High-School

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--Flashback--

Fassungslos sehe ich zu, wie Harry immer mehr Kleidung in seinen Koffer wirft. Ich denke, dass er nicht merkt, wie er schon insgesamt zehn T-Shirts, jedoch keine einzige Unterhose eingepackt hat. Hin und wieder wirft er mir einen verachtenden Blick zu, da ich mich einfach nur an dem Türrahmen anlehne und nicht noch einmal versuche, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Doch ich weiß, dass das nur in Geschrei und zerstörten Gegenständen enden würde, daher bleibe ich stumm. Er würde mich wahrscheinlich wieder anfahren, dass ich es nicht verstehe und dass er es hier einfach nicht mehr aushält. Anschließend würde er eine Vase oder einen ähnlichen, kleinen Gegenstand nehmen und gegen die Wand werfen.

„Du solltest vielleicht Unterhosen und Socken ebenfalls packen, sonst kommst du ohne Kreditkarte nicht weit.", kann ich mir schließlich eine Bemerkung doch nicht mehr verkneifen, als Harry gerade den Koffer schließen will. Er wirbelt herum und schaut mich entsetzt an. „Ohne Kreditkarte?", fragt er nach, woraufhin ich als Antwort das begehrte, kleine, flache Stück Plastik hochhalte.

Harry durchquert das Schlafzimmer mit schnellen Schritten, um zu mir zu gelangen und will die Kreditkarte von mir wegschnappen. Glücklicherweise kann ich schnell genug reagieren und verstecke sie in meinen Handflächen. Sarkastisch lachend spotte ich: „Du dachtest doch wohl nicht ernsthaft, dass du ungeschoren davonkommst und dass ich dich einfach so gehen lasse, nur, weil du zu feige bist? Und das auch noch mit ausreichend Geld, dass du monatelang verschwinden könntest."

„Du verstehst es nicht.", raunt Harry und drängt mich langsam aus dem Schlafzimmer hinaus. Immer weiter weiche ich zurück, bis mein Rücken schließlich mit einer Wand in Berührung kommt. Damit ich nicht fliehen kann, platziert er jeweils eine Hand links und rechts von meinem Kopf auf der Wand. Sein Körper wird gegen meinen gedrückt und Harry kommt mir gefährlich nahe.

Doch ich lasse mich nicht von ihm einschüchtern. In seinen Augen kann ich erkennen, wie sehr er Angst hat und dies nur durch gespielte Wut verdecken will. Daher platziere ich eine Hand auf seiner Brust und drücke ihn mit all meiner Kraft weg von mir. Währenddessen kontere ich: „Was ist daran so schwer zu verstehen? Du hast -"

„Sag' es ja nicht.", unterbricht Harry mich forsch und nähert sich mir trotzdem ich ihn noch immer von mir wegschieben will. Ich beschließe, sein Temperament herauszufordern, indem ich in einem spöttischen Ton frage: „Sonst was?"

Anscheinend hat Harry keine passende Antwort, denn er bleibt still und starrt mich lediglich mit seinem Todesblick an. Ich nutze den Moment, in dem er durch Überlegen abgelenkt ist, aus und dränge mich schnell an ihm vorbei. Mit schnellen Schritten gehe ich zu dem Koffer, der noch immer auf unserem gemeinsamen Bett liegt. Ich öffne das Gepäckstück und greife mit beiden Händen hinein, um sämtlichen Inhalt zu fassen. Ich spüre Harrys Präsenz hinter mir, als ich mich umdrehe und direkt vor ihm seine Kleidung auf den Boden fallen lasse.

„Bist du komplett irre? Ich muss von hier weg!", schreit er wütend und bückt sich, um die Stoffstücke wieder aufzuheben. Schnell hebe ich mein Bein und platziere meinen Fußballen auf seiner Stirn, um ihn kraftvoll von dem Haufen wegzustoßen. Mit einem lauten Knall trifft sein Hinterteil auf den Boden und er sieht mich fassungslos an.

Er wirft mir sämtliche Beschimpfungen an den Kopf, doch bleibe ruhig und verschränke nur meine Arme. Langsam nähere ich mich ihm und begebe mich auf Augenhöhe mit ihm. „Wieso bist du nur so feig? Hast du Angst, dass ich dich verlasse? Oder, dass du bezahlen musst?", forsche ich nach und ich merke, dass seine scheinbar wütende Fassade beginnt zu bröckeln. Harry wendet seinen Blick auf den Boden vor sich. Er traut sich nicht, mir in die Augen zu sehen, als ich fortsetze: „Sie will kein Geld, das hat sie uns beiden gesagt. Und wenn du denkst, dass du mich wegen so etwas loswirst, dann hast du dich gewaltig geirrt."

„Du bleibst bei mir, obwohl ich so etwas Dummes gemacht habe?", fragt Harry und hebt schließlich seinen Blick, um mich anzusehen. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen und ich nickte. Ich rücke näher zu ihm und beuge mich nach vor, um ihm über die Haare zu streichen. „Es ist vor unserer Beziehung passiert, also betrifft es mich genau gar nicht.", erkläre ich.

Harry greift nach meinen Händen und zieht mich an ihnen auf seinen Schoß, sodass ich nun rittlings auf ihm sitze. Seine Handflächen bewegen sich massierend über meine Taille und ich schlinge meine Arme um seinen Hals. Stirnrunzelnd will er wissen: „Es ist dir egal, dass ich jemanden geschwängert habe?"

„Wenn du es aussprichst klingt es schlimmer.", kichere ich, woraufhin seine Augen sich weiten. Schnell füge ich hinzu: „Komplett egal ist es mir nicht, aber es betrifft mich trotzdem nicht. Wenn du beschließt, dass du dich um dein Kind kümmern willst, werde ich dich natürlich nicht davon abhalten."

Ich werde positiv überrascht, als Harry seine Lippen auf meine drückt und mich noch näher zu sich zieht. Seine Hände massieren meinen Po und mir entflieht ein leises Stöhnen. Ich kann spüren, wie er in den Kuss hinein grinst, als ich an seinen Haaren ziehe. Schließlich löst er sich von mir und lehnt seine Stirn an meine.

„Ich würde dich nie für jemanden verlassen, den ich nicht liebe. Ich brauche dich, damit du mir hin und wieder in den Arsch trittst, damit ich das Richtige mache.", haucht er und ich muss durch seine Worte lachen. „Ich trete dir liebend gerne in deinen kleinen Po.", kichere ich.

Unwillkürlich muss ich mich noch näher an ihn schmiegen, da ich erleichtert bin, dass er mich nicht verlässt. Denn auch wenn er den Großteil der Zeit, die wir miteinander verbringen, ein Idiot ist, liebe ich ihn trotzdem. So sehr, dass ich auch darüber hinwegsehe, dass er ein paar Wochen, bevor wir ein Pärchen geworden sind, ein Mädchen aus unserer Schulstufe geschwängert hat. Da sie ihm es bis heute verheimlicht hat, hat es Harry besonders schwer getroffen, weil er niemals damit gerechnet hat.

„Wie fändest du es, wenn wir nach Russland fliegen?", unterbricht Harry meine Gedankengänge plötzlich. Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen und schaue ihn an. „Russland? Außerdem haben wir noch nicht Ferien."

„Nach Moskau, um genauer zu sein. Die Stadt ist wunderschön und wir machen sowieso nichts mehr in der High-School. Ich würde lieber mit dir eine Sightseeing-Tour machen, als in einem stickigen Klassenzimmer zu sitzen.", erklärt Harry mir. Seufzend verdrehe ich meine Augen und teile ihm anschließend mit: „Dann lass' uns nach Russland fliegen."

Frozen / h.sWhere stories live. Discover now