Viel Lärm um Nichts

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Ironischer Weise, war das Wetter schon am Morgen trüb und schwül. Die Wolken hingen tief über der Stadt und verschluckten die Spitzen der Wolkenkratzer. Ich hatte richtig mies geschlafen und ein Pochen an meinen Schläfen kündete nahende Kopfschmerzen an. Auch Daehyun hatte beim Frühstück weniger als sonst gelacht und nachdenklich auf seinen Teller geschaut.

Das Surren des Motors ließ mich fast einschlafen und als ich von dem kühlen, dunklen Marmor des Anzuggeschäftes umgeben war, klebte mein Hemd unangenehm auf meiner Haut. Daehyun, welchem die gesamte Prozedur inzwischen bekannt war, stand schon bereit auf dem kleinen Hocker und blickte außerordentlich düster. Etwas, das meine Mundwinkel wenigstens ein klein wenig nach oben zwang.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie mich einer der Angestellten abwartend musterte und zwang mich dazu ein wenig strammer da zustehen und den Kopf zu heben. Nicht, dass er mir gleich einen Samtstuhl unter den Hintern schieben würde. Nicht einmal Graf Dracula konnte mich dazu bringen so tief zu sinken.

Als Daehyun endlich von dem kleinen Hocker steigen und wieder Herr über seine Gliedmaßen sein durfte, begaben wir uns aus der erdrückenden Kühle in die erstickende Schwüle. Selbst die Bäume ließen ihre ausgewaschenen Blätter hängen.

Ein Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk sagte mir, dass wir noch gute sieben Stunden hatten, ehe wir zum Abendessen, bei meiner Tante erscheinen mussten. Mein Magen knotete sich ein wenig zusammen.

Versteht mich nicht falsch. Alleine oder mit meiner Familie, hatte ich mich schon oft genug in die Höhle des Löwen gewagt und war auch immer Lebend wieder rausgekommen. Meine Sorge galt ganz allein Daehyun, welcher zwar nicht dumm, aber auch nicht aus demselben Holz geschnitzt war wie ich.

Auch wenn der emotionale Teil meines Hirns sich dagegen stemmte, so fand ich es doch am besten, wenn Daehyun sobald wie möglich auszog. Erstens war er dann vor meiner Verwandtschaft sicher, andererseits konnte ich dann vielleicht endlich herausfinden, welches Mädchen ihren Finger um ihn gewickelt hatte.

Wieder zurück im Penthouse ließ ich mich auf das Sofa sinken und starrte die im Licht gräulich wirkende Wand an. Daedae legte seinen nicht mehr ganz so kleinen Kopf auf meinem Knie ab und ich fuhr im gedankenverloren mit den Fingern durch das weiche Fell, was er mit einem tiefen Rumpeln in der Brust quittierte.

Vielleicht sollte ich ihn ja mitnehmen, damit meine Tante einen Herzinfarkt erleiden würde. Auch wenn es grausam erschien gefiel mir der Gedanke gut und hey, Mord kam in den besten Familien vor.

Mein Blick fiel auf Daehyun, welcher ebenso motiviert wie ich Daedae beobachtete und ich hatte ein wenig erbarmen.

„Sie wird dich sicher mit einer Menge Fragen nerven. Denk dir irgendwas Zufriedenstellendes aus und Antworte einfach so kurz wie möglich. Ansonsten müsste sie dich in Frieden lassen."

Ja, dass mit dem Beruhigen konnte ich noch nicht so gut, aber Daehyun wusste schon, was ich versuchte und nahm meinen Ratschlag dankbar an. Den Rest der Zeit, bis meine Eltern aus meinem zukünftigen Empire kamen und gleich unsere fertigen Anzüge mitbrachten, verbrachten wir mit Antworten ausdenken.

Wir waren soweit gekommen, dass Daehyun ein indischer Prinz war der jeden Tag hart und Gerecht Hawaii regierte. In seiner Freizeit veranstaltete er gerne Pferderennen, züchtete Kokospalmen und trug zum Schutz der mesopotamischen Wüstenspringmäuse bei. Ich hatte ihn bei einer Dschunken Fahrt im peruanischen Urwald kennengelernt, wo ich ein Schutzprojekt für Wasserfrösche leitete.

Ein zweiter Blick auf die Uhr an diesem Tag sagte mir, dass es Zeit war sich die steifen Anzüge anzuziehen und Daedae in der Obhut unserer Haushälterin zu lassen. Sowohl die Geschichte meines Freundes, dem indischen Prinzen, als auch die Vollstreckung des Mordes an meiner Tante, würde ich mir wohl oder übel für einen anderen Tag aufsparen müssen.

Ferien/ Hölle auf dem BauernhofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt