Kapitel 25

52.1K 1.4K 38
                                    

25

Genüsslich schlang ich das Essen herunter, was meinen Magen endlich beruhigte. Seit heute morgen hatte ich nur eine Kleinigkeit gegessen und dementsprechend hungrig war ich nun auch, wo das leckere Fünfsternemenü vor mir stand.

Aaron war nicht so gesprächig, wie ich zunächst angenommen hatte. Oftmals redete er nur, wenn ich ihm eine Frage stellte und meist war ich es, die das peinliche Schweigen brechen musste. So hatte ich Aaron aber noch nicht erlebt... Er war vorher doch nicht so gewesen...

„Was machst du eigentlich in deiner Freizeit?", fragte ich, nachdem ich heruntergeschluckt hatte. Wir hatten bisher fast nur über mich geredet, jetzt wurde es Zeit, dass wir uns über ihn unterhielten. Schließlich wusste ich fast nichts über Aaron.

„Uff...", machte er und überlegte. „ Meine Hobbys sind größtenteils Skaten, Informatik und Schlagzeug spielen."

„Schlagzeug?", hakte ich interessiert nach. „Spielst du in einer Band?"

„Ja.", grinste er.

„Und wie heißt deine Band?", fragte ich. Es schien, ich müsse ihm alles aus der Nase ziehen, weil er von selbst keine Informationen preisgab.

„Within Way... Ich weiß, ist nicht der beste Bandname. Aber kein Wunder, das war Anthonys Idee.", meinte er.

„Wieso sucht er euch denn einen Bandnamen aus? Und wenn er dir nicht gefällt, warum habt ihr ihn dann genommen?"

„Weil Anthony zufälligerweise der Gitarrist in unserer Band ist. Und ab und zu singt er auch ein paar Songs. Nunja, wir brauchten unbedingt einen Namen, und etwas anderes ist uns nicht eingefallen. Außerdem hat er die Ideen der anderen alle abgelehnt."

Unwillkürlich musste ich grinsen. Das war so typisch für ihn! Und jetzt verstand ich auch endlich, warum der Typ auf Baileys Party gesagt hatte, Anthony sei ein „Sängertyp". Warum hatte Anthony mir denn nie davon erzählt?

„Das ist echt cool. Ich wünschte, ich könnte auch ein Instrument spielen, ich habe in meiner Kindheit lediglich ein paar Klavierstunden genommen."

„Komm doch nächstes Wochenende zu unserem Gig. Dann kannst du uns mal spielen hören.", sagte er lächelnd und nahm einen Bissen von seinem Dessert.

„Auf jeden Fall. Ich war noch nie auf einem Gig. Das wird bestimmt toll.", meinte ich wahrheitsgemäß. Ich ließ das Gespräch kurz auf mich einwirken. Dann würde ich Anthony spielen und eventuell singen hören! Das durfte ich auf keinen Fall verpassen.

„Wenn du kommst, wird es das auf jeden Fall.", erwiderte Aaron und mein Atem stockte, als ich begriff, was er soeben gesagt hatte. Ich richtete meinen Blick wieder auf meine Mousse au Chocolat, um mir nichts anmerken zu lassen, doch ich wusste selber, dass ich mich so nur noch auffälliger gab.

Es entstand schon wieder ein unangenehmes Schweigen, aber diesmal hatte ich auch keine Ahnung, was ich sagen sollte. Mein Kopf war völlig leer und ich hoffte, Aaron würde das Wort nun ergreifen oder Liz würde kommen und mich von dieser peinlichen Situation erlösen. Aber sie kam nicht...

Es dauerte eine Weile, ehe ich mich wieder traute, aufzusehen. Ich blickte in Aarons blaue Augen, aus seinem Gesicht war jeglicher Ausdruck gewichen.

„Cat...", begann er.

„I-i-ich muss mal... auf Toilette.", stotterte ich, stand unverzüglich auf und stürmte zur Küche, wo ich Liz direkt fand.

„Liz!", kreischte ich aufgebracht. Sie schmiss das Tuch, was sie gerade versuchte, zu falten, in eine Ecke und stürmte mir entgegen. Erwartungsvoll und mit großen Augen sah sie mich an.

„Was soll ich tun??"

Liz fing sofort an zu schmunzeln und hatte Arbeit, ihr Grinsen zu unterdrücken.

„Was stehst du hier rum und fragst mich? Geh zurück zu Aaron und mach ihn dir klar!", meinte sie und zwinkerte mir zu.

Ich stöhnte. Das durfte doch nicht wahr sein! Ich brauchte einen guten Rat... Aber sie war mir keine große Hilfe. Sie könnte sich glatt mit meiner Mum zusammenschließen!

Unentschlossen ging ich zu Aaron zurück. Mein Gott, war ich feige. Anthony hatte Recht, ich lief immer weg, wenn ich in eine unangenehme Situation geriet.

Ich setzte mich Aaron wieder gegenüber und hoffte, dass er nichts bemerkt hatte.

„Ich dachte du wolltest zur Toilette, was machst du denn dann in der Küche?", fragte er.

„Ehhm... Ich wollte dem Koch... ein Lob aussprechen... Das Essen hat so lecker geschmeckt...", stammelte ich.

Aaron sah mich erst verwirrt an, bis sich seine Züge lösten und er mich verführerisch anlächelte. „Du bist verrückt...", flüsterte er und beugte sich langsam von Sekunde zu Sekunde mehr zu mir.

Oh Gott, oh Gott, oh Gott!

Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte und hatte Angst davor, was mich erwartete. Doch ich überwand meine Angst, und begann nun auch, mich langsam vorzubeugen, bis nur noch ein paar Zentimeter zwischen uns waren.

Wir sahen uns tief in die Augen, ich ließ mich vollkommen gehen, versank in meinen Gedanken und vergaß alles um mich herum.

Doch kurz bevor sich unsere Lippen berührten, merkte ich, wie Finger mein Handgelenk umschlossen und mich grob von dem Stuhl, auf dem ich saß, zogen.

Ich öffnete meine halbgeschlossenen Augen wieder und blickte in ein wunderschönes, verärgertes Gesicht.

Zuerst dachte ich, es wäre eine Einbildung, bis ich tatsächlich realisierte, dass Anthony mich gerade aus dem Restaurant schleppte.

„Hey, was soll das?", fauchte ich, als ich wieder bei Sinnen war. Ich hätte gerade fast meinen ersten Kuss bekommen!

Er schubste mich ins Auto, stieg ein und startete den Motor.

„Deine Mum hat mich gebeten, dich abzuholen!", brüllte er wütend.

„Ja und?"

„Ich hab dir gesagt, du sollst zu Hause bleiben!"

„Und ich habe nie behauptet, dass ich deinen Worten gehorche! Ich bin schließlich nicht dein Hund.", motzte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit Vollgas preschte der Audi davon.

„Was fällt dir ein, mit Aaron auszugehen?!"

„Ich darf ausgehen, mit wem ich will!", schrie ich fassungslos. Machte er mir etwa tatsächlich Vorschriften? Dieser Idiot hatte sie doch nicht mehr alle!

Zu Hause angekommen stieg ich schnellstmöglich aus und von unserem Hof aus konnte man das „Seil", was aus meinem Fenster hing, extrem gut sehen, wie mir auffiel, als ich zur Haustür stürmte.

Na toll, was dachte Aaron jetzt nur von mir? Anthony hatte mal wieder alles versaut. So ein Idiot!

Capture my HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt