Kapitel 87

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Eigentlich hatte ich gehofft, sowohl Isaiah als auch Anthony aus dem Weg gehen zu können. Die Pausen verbrachte ich einfach, indem ich mich in mein Auto setzte und dort in aller Ruhe mein Brot essen konnte, während ich das Radio einschaltete.

In Englisch hatte ich mich mittlerweile umgesetzt, um nicht mehr neben Isaiah sitzen zu müssen.

Doch es gab ein Fach, in dem ich sowohl Isaiah als auch Anthony hatte und dieses Fach machte mir heute einen Strich durch die Rechnung, was Gewissen-Leuten-aus-dem-Weg-gehen betraf. Mein absolutes Hassfach und das einzige Fach, in dem ich noch schlechter war als in Mathe: Sport...

Die letzten Monate war es ziemlich einfach gewesen, dieses Fach einigermaßen zu überstehen, schließlich musste ich mich nur auf eine Person konzentrieren, von der ich mich fernhalten wollte. Und wenigstens hatte ich das Glück, dass Bailey heute krank war. Aber jetzt würde ich mich auch noch auf Anthony konzentrieren müssen und das konnte nur bedeuten, dass diese zwei Stunden heute wieder der Horror sein würden. Und diese Befürchtung bestätigte sich, als der Lehrer die Sporthalle betrat und die zwei Stufen in Teams einteilte.

Ehe ich mich versah, war ich in einem Team, das aus zehn Personen bestand, und von denen ich kaum jemanden kannte.

„Wir werden heute ein kleines Völkerballturnier veranstalten. Strengt euch an, denn ich mache mir Noten, die Einfluss auf eure Zeugnisnote haben wird.", sagte der Lehrer und zog seinen Kugelschreiber hervor.

Ich musste ein hysterisches Kichern unterdrücken. Als wäre es nicht genug, dass wir ausgerechnet Völkerball spielten, eine Sportart in der ich noch nie besonders gut war und gegen die ich im Laufe der Zeit einen gewissen Hass entwickelt hatte, kam auch noch hinzu, dass sich in meiner Gegnermannschaft ausgerechnet diese zwei Personen befanden, denen ich eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Die zwei anderen Teams mussten in den zweiten Hallenabschnitt gehen und ich nutzte die Zeit, um mir irgendetwas einfallen zu lassen. Ich musste unbedingt verhindern, mich vor Anthony lächerlich zu machen und eine schlechte Note zu kassieren. Und es gab nur einen Weg, wie ich diesem Desaster entgehen konnte.

Ich machte mich auf den Weg zum Sportlehrer, der auf einer dieser langen Bänke saß und irgendetwas auf sein Klemmbrett kritzelte, und bemühte mich darum, ein bisschen zu humpeln und ein schmerzverzerrtes Gesicht aufzulegen.

„Ehm... Mr Adams? Ich...ehm, ich fürchte, dass ich heute nicht mitspielen kann."

Der leicht grauhaarige Mann sah zu mir auf und musterte mich von Kopf bis Fuß, als suche er nach einer Verletzung.

„Ich bin umgeknickt...ja, also vor ein paar Tagen...", stammelte ich. „Ich würde das Team wahrscheinlich nur behindern."

„Mrs Edwards, Ihnen ist aber klar, dass es heute um die Zeugnisnote geht, oder? Ich bin mir sicher, dass es gar nicht so schlimm ist."

„Aber das ist echt...schmerzhaft!", rief ich, um ihn umzustimmen und glaubte mir meine eigenen Worte nicht. In meinem letzten Leben war ich definitiv keine Schauspielerin. „A-a-außerdem hat der Arzt gesagt, dass ich...dass ich keinen Sport machen darf, weil es sich sonst...entzünden kann."

„Haben Sie denn ein ärztliches Attest dabei?", fragte Mr Adams und wirkte schon leicht genervt. Wahrscheinlich glaubte er mir kein Wort, denn er wusste schließlich zu gut, wie sehr ich dieses Fach verabscheute. Man merkte es allein schon an meiner mangelnden Motivation und auch an meinen furchtbaren Noten.

„Nein, ich hab kein Attest aber ich könnte es nächste Stunde nachzeigen.", erwiderte ich und hatte keinen Plan, wie ich das anstellen sollte. Ich hoffte einfach darauf, dass der Lehrer es darauf belassen würde und mich ausnahmsweise aus dem Unterricht zog.

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