16.

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May saß am Rande des großen Felsens, mehrere Meter über der Tiefe.
Man hörte wie die Wellen gegen die Felsen schlugen und anschließend auf den schwarzen Sand rollten.
Es war, als hätten wir eine Verabredung.
Ich kam jeden Abend zur gleichen Zeit hier her, weil ich wusste, dass sie da sein würde.  

Ich hatte mir vorgenommen, heute mit ihr zu sprechen. 
Ich wollte wissen, warum sie heute morgen erst zur dritten Stunde in die Schule kam.
Ich wollte wissen, was sie vor dem Unterricht zum Weinen gebracht hatte. 
Ich wollte wissen, welche Worte sie dem Lehrer heiser zugeflüstert hatte, um ihr Fehlen zu erklären. 
Ich wollte wissen, wieso sie in der siebten Stunde einfach aus dem Zimmer gerannt war. 
Ich wollte wissen, woher die lila-blauen Flecken an ihrem Hals kamen.
Ich wollte wissen, warum sie unaufhörlich, offensichtlich ziemlich sauer, Gras aus der trockenen Erde riss.

Wie jeden Abend ließ ich mich neben ihr nieder, die Beine über dem Abgrund baumelnd.
Wie jeden Abend sagte May nichts, als ich mich zu ihr setzte.
Wie jeden Abend redeten wir nicht miteinander; saßen bloß in einvernehmlichen Schweigen nebeneinander.
Wie jeden Abend fragte ich mich, ob sie meine Anwesenheit störte.
Wie jeden Abend saß ich so nahe neben ihr, dass ich ihren Geruch einatmen konnte.

Heute war es Limette.  

mayWhere stories live. Discover now