Call no. 5

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Anruf Nummer 5 war anders als alle Anrufe zuvor.

Er jagte mir von allen bisherigen Anrufen am meisten Schrecken ein.

Es fing alles damit an, dass ich an meinem Tisch saß, den Computer vor mir hatte und mich mit einem Kind am Telefon beschäftigte, das anrief, da seine Eltern nicht Zuhause waren und es sich die Hand in einem Kinderzaun, den man vor Treppen oder so macht, eingeklemmt hatte, und nicht wieder heraus bekam.

Wie man genau so etwas schaffen konnte, war vollkommen unklar für mich.

Jenny und Ich hielten es ebenfalls für besser, unserem Chef noch nichts von den Anrufen von T zu erzählen. Wir dachten einfach, dass es besser sei, bis wir mehr erfahren hatten. Jenny war so sehr in dem Geschehen drinnen wie ich, nur deckte sie mir jedes Mal den Rücken.

"Okay Pascal, bleib einfach ganz ruhig. Weißt du, ob die Haustür offen ist?", fragte ich den kleinen Jungen, den ich am Telefon hatte.

"Sie ist zu.", sagte er, "Ich brauch Hilfe."

"Ich sende dir Hilfe, keine Sorge."

Natürlich sendete ich Sam zu Pascal. Sam und seine Männer, sonst keinen. Sie müssten nur irgendwie ins Haus kommen und den kleinen Pascal aus dem kleinen Zaun befreien.

"Pascal, weißt du wo Mama und Papa hin gefahren sind?"

"Sie sind zu Oma gegangen. Oma wohnt nebenan."

"Okay, und hast du schon einmal probiert, Mama und Papa zu erreichen?"

"Ja, sie gehen nicht ran."

"Okay", sagte ich noch.

Ich sah, wie Jenny telefonierte und mich ansah. Sie sagte nicht viel, sondern schaute mich mit diesem Blick an, der mir irgendwas sagen sollte. Und ich hatte eine Vorahnung, was dieser Blick mir sagen sollte.

"Ich bin am telefonieren!", zischte ich ihr zu, wurde dabei immer nervöser, da es 8:30 Uhr morgens war und er um diese Zeit schon anrief.

"Denkst du, das seh ich nicht?", zischte Jenny zurück und fegte sich ihre langen Haarsträhnen aus dem Gesicht, "Wir tauschen!"

"Wir was?!", flüsterte ich zurück.

"Wir tauschen, jetzt!", sagte sie und stand auf, ging zu mir rüber, nahm mir das Telefon aus der Hand und sah auf den Computerbildschirm, auf dem alle Daten von Pascal's Fall standen. "Hallo Pascal, ich heiße Jenny, geht es dir bisher gut?", sagte sie dann.

Ich schüttelte ungläubig den Kopf, stand auf und ließ sie auf meinem Platz sitzen, da es ihr Dickkopf nicht anders möglich machte. Angespannt ließ ich mich in ihren Drehstuhl fallen, sah auf das Kabeltelefon und auf den Computer, auf dem bisher absolut nichts stand. Bevor ich ran ging, öffnete ich den Ordner im System, der den Namen 'T' trug. Mich schockierte es schon genug, dass es bereits so weit kommen musste.

"122, wie kann ich Ihnen helfen?", fragte ich dennoch. Ich wusste auch nicht, wieso ich es überhaupt noch fragte. Ich wusste absolut nichts mehr.

"Lucy, schön, Ihre Stimme zu hören.", grüßte er mich mit Freude in seiner Stimme. Ich hörte ihn irgendwo entlang laufen, hörte Autos fahren.

"Was ist es diesmal?"

"Sie meinen, wie ich Sie dieses Mal versuche herauszufordern, damit Sie weiter im Dunkeln tappen?", lachte er mich schamlos aus, "Sie lachen ja überhaupt nicht."

"Weil es nicht witzig ist. Nichts davon ist witzig.", kommentierte ich.

"Sie sind einfach zu verklemmt für einen solchen Humor."

112 Where stories live. Discover now