Freund oder Feind

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„Wie geht es ihr", fragte eine Stimme. Sie kam Elionor bekannt vor und doch konnte sie nicht sagen, wem sie gehörte.
"Nicht viel besser", antwortete eine andere, ebenfalls bekannte Stimme.
"Hoffentlich geht es ihr bald besser", meinte wieder die erste Person.
Elionor wollte die Augen öffnen und fragen um wen sie sich sorgten. Doch ihre Augen waren wie zugeklebt. Sie war zu schwach um sie zu öffnen.
"Die Wunden haben ihr stark zugesetzt. Es kann sein, dass es noch dauert bis sie aufwacht", meinte eine dritte Stimme.

Erneut versuchte sie die Augen zu öffnen, doch wieder erfolglos. Sie wollte sich aufsetzen, doch ein Schmerz wie von tausend Nadeln durchfuhr sie. Besonders ihr Kopf und ihre Schulter schmerzten. Sie stöhnte und sofort spürte sie einen nassen, rauen Stoff an ihrer Stirn.
"Ganz ruhig. Alles wird gut", sagte eine Stimme beruhigend.
Langsam öffnete sie die Augen und sah verschwommen drei Personen.

Mit der Zeit wurde das Bild klarer und sie erkannte Lima, Ferus und Klaus Wollberger.
Verwirrt setze sie sich auf, wobei ihr ein nasses Handtuch in den Schoß fiel und ihr etwas schwindlig wurde.
"Was ist passiert?", nuschelte sie. Ihr Mund fühlte sich trocken an, als hätte sie seit Ewigkeiten nichts getrunken.
"Alles ist gut. Die Männer sind weg", meinte Lima mit beruhigender Stimme.

Langsam kehrten die Erinnerungen an den Kampf zurück.
"Aber... er hatte mich doch?", fragte sie.
Ferus schien zu wissen was sie meinte. „Klaus hat sich von hinten auf ihn gestürzt und ihn erstochen. Die anderen zwei waren vorher schon tot. Naja, so haben wir gewonnen." Er lächelte leicht.

Wollberger wirkte im Gegensatz dazu mitgenommen und betrübt. Er hatte Elionor von Anfang an nicht nach dem heldenhaften Krieger ausgesehen und man sah ihm an, dass er nicht gerne tötete. Aber wer tat das schon?
"Wenn es dir wieder besser geht fliegen wir weiter nach Afrika. Wenn wir diesen geklauten Stein nicht finden, dann Konrad auch nicht, also mach dir keine Sorgen", versprach ihr Ferus.
Sie nickte und schwang die Beine aus dem Bett. Als sie sich aufrichten wollte, wurde ihr schwindlig und ihr der Kopf dröhnte. Sie brauchte einige Minuten um ihr Gleichgewicht zu finden, die für Lima ausreichten um sich zu ihr zu stellen und sie wieder ins Bett zu verfrachten. Sanft stupste sie Elionor mit der Schnauze zurück ins Bett und zog mit den Zähnen die Bettdecke über sie.

"Du bleibst da und schläfst mal bis es dir besser geht", verlangte sie im strengen Ton.
"Mir geht es gut", protestierte Elionor und kuschelte sich in ihre Decke.
Sie nahm schwach war, das Lima alle aus dem Raum drängte, um ihr Ruhe zu gewähren. Bevor auch die Drachendame das Zimmer verließ, meinte sie: "Solange deine Eltern nicht da sind, werde ich ihre Rolle übernehmen und auf dich und deine Gesundheit aufpassen."

Elionor hörte ein Geräusch und schreckte hoch. Sie sah Lima neben ihrem Bett und ließ sich erleichtert zurück in die Kissen fallen. Krampfhaft versuchte sie sich an ihren Traum zu erinnern. Doch immer wenn sie ihn schnappen wollte, glitt er weiter weg. Es war irgendwas mit einem blonden Mädchen gewesen. Oder hatte es braune Haare gehabt?
"Geht es dir besser?", riss Limas Stimme sie aus den Gedanken.
"Ja, viel."
"Kein Wunder. Du hast seit gestern geschlafen", lächelte sie.

Elionor war überrascht, wie lang sie geschlafen hatte. „Wie lang sind wir schon hier?", fragte sie.
"Vor drei Tagen bist du und Ferus hier angekommen", meinte Lima.
Erschrocken sprang Elionor auf, sie hatten viel zu viel Zeit verloren.
"Wir müssen sofort los!"
"Beruhig dich. Hier ist frische Kleidung", erwiderte Lima.

Sie reichte Elionor mit den Zähnen ein Bündel und verließ das Zimmer, wobei sie kleine Schwierigkeiten hatte, durch die Tür zu kommen, da ihre Flügel im Weg waren.
Schnell schlüpfte das Mädchen in die neuen Sachen und rannte dann runter, Lima nach.

Ferus saß in ein Gespräch mit Herr Wollberger verwickelt am Tisch und aß Müsli.
"Ahh, Dornröschen ist auch aufgewacht", bemerkte Klaus Wollberger freundlich lächelnd.
Elionor lächelte verlegen, während Ferus verwirrt von einem zum anderen schaute. Wie Elionor vermutete kannte er Märchen nicht.
"Hunger?", meinte Klaus und ging ohne auf eine Antwort zu warten in die Küche."Fliegen wir heute weiter?", erkundigte sich Elionor bei Ferus und Lima, die gerade erschien.

"Ja, ich wüsste keinen Grund warum nicht", meinte Lima.

"Bevor ihr das tut, muss ich euch noch was sagen", sagte Mr. Wollberger, der plötzlich wieder da war.

Er stellte ein Müsli vor Elionor und setze sich dann in einen Stuhl. Alle sahen ihn neugierig an, doch er machte keinen Anschein als ob er etwas sagen wollte.

Nach einigen Minuten hatte Elionor lange genug gewartet, ihrer Meinung nach.

"Was müssen Sie uns sagen?", fragte sie vorsichtig. Es schien ihm nicht leicht zu fallen es zu sagen.

"Als ich gesagt habe ich wüsste nicht wer mir den Drachenstein gestohlen hat, habe ich gelogen", meinte er zögernd und knetete seine Finger. Er sah von einem Gesicht ins andere und erkannte in jedem Neugier.

"Was denn? Weißt du wer es war?", erkundigte sich Ferus als der Mann nicht weiter redete.

"Nein. Er wurde nie gestohlen", sagte er kurz angebunden.

Drei ungläubige Augenpaare starrten ihn an, doch er ignorierte die Blicke und stütze seine Stirn in seinen Händen ab.

"Was dann? Haben Sie ihn noch?", fragte ihn Elionor drängend und wagte kaum zu hoffen.

Er schüttelte den Kopf, allerdings war sie sich nicht sicher was er damit meinte.

"Ich wollte wissen ob ihr Freunde oder Feinde seid", sagte er schließlich.

"Was meinen Sie damit?", versuchte Elionor, die fast vor Aufregung und Neugier platze, herauszufinden.

"Hä?", kam es von Ferus.

"Ganz einfach, Konrad Williston hat Männer zu allen fünf Drachensteinen geschickt, um diese zu finden. Sie wissen nicht genau wo sie sind, aber ungefähr.

Naja, so stießen sie, wie ihr, auf meine Botschaft und fanden mich. Sie bedrängten mich und ich erkannte, dass sie nichts Gutes wollten. So log ich, dass mir der Stein gestohlen wurde. Ein zweites Mal kamen andere Männer, auch sie waren von Williston. Und ich log wieder.

Und als ihr dann gekommen seid, dachte ich ihr seid auch von ihm. Diesmal mit einem hinterlistigen Plan. Doch als sie dann kam, verstand ich es", erklärte er und zeigte am Ende auf Lima.

Mit einem Schlag merkte Elionor, wie fürchterlich müde und erschöpft er aussah. Seine Augen waren glasig und mit dicken Ringen unterlaufen, die Haut und die Lippen waren blass und die Haare standen ihm zu Berge. Bis jetzt war es Elionor nicht aufgefallen. Oder sah er vorher gar nicht so aus?

"Das heißt du hast ihn noch?", fragte Ferus strahlend.

Klaus nickte und lächelte schwach.

"Aber das ist ja super. Das heißt wir haben schon zwei!", rief Ferus.

Grad das er nicht in die Luft springt und anfängt zu tanzen vor Freude, dachte Elionor, konnte aber auch ihr glückliches Lächeln nicht unterdrücken.

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