17. Jace

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"Was denkst du über den 2. Weltkrieg, Jace?", fragte mich meine Lehrerin.

Kurz danach klingelte es, weswegen ich nicht mehr antworten konnte.

"Morgen machen wir genau hier weiter. Dann kannst du auch noch über meine Frage nachdenken. Ja, Jace?"

"Natürlich, M'am.", ich lächelte sie chamant an, ehe ich meine Sachen zusammenpackte. Jetzt würde ich Algebra haben, worauf ich mich seit diesem Tag am meisten freute. Mathe war wirklich eine meiner Stärken in der Schule.

"Alter, hast du grad mit unserer Geschichtslehrerin geflirtet?", lachte Drew und schlug mir auf die Schulter.

"Niemals.", ich schüttelte angeekelt meinen Kopf. "Die ist doch 4 mal so alt wie ich."

"Ja, hast recht. Obwohl sie sich noch recht gut gehalten hat.", überlegte er.

"Wenn du das sagst.", ich zuckte mit den Schultern und schielte noch einmal kurz zu unserer Lehrerin. Nein, devinitiv nicht.

Drew und ich hatten uns in den letzten Tagen recht gut angefreundet. Auch mit Chester und seinen Jungs verstand ich mich noch sehr gut. In der Mittagspause saß ich jedoch meistens bei Chester, ansonsten stand ich auch oft bei Drew und seinen Freunden. Trotzdem muss ich sagen, dass Drews Freunde nicht ganz mein Fall waren. Ich würde sicher nicht so schnell warm mit ihnen werden, da waren mir Chesters Freunde angenehmer. Echo hatte ich die letzte Woche kein einziges Mal gesehen. Vermutlich war sie krank und konnte deshalb nicht kommen, aber genaueres wusste ich nicht. Ich hatte oft genug den Drang gehabt, sie besuchen zu gehen und zu schauen wie es ihr ging, aber irgendetwas hatte mich davon abgehalten. Vermutlich dieser Junge, mit den verschiedenen Augenfarben. Ich wusste nicht wer er war oder was er hier zu suchen hatte. Das einzige was ich wusste war, dass er immer zu Echos Haus lief, wenn wir Schule aus hatten. Dazu muss ich sagen, dass ich ihn nur indirekt verfolgt hatte. Ich wollte eigentlich immer zu Echo, hatte dann jedoch einen Rückzieher gemacht.
Wer war dieser Typ und was hatte er mit ihr zu tun? Ich hatte schon oft darüber nachgedacht. Er konnte entweder ein Freund, ihr Freund oder ein Familienmitglied sein. Wobei ich natürlich auf letzteres hoffte. Es klang merkwürdig, aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie einen Freund hatte. Ich fühlte mich irgendwie mit ihr verbunden und es fühlte sich sehr gut an. Verliebt war ich nicht in sie, obwohl ich es werden könnte, wenn ich sie einmal näher kennen lernen würde. Apropos kennenlernen, wir hatten einen Tag nach unserem Aufenthalt im Polizeirevier, einem Eiscafè einen Besuch abgestattet. Drew und ich hatten uns die ganze Zeit recht gut unterhalten, Echo sagte jedoch, wie immer, kein einziges Wort. Ich wusste nicht was sie dachte oder wie sie sich fühlte. Und ich konnte auch nicht sagen, wieso sie nicht sprach, aber es musste etwas tieferes dahinter stecken. Ein Mädchen fing doch nicht einfach an, nicht mehr zu sprechen und das ohne jeglichen Grund.

"Kommst du mit zu meinen Kumpels?", holte mich Drew aus meinen Gedanken, als wir zusammen den Geschichtsraum verließen.

Ich schüttelte meinen Kopf. "Nein, lass mal. Ich glaub ich werd nicht wirklich warm mit deinen Freunden.", winkte ich ab. "Ich geh zu Chester, Peter und den anderen. Aber hey, du kannst ja ausnahmsweiße mal mit zu uns kommen. Die vier sind echt vollkommen in Ordnung."

Kurz überlegte Drew, ehe er zögernd nickte. "Aber wenn sie mich anfallen oder sonst was, verteidig mich.", lachte er.

Grinstend nickte ich. "Natürlich."

Zusammen liefen wir also zu den Jungs. Selbst nach 5 Minuten konnte man immer noch Drews Unsicherheit spüren. Dabei sollte man doch meinen, dass einer der beliebtesten Jungs dieser Schule, ein gewisses Selbstvertrauen gegenüber anderer Jungs besitzt. Immerhin sprach er auch oft einfach irgendwelche Mädchen an. Natürlich konnte man jetzt denken, dass er schwul ist und abstreiten, dass er es ist, kann ich auch nicht. Aber ich konnte es mir nicht vorstellen. Er war zu sehr darauf versessen, andere Mädchen anzugraben und mit ihnen ins Bett zu steigen, als das er schwul sein könnte. Und wenn er es doch sein sollte, konnte ich nur hoffen, dass er sich nicht in mich verliebte.

"Alles klar?", flüsterte ich ihm irgendwann zu.

Er nickte, doch ich merkte, dass er gehen wollte.

"Hey Leute, Drew und ich gehen mal. Wir sehen uns in der Mittagspause.", somit verabschiedete ich mich schnell von allen und lief mit ihm davon.

"Du brauchst nicht extra wegen mir zu gehen.", sagte Drew auf einmal.

Ich runzelte die Stirn. "Ich hab gesehen, dass du dich unwohl fühlst. Deswegen sind wir gegangen."

Er nickte nur und lief weiter. Etwas dazu zu sagen hatte er nicht.

"Ach komm, wenn du mir nicht sagst was zwischen dir und den Jungs vorgefallen ist, kann ich dir auch nicht helfen.", fing ich an weiter zu reden.

"Woher willst du wissen, dass da was war?", aufrecht blieb er vor mir stehen.

"Genie.", sagte ich nur und tippte mit einem breiten Grinsen auf meine Stirn.

"Du und ein Genie. Das ich nicht lache."

"Ich meins ernst. Ich hab vor 3 Jahren mal ein Intelligenztest bei mir machen lassen und dabei ist rausgekommen, dass ich im Durchschnitt zu 89 % über allen anderen Schülern liege. Das heißt, dass ich zu den glücklichen 11 % gehöre, die einen sehr hohen IQ haben und voraussichtlich nach der High School eine Eliteuniversität besuchen können. Natürlich nur, wenn ich mich auch anstrenge."

"Ist das dein Ernst?"

"Klar. Oder glaubst du ich lüge?", stellte ich die Gegenfrage. Nur weil ich sehr schlau war, hieß dass aber noch lange nicht, dass ich nicht trotzdem viele dumme Dinge anstellte.

"Krass. Hätt ich nicht gedacht."

"Ja, nicht jeder kann eben schlau sein."

"Hast recht. Aber weißt du was ich am lustigsten an der Sache finde?", fragte er mich.

"Nein, ich habe keine Ahnung. Aber du wirst es mir sicher gleich sagen."

"Ich hab den Test auch gemacht. Vor ungefähr 2 Jahren."

Überrascht schaute ich ihn an. "Echt?"

Er nickte. "Bei mir kam sogar auch ein recht gutes Ergebnis bei raus. Meine Prozentzahl liegt bei 80. Also nur knapp unten drunter."

Erstaunt sah ich ihn an. "Ich hätte nie vermutet, dass ein Typ wie du, so intelligent sein kann."

"Kann ich nur zurück geben. Vorallem bei einem Kerl, der super schlau ist und gleichzeitig ein Agressionsproblem hat."

Ich verdrehte die Augen. "Ich hoffe für dich, dass du das nicht mehr erwähnst. Vor 9 Jahren war ich mal im Kickboxen.", drohte ich ihm grinstend.

"Oh oh, da bekomm ich ja Angst."

"Solltest du. Also was war das jetzt vorhin?", fragte ich meine Frage erneut. Vergessen hatte ich sie sicherlich nicht.

Er verzog sein Gesicht. "Ach, nichts was von Bedeutung ist.", winkte er wieder ab.

Als er mein Gesichtsausdruck sah, beantwortete er trotzdem: "Carter und ich waren mal beste Freunde. Wir haben uns auseinandergelebt. Das wars. War irgendwie komisch, seine Stimme nach Jahren wieder zu hören."

Erstaunt schaute ich ihn an. "Oh, dass tut mir leid."

"Muss es nicht. Hab ja jetzt andere Freunde.", er zuckte die Schultern.

"Ich hoffe mal, dass du auch von mir sprichst.", grinste ich.

"Klar. Ich muss zu geben, ich kann dich jetzt doch recht gut leiden, McCinley."

"Kann ich nur zurück geben."

Zusammen liefen wir in unsere nächste Stunde. Ich freute mich schon darauf, mehr Zeit mit Drew zu verbringen. Meine Gedanken hörten sich vermutlich schwul an, aber es stimmte trotzdem. Und um eins klar zu stellen, ich war ganz und gar nicht schwul.

Während der Stunde dachte ich wieder an Echo. Ich musste sie umbedingt wieder sehen und mir viel dazu eine sehr gute Idee ein.

Nach der Schule wartete ich am Haupteingang der High School und wartete auf den Jungen mit den verschiedenen Augenfarben. Als ich ihn sah, sprach ich ihn direkt an.

"Hey, ich bin Jace."

■01.08.16■

SilenceHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin