Am Ende machte mein Vater eine wegwerfende Handbewegung und ich musste ihm in Gedanken zustimmen. Immerhin hatten meine Eltern noch nicht alle Geschütze aufgefahren, wenn es um die Versorgung eines „Familienmitgliedes" ging.

Um die nun etwas zu sentimentale Stimmung für meinen Geschmack zu durchbrechen, packte ich Daehyun kurzerhand am Arm und zog ihn mit mir zu den Garderoben.

„Komm, lass und schnell umziehen gehen und dann verschwinden. Ich hab schon immer gefunden, dass es hier in diesen Räumen unangenehm zieht."

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Das Opernhaus war randvoll mit Leuten. Von geschmacklosen Kleidern bis hin zu pompösen Roben war alles vertreten. Ich hatte Spaß daran von unserer Lounge aus alle Pseudoreichen zu demaskieren und Daehyun auf jeden Banausen in Anzug und Krawatte hinzuweisen.

Unsere Lounge war, wie die meisten, eine private Lounge und so hatten wir den gesamten kleinen Raum für uns. Ich beobachtete amüsiert, wie Daehyun sich immer wieder heimlich mit großen Augen in dem teuer ausgestatteten Zimmerchen umsah.

Von unserem Balkon aus, hatte man einen perfekten Blick auf die Bühne und den Orchestergraben und die bequemen, weichen Sitze, luden nur dazu ein darin zu versinken. Nachdem alle Leute unter größter Mühe und Anstrengung ihre Plätze gefunden hatten und das monotone Gemurmel im Saal zu einem Flüstern abgeklungen war ging das Licht aus und die Oper „Don Giovanni" begann.

Hin und wieder warf ich einen belustigten Blick auf Daehyun, welcher begeistert einen Akt nach dem anderen verfolgte.

Als dann zur Pause wieder die Lichter angingen und ich es mir erlaubte mich schnell zu Strecken, drehte sich Daehyun erfreut zu mir um.

„Genial! Ich war noch nie in einer Oper."

Das Leuchten in seinen Augen steckte mich ein wenig an und verdrängte einen Teil der Langeweile. Ich wusste gar nicht einmal mehr, zum wievielten Mal ich Don Giovanni nun gesehen hatte. Im Kopf konnte ich sogar schon mitsingen.

Als der bestellte Champagner gebracht wurde und wir uns auf die weichen Sofas im hinteren Teil des Raumes sinken ließen wandten sich meine Eltern an Daehyun.

„Sag, was studierst du denn jetzt?"

Neugierig spitzte ich die Lauscher und trank einen kleinen Schluck.

„Biochemie."

Ich merkte wie Stolz in meiner Brust aufkeimte und verbarg mein zufriedenes Lächeln hinter einem weiteren Schluck, ehe ich mich leise räusperte und das Glas auf den kleinen Tisch vor mir stellte.

„Und du willst sicher nicht den Hof deiner Eltern übernehmen?"

Ich hatte meine Stimme nicht allzu neugierig klingen lassen, brannte aber aus unerfindlichen Gründen darauf seine Antwort zu hören. Immerhin konnte ich mir Daehyun kaum ohne den Bauernhof vorstellen, nicht, dass er sich nicht auch schmerzlich gut an die Stadt anpassen konnte. Daehyun passte einfach überall hinein.

„Ich hatte nie vor auf dem Bauernhof zu bleiben. Meine kleine Schwester wird den Hof weiterführen."

Meine Mundwinkel hoben sich leicht, als ich an Myriam denken musste. Daehyun in weiblicher, unverschämterer Form.

„Falls du Interesse hättest, kannst du auch bei uns in der Firma arbeiten. Wir würden dir ein Praktikum geben und in Zukunft wäre Youngjae dein Vorgesetzter."

Ich zwang meinen Mund zu einem Lächeln und starrte auf die kleinen Luftblasen in meinem Glas, welche sich unaufhörlich, sprudelnd den Weg an die Oberfläche freikämpften. Kurz fühlte ich wie Daehyuns Blick mich streifte und zwang mich dazu wieder gerader zu sitzen.

Ferien/ Hölle auf dem BauernhofWhere stories live. Discover now