Kapitel 21

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Bald schon trudelten die ersten Männer ein, die beglückt werden wollten. Corinna wurde relativ früh gefordert und auch nach Leyla wurde irgendwann verlangt. ,,Die ist neu hier, nimm sie nicht gleich so hart!", hörte sie den Zuhälter noch rufen. In ihrem Zimmer angekommen, sah sie ihn prüfend an. ,,Regeln kennst du?" ,,Das hier ist nicht mein erster Besuch, Schätzchen." Sie setzte ein süffinsantes Lächeln auf und trat einen Schritt näher an ihn heran. Er stieß sie auf ihr Bett und setzte sich auf sie, ähnlich wie Revenbrook es getan hatte. Was er mit ihr machte war weder schön noch besonders angenehm oder erotisch. Und doch hatte sie den Eindruck, er würde sie schonen. Als er schließlich fertig war, richtete sie sich kurz wieder her und ging zurück in den Eingangsbereich, bis sie wieder "gebraucht" wurde. Später am Abend sah sie Corinna wieder, die auf sie zusteuerte. ,,Ich muss dich nachher mal sprechen, och hab noch was für dich." Etwas irritiert wartete Leyla darauf, dass ihre Schichten beendet wurden und das Bordell schloss. Als es dann schließlich soweit war, traf sie erneut auf Corinna, die sich am Handgelenk packte und hinter sich her zog. In einer kleinen dunklen Nische stoppte sie. ,,Hier sind wir ungestört", meinte Corinna. ,,Für was?",fragte Leyla, immer noch etwas überfordert. ,,Hier", Corinna hielt ihr etwas vor die Nase. ,,Was ist das?" ,,Das gehört dir. Du hast es verloren, auf dem Schiff. Ich wollte es dir geben, aber du warst so schnell weg", erklärte sie. ,,Danke", sagte Leyla langsam, da sie immer noch nicht wusste, was sich in ihren Händen befand. Es fühlte sich an, wie eine Postkarte. ,,Ich zeige dir deinen Schlafplatz, komm'." Beide standen auf und machten sich auf den Weg in den hinteren Bereich des Bordells, der kleine Wohn- und Schlafräume mit angrenzenden Schlafzimmern beinhaltete. ,,Hier", sie stoppten vor einer Tür, ,,Hier wohnst du. Ich bin gegenüber." ,,Danke nochmal, auch für das Zuhören". Corinna winkte ab. ,,Kein Problem, schlaf gut" ,,Du auch". Damit gingen beide in ihre spärlich eingerichteteten Zimmer. Leyla schaltete das Licht an, um herauszufinden, was Corinna ihr gegeben hatte. Sie zuckte zusammen, als sie feststellte, dass es ein Foto von Irina und ihr war. Warum hatte sie es dabei gehabt? Wenigstens hatte sie so noch eine greifbare Erinnerung an Irina. Sie versteckte das Bild in ihrem Zimmer, schminkte sich ab und legte sich dann ziemlich erschöpft schlafen...

Langsam aber sicher hatte Leyla sich einen Ruf im Milieu verschafft, weshalb sie immer häufiger angefordert wurde und auch einige Stammkunden hatte. Sie machte sich gerade fertig, als Corinna in ihr Zimmer stürmte. ,,Kannst du nicht klopfen?", fragte Leyla erschrocken. Sie war mit ihrem Mascara abgerutscht und holte sich ein Abschminktuch, um den Schaden zu beheben. Als alles wieder gerichtet war, sah sie Corinna endlich an. ,,So, was ist los?" Diese sah sie abgehetzt an und atmete schneller als sonst, was darauf schließen ließ, das sie gelaufen war. ,,Ich war in der Stadt, shoppen. Auf einmal waren da mehrere Männer, die auf mich zu kamen. Sie wollten mich vergewaltigen - mitten in der Einkaufsstraße!" Obwohl Leyla gelernt hatte, ihre Gefühle auszuschalten und kalt zu sein, trafen sie die Worte ihrer Freundin sehr. ,,Was?! Schlimm genug, dass sie das hier einfach machen könnten, warum leisten die sich dann noch sowas?" Sie schloss Corinna in ihre Arme. ,,So leid es mir tut, aber ich glaube nicht, dass du deswegen frei bekommst.. Vielleicht solltest du dich langsam fertig machen." Corinna nickte. Sie kannte Leylas kühle Art, verstand aber, dass sie es nur gut meinte und sich um sie sorgte. Sie verließ das Zimmer wieder und bereitete sich auf ihre Schicht vor. Leyla betrat den Flur und wurde bereits dort von ihrem Chef erwartet. ,,Ich brauch' dich, komm' mit", befahl er. ,,Ist ja gut, bleib locker. Ich komme ja", antwortete sie unbeeindruckt. Im Eingangsbereich wartete bereits ein Mann auf sie. Er war groß, schlank und hatte kurzes dunkelbraunes Haar. Als sie ankamen, wandte er sich an ihren Chef. ,,Danke, ich glaube, den Rest kriegen wir alleine hin." Seine Stimme war für einen Mann eher hoch und er nuschelte etwas. Leylas Arm wurde losgelassen und sie ging auf den Mann zu. Als sie in ihrem Zimmer ankamen, schubste sie ihn aufs Bett. ,,Du weißt, wie Regeln sind?" Er nickte. Sie setzte sich auf ihn und wollte gerade anfangen, als er sie stoppte. ,,Leyla, warte. Ich weiß, wer du bist." ,,Nutte. Weiß ich selbst." Sie ließ sich nicht beirren. ,,Das meinte ich nicht. Du kommst aus Odessa und bist hierher verschleppt worden. Von Firat Astan." Sie war überrascht, aber auch wütend, als Firats Name ertönte. ,,Woher weißt du?" Er setzte sich auf und schob sie ein Stück zurück. ,,Ich bin Polizist. Wir ermitteln schon länger gegen Firat und seine Leute." ,,Und was willst du hier? Ist gefährlich." ,,Draußen warten meine Kollegen, wir holen euch hier raus." Ihre Augen weiteten sich. Sie hatte nicht damit gerechnet, hier jemals wieder rauszukommen. ,,Wie?", fragte sie noch, als sie unten bereits ein Poltern hörte. ,,So", gab er zurück. ,,Du musst mir vertrauen, wenn du hier weg willst. Wir gehen jetzt nach unten zu den anderen und ihr werdet alle zusammen weggebracht und wir passen auf euch auf." Sie nickte überrumpelt. ,,Moment. Brauche noch was." Sie sprang auf und holte das Foto aus dem Versteck. ,,Bringst du mich zurück?", fragte sie vorsichtig. ,,Ja. Euch alle." Danach ging alles ganz schnell und ehe sie sich versah, stand sie, in einer Wolldecke eingewickelt, vor dem Bordell und wurde zu einem Auto begleitet, das sie zu einem Haus fuhr. ,,Hier werdet ihr erst mal bleiben, bis wir alles in die Wege geleitet haben, um euch nach Hause zu bringen", lauteten die Anweisungen der Beamten. Die Mädchen freuten sich so sehr, endlich entflohen zu sein, dass sie keinen Gedanken daran verschwendeten, dass der Plan scheitern könnte.

Sie nannten mich EisprinzessinWhere stories live. Discover now