Kapitel 41

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Ich sah in Anthonys wunderschöne, braune Augen, als ich wieder zu Bewusstsein kam. Und ich war nicht mehr im Wasser, sondern lag im weichen Sand, der an meinem ganzen Körper klebte.

„Ist das dein Ernst, dass du fast ertrinkst in Wasser, das mir gerade mal bis zur Brust reicht?", fragte er verärgert.

Ich fühlte mich einfach nur furchtbar. Meine Nasengänge und Lungen brannten höllisch, mein Kopf pochte, mein ganzer Körper fühlte sich wie versteinert an und darüber hinaus war mir furchtbar kalt und ich zitterte überall.

„Wie kann man nur so dumm sein und ins Meer gehen, wenn man nicht schwimmen kann?"

Ich hörte Anthonys Worte zwar, doch ich nahm sie nur halb wahr und ich war noch viel zu benommen, als dass ich hätte antworten können. Ich schloss meine Augen wieder, doch urplötzlich befand ich mich wieder im Meer und lag auf dem Grund. Das Szenario spielte sich vor meinem inneren Auge ein weiteres Mal ab, also öffnete ich meine Augen geschockt wieder.

Anthony stand neben mir, über mich gebeugt und starrte mich ungläubig an. Auf der anderen Seite meine Mum, ebenfalls über mich gebeugt und mit besorgter, verzerrter Miene. Ich konnte auch die Stimmen von Christian und Charlene ausmachen, aber sie hörten sich ganz leise und weit entfernt an.

„Was hast du dir nur dabei gedacht, Schätzchen? Du hättest drauf gehen können...", jammerte meine Mum.

Vorsichtig setzte ich mich auf. Ich versuchte das Gefühl, als würde sich alles um mich herum drehen, zu ignorieren.

„Zieh dein T-Shirt aus.", befahl Anthony.

„W...Was?", erwiderte ich krächzend. Sollte das ein Scherz sein oder hatte er grad wirklich gesagt, ich solle mich ausziehen?!

„Bist du bescheuert?", schnauzte ich ihn an und wollte aufstehen, um schnell weg von ihm zu kommen. Mein Kreislauf versagte völlig, taumelnd starrte ich Anthony an. Mein Kopf pochte so stark, dass es sich anfühlte als würde er jeden Moment explodieren und jeder Atemzug brannte in der Lunge.

Ich verlor mein Gleichgewicht, doch kurz bevor ich hinfallen konnte, krallte ich mich an Anthonys Shirt fest. Zusätzlich packte er mich grob am Arm, um mir Halt zu geben. Doch dann erinnerte ich mich wieder daran, was er gesagt hatte und riss mich los.

„Cat, es ist mein Ernst. Es ist verdammt frisch geworden. Wenn du die nassen Sachen anbehältst wirst du dich erkälten."

Er hatte leider Gottes Recht. Der Wind, der plötzlich aufgekommen war, durchfuhr meine Klamotten und ließ meinen ganzen Körper wie verrückt zittern. Trotzdem würde ich mich lieber erkälten, als mich vor ihm auszuziehen!

„Worauf wartest du, Caty?", drängte meine Mum. Ich sah mich nach irgendeiner Fluchtmöglichkeit um, doch nach kurzem Überlegen, kam ich zu dem Entschluss, dass es sowieso keinen Sinn machen würde, abzuhauen. Anthony würde mich sogar einholen, wenn ich ein Hochleistungssportler wäre.

Ich musterte diesen Idioten und stellte jetzt erst fest, dass er genauso nass war wie ich. Seine Haare klebten in seinem Gesicht, das Shirt an seinem Körper und es zeigte verdammt viel von seinem durchtrainierten Körper.

Wir funkelten uns gegenseitig böse an, doch keiner wollte nachgeben.

Mein Blick fiel auf meine Mum, die mich mit großen Augen anstarrte und eine Sweatjacke in den Händen hielt.

Wütend stöhnte ich auf und zog mir schließlich mein T-Shirt aus, welches ich in den Sand fallen ließ. Noch nie war mir etwas so unangenehm gewesen, wie gerade. Mit einer nassen Hotpants und BH vor Anthony zu stehen, war einfach zu viel für mich. Es war zu viel für meinen Stolz.

Ich schnappte mir die schwarze Jacke aus Mums Händen und zog sie mir, so schnell wie es ging, an. Sie roch eindeutig nach Anthony und natürlich war es seine, er hatte sie doch eben noch getragen.

Nun kam auch Charlene zu mir geeilt und drückte mich einmal feste. In ihren Händen hielt sie die Tasche von meiner Mum und unsere Handtücher. Anscheinend hatten sie und Christian schon alles zusammengepackt.

Auch Christian sah sehr besorgt aus, als er sich zu uns gesellte. „Ist alles okay bei dir?"

„Ja, ist es. Ich bin ja nicht gestorben."

„Es ist das Beste, wenn wir zum Hotel zurückgehen, damit Caty sich ein bisschen ausruhen kann.", entschied meine Mum und legte ihren Arm um meine Schultern, den ich jedoch sofort wieder abschüttelte. Mit meiner Mum musste ich unbedingt noch ein Wörtchen reden, auch wenn sie eigentlich nichts dafür konnte, dass ich fast ertrunken wäre. Ich hoffte sie war nicht zu sauer, dass ich die Kette nicht gefunden hatte...

„Da lässt man dich einmal allein und schon verreckst du beinahe.", lachte Charlene, als wir wieder auf unserem Zimmer waren. Christian hatte mir vorhin noch einen heißen Kakao und ein paar Kekse gebracht, die Charly aber schon alle aufgegessen hatte.

„Gib es zu, du brauchst nur Aufmerksamkeit!"

Für diese Bemerkung bekam Charly direkt ein Kissen an den Kopf geworfen, trotzdem war ich froh, dass sie sich darüber lustig machte und nicht die ganze Zeit jammerte wie meine Mutter.

Plötzlich fiel mein Blick auf Mums Tasche, die neben Charlenes Bett stand.

„Hast du die etwa mitgenommen?", fragte ich und deutete darauf.

„Ja, vor lauter Aufruhr hab ich ganz vergessen, die Tasche deiner Mum wiederzugeben."

„Du bist ein Schussel.", grinste ich.

„Aber jetzt erzähl mal, wie ist das eben eigentlich passiert? Aber vor allem: Warum war ich nicht dabei, als Anthony dich gerettet hat?"

„Ich weiß nicht mehr genau, wie das passiert ist.", log ich. Warum ich ihr nicht einfach die Wahrheit sagte, wusste ich auch nicht so genau aber ich wusste, dass Charlene wahrscheinlich direkt meine Mum zum Schuldigen erklärte.

Plötzlich wurden wir von einem leisen Klingeln unterbrochen, das aber schon wieder verebbte als wir erst begriffen, dass das aus Mums Tasche kam.

„Heimlicher Verehrer?", fragte Charly über beide Ohren grinsend und griff nach der Tasche. Ehe sie sich jedoch versah, hatte ich ihr die Tasche aus den Händen gerissen und wollte selber nachschauen, wer meine Mum aufs Handy angerufen hatte. So eine Gelegenheit bekam man schließlich nicht alle Tage.

Ich kramte zwischen den vielen Lippenstiften und dem ganzen Zeug, das kein normaler Mensch jeden Tag mit sich herumschleppte und fand schließlich das Handy. Doch das war mir plötzlich vollkommen egal, als ich etwas golden aufblitzen sah. Ich glaubte erst meinen Augen nicht zu trauen, doch schließlich hatte ich die goldene Kette von Mums Großmutter in den Händen.

„Cat?", fragte Charly, die mein ausdrucksloses Gesicht anstarrte, aus dem jegliche Farbe gewichen war.

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