.
Manchmal wollte ich damit ein Problem haben, doch dann wollte ich es auch wieder nicht.

Wir saßen an demselben Abend in meinem Wohnzimmer. Wir redeten nur. Er lag ausgestreckt auf meiner Couch, ich lag an ihm angelehnt dort. Mein Kopf lag an seiner Brust an, sein Arm schlängelte sich im Laufe des Gesprächs zu dem Punkt, an dem seine Hand auf meiner Hüfte lose herum lang. Wahrscheinlich konnte er meinen Hüftknochen unter seiner Handfläche spüren, wahrscheinlich konnte er mein Herz schlagen fühlen, so wie ich seins schlagen fühlte.

Ich sah etwas zu ihm hoch, so weit es mir in meiner Position möglich war.
Am Fernseher lief ein wahllos ausgewählter Film, den ich auf stumm gestellt hatte, da er mich davon abhielt, ihm in vollen Zügen zuzuhören.

"Erinnerst du dich daran, dass ich gesagt hab, jede Nacht nur eine Frage?"

"Ja", antwortete ich.

"Stell mir in Zukunft so viele Fragen, wie du nur möchtest."

Ich verzog mein Gesicht, beobachtete die Kerze neben meinem Fernseher, die er angezündet hatte, nachdem ich ihn drum bat.

"Erzähl mir was von dir."

"Ich bin keine interessante Person.", sagte ich kleinlich. Ich konnte seinen Blick in meinem Hinterkopf spüren. Wie er wohl seinen Kopf schüttelte. "Wirklich nicht", fügte ich ehrlich gemeint hinzu.

Ich sah mich nie als eine interessante Person. Nie. Nicht mal, als ich noch ein Kind war.

"Du hast dich mir ein Stückchen anvertraut, an dir ist weitaus mehr interessant als du glaubst."

Ich lächelte, setzte mich auf und drehte mich um. Er lächelte nicht, sondern sah mich mit glänzenden Augen an. Die Art von Glanz, die kostbarer Schmuck hat. Mit diesem Glanz in seinen Augen, die so dunkel und voll wirkten, sah er mich an. Und sein Gesichtsausdruck war so normal, dass ich ihn nicht lesen konnte.

Mein Kopf hörte auf gegen ihn anzukämpfen, als ich es einfach zu ließ, ihn herein zu lassen. Als ich zuließ, dass er in meinem Leben zu existieren begann.
Es fühlte sich gut an, sich keine Gedanken mehr machen zu müssen. Sich sagen zu müssen, es war alles falsch.
Natürlich dachte ich noch oft über die Korrektheit von alldem nach, doch zweifelte weniger an mir. Zweifelte weniger an ihm. Denn ich steckte bereits zu tief in dieser Geschichte, um ungestraft heraus zu kommen. Und er sowieso.

Wieso also nicht eine Art Joker und Harley Quinn Geschichte aufbauen?

Ich konnte keinem mehr entkommen.
Und vor allem wollte ich ihm nicht mehr entkommen, denn er war mein einziger Lichtblick, der mich mit dem realen Leben füllte. Alles schien mir so surreal, bevor ich ihm leibhaftig begegnete. Alles schien mir so fake zu sein.

Ein gefaktes Leben in einer falschen Stadt, die mich herunter zog und erwürgte.
Ein gefaktes Lächeln, da ich jedem gefallen musste.

Er brachte mir bei, dass ich keinem zu gefallen hatte.
Dass ich nicht die sein musste, die alle in mir sehen wollten.
Dass ich kein Leben leben musste, das ich nicht leben wollte. Das mich langweilte.

Es klingt komisch, doch er wurde zu meinem Ausweg. Zu meiner Rettung. Er änderte von Stunde zu Stunde, die er bei mir verbrachte, mit mir verbrachte, einen Teil von mir. Mein Ich, immer stärker und stärker. Ihm machte es nichts, wenn ich außer mir war. Ihm machte es nichts, wenn ich ihm meine dunkelsten Seiten zeigte. Ihm machte es nichts, wenn ich mal zusammen brach. Und ihm machte es nichts, wenn ich so aus mir heraus kam, dass ich mich wie eine Verrückte fühlte.

112 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt