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May saß am Rande des großen Felsens, mehrere Meter über der Tiefe.
Man hörte wie die Wellen gegen die Felsen schlugen und anschließend auf den schwarzen Sand rollten.
Es war, als hätten wir eine Verabredung.
Ich kam jeden Abend zur gleichen Zeit hier her, weil ich wusste, dass sie da sein würde.  

Ich hatte mir vorgenommen, heute mit ihr zu sprechen.
Ich wollte wissen, seit wann ihre Mutter nicht mehr bei ihnen zu Hause schlief.
Ich wollte wissen, ob in ihrer Familie alles in Ordnung war.
Ich wollte wissen, wie es ihrem Bruder ging.
Ich wollte wissen, weshalb sie vorgab, glücklich zu sein, wenn sie es offensichtlich nicht war.
Ich wollte wissen, ob ich der einzige war, der dies bemerkte.
Ich wollte wissen, ob ich der einzige war, der sich um sie sorgte. 
Ich wollte wissen, wie es ihr wirklich ging.

Wie jeden Abend ließ ich mich neben ihr nieder, die Beine über dem Abgrund baumelnd.
Wie jeden Abend sagte May nichts, als ich mich zu ihr setzte.
Wie jeden Abend redeten wir nicht miteinander; saßen bloß in einvernehmlichen Schweigen nebeneinander.
Wie jeden Abend fragte ich mich, ob sie meine Anwesenheit störte.
Wie jeden Abend saß ich so nahe neben ihr, dass ich ihren Geruch einatmen konnte.    

Heute war es Weintraube.

das nächste kapitel ist dann das ende
ich persönlich werde die geschichte vermissen 
xx


mayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt