Persönliche Gründe

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„Also, willst du diesmal etwas sagen", sagte Konrad bedrohlich und beugte sich zu Elionor herunter. Seine Augen funkelten sie an und seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen.
„Ich wüsste nicht, was ich zu sagen hätte", spuckte ihm Elionor entgegen und starrte ihn herausfordernd an.

Abrupt richtete Konrad sich wieder zu seiner vollen Größe auf und ging im Raum auf und ab. „Es ist genau das gleiche Spielchen wie das letzte Mal. Wenn du mir erzählst was du über Drachen weißt, lass ich dich frei. Du kannst es dir aussuchen, deine Freunde finde ich auch so."
Elionor war ein bisschen verwirrt, was wollte er wissen. Er konnte ja dank der Hinweise Drachen töten, wozu dann das?
„Warum willst du das wissen, mit den Hinweisen kannst du doch Drachen umbringen?", fragte sie möglichst neutral, denn sie wollte nicht, dass Konrad ihre Neugierde hörte.

„Erstens habe ich noch nicht alle Hinweise, zwei von euren fehlen mir, aber vertraue mir, die bekomme ich auch noch. Und zweitens weiß ich wie man sie tötet, aber sie finden und nahe genug herankommen muss ich trotzdem. Also, sprich Kind. Rede über deine Sorgen, Kleine", erläuterte er in einem desinteressierten und Sachlichen Tonfall. Es klang fast so, als wäre es ihm gleichgültig ob sie redete oder schwieg.

Es entstand eine Pause, in der Elionor in der Hoffnung einen Plan zu finden verzweifelt auf ihrer Unterlippe herum biss. Doch die Ideen blieben aus und sie konnte nur hoffen, dass Ferus bald aufkreuzen würde. Langsam müsste er uns doch gefunden haben!
Plötzlich überfiel Elionor ein schrecklicher Gedanke. Was wenn sie noch immer unter der Erde waren? Was wenn sie wirklich ganz wo anders waren? Was wenn Ferus oder Lima sie nie finden würden?
Im nächsten Moment korrigierte sie sich, Lima würde sie immer finden.
Ich werde ganz hysterisch, beruhig dich, Elionor! Wenn Ferus nicht kommt, kämpfst du dich alleine durch, du brauchst den Trottel nicht!
Dieser Gedanke zauberte ein entschlossenes Lächeln auf ihr Gesicht, sie würde es schaffen.

„Kleine, ich hab dir doch gesagt, du kommst nur raus wenn du redest", sagte Konrad und seine Stimme klang irgendwie bemitleidend, doch sein Blick zeigte, wie wütend er war.
Elionor legte ihre Stirn in Falten. „Wehe du nennst mich noch einmal Kleine! Und nenn mir einen Grund, warum ich dir irgendwas über Drachen sagen sollte!", forderte sie und sah ihren Gegenüber herausfordernd an.

Williston lachte trocken auf. „Weil du keine Wahl hast. Weil es der einzige Weg hinaus ist, den du hast. Es ist eine Frage der Zeit, wann du diese Chance ergreifst."
Elionor schwieg. Sie wusste, dass er irgendwann die Geduld verlieren würde.
„Also, warum bist du mit den Drachen mitgegangen?", fragte er nach einer langen Pause und Elionor konnte sich ihr Lächeln nur schwer verkneifen. Sie hatte gewusst, dass er irgendwann nachfragen würde und jetzt lag es an ihr, ihre Chance zu ergreifen und einige ihrer Fragen zu stellen.

„Weil ich musste", meinte sie knapp.
„Warum musstest du? Warum bist du nicht geflüchtet? Was hält dich bei den Drachen?" Elionor hörte wie neugierig er war und wie viele Fragen in seinem Kopf schwirrten. Sie kannte das Gefühl nur zu gut, aber sie hatte nicht vor ihm mehr zu erzählen, als nötig war.
„Das ist ein persönlicher Grund. Genau wie warum du alle Drachen töten willst. Warum?", fragte das Mädchen zurück.

Konrad wandte sich abrupt von ihr ab und ging auf den Tisch zu, an dem er vorher gestanden hatte. Es wirkte fast als müsste er sich sammeln um sich einer schweren Aufgabe zu widmen.
„Das hat persönliche Gründe", meinte er dann und seine Stimme klang gezwungen emotionslos. Er hatte sich wieder Elionor zugewandt und kam mit großen Schritten auf sie zu. „Aber das tut nichts zur Sache."
„Doch", widersprach das Drachenkind, „Ich erzähle dir meinen Grund, wenn du mir deinen erzählst."

Einen Moment war es still, dann protestierte Konrad: "Ich lassen mich nicht erpressen! Und schon gar nicht von dir!"
„Du erpresst mich ja überhaupt nicht", sagte Elionor sarkastisch und wackelte kurz mit ihren Händen, die mit Handschellen hinter ihren Rücken gebunden waren, wodurch das leise Klimpern zu hören war, das entstand, wenn Metall auf Metall trifft.
Konrad atmete geräuschvoll aus und starrte ins Leere, eine Zeit lang war nichts außer seinem Atem zu hören. Elionor biss sich auf die Lippe. Sie war neugierig, weshalb er so versessen Drachen jagte und so lange sie nach einem Plan suchte, konnte sie versuchen ihn umzustimmen. Sie konnte nicht glauben, dass er von Grund auf ein schlechter Mensch war.

„Gut", meinte der Mann dann knapp und es entstand eine weitere Pause, in der Konrad anscheinend mit sich selbst rang. „Alles begann mit dem Tod meiner Frau", fing er an und Elionor kapierte sofort, dass es ein sehr persönlicher Grund war. „Sie starb bei einem Hausbrand, doch mein Sohn überlebte. Allerdings war das Dorf, wo wir lebten weit entfernt von allen Zivilisationen und stark abergläubisch. Deshalb haben sie meinen Sohn ausgesetzt. Irgendwo im Wald. Und er war doch noch ein ganz kleines Kind. Wie kann man so was machen?" Seine Stimme klang anderes als sonst, viel weicher, verletzlicher, menschlicher. Er hatte sich abgewandt, sodass Elionor ihn nicht mehr sehen konnte, allerdings vermutete sie, dass weinte, denn er wischte sich über die Wange.

Elionor war überrascht. Sie hatte gewusst, dass es einen persönlicher Grund gab, doch sie hatte nicht gewusst in welche Richtung das laufen würde. Auch war sie überrascht, wie sehr es Konrad mitnahm, wie sehr er darunter litt. Aber der Verlust seiner Familie war auch nicht etwas, dass man so schnell vergessen konnte.

„Ich habe ihn überall gesucht, doch alles was ich fand war ein Drache. Und ich war mir sicher, dass sie mir meinen Sohn genommen haben. Doch dann habe ich ihn wiedergesehen, auf der Seite der Drachen. Ich hatte gedacht er wäre tot, für immer weg", seine Stimme wurde immer leiser, doch nach einer Pause, in der er sich räusperte, sprach er wieder mit einer festen Stimme. „Er kämpfe gegen mich, seinen eigenen Vater. Ferus, oder wie auch immer ihn die Drachen nannten. Sie haben mir meinen Sohn genommen."

Sie war sich sicher, dass er deshalb sehr traurig war und auf einmal verstand sie seinen Zorn. Er war nicht wirklich richtig, da sich die Drachen um Ferus gekümmert hatte, damit er überlebt. Aber auf einen Außenstehenden musste es so wirken, als hätten sie ihm den Sohn weggenommen. Elionor bekam Mitleid mit dem Mann, der normalerweise so stark und gefasst wirkte. Jetzt aber einfach nur traurig und mit den Kräften am Ende war.

Er wirkte viel menschlicher, stellte sie still fest.

Es tut mir Leid, dass das Kapitel erst jetzt kommt. Ich bin grad auf Urlaub und habe deswegen extra vorher das Kapitel geschrieben und dann habe ich vergessen es zu veröffentlichen. Ja, manchmal bin ich dumm.
Würde mich sehr über euer Feedback freuen!

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