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Gemächlich zog die Landschaft an mir vorüber. Hin und wieder passierten wir ein kleines Dorf, oder fuhren durch einen Wald. Obwohl es erst kurz vor fünf war, hatte sich eine nebelige Dämmerung über das Land gelegt und ließ die kargen Bäume und dunklen Häuser noch trostloser erscheinen.


Das monotone Schnurren des Motors lullte mich ein und meine Gedanken wurden langsam und zähflüssig. Am liebsten säße ich jetzt in unserem hell erleuchteten Penthouse. Würde Daehyun beim Anziehen des Anzugs zusehen. Mit ihm reden und lachen, während er sich für die Party zu Recht machte. Fast schon konnte ich sein teures Rasierwasser riechen, dass ich ihm einmal geschenkt hatte.


Wie gerne würde ich mit ihm ins Auto steigen, sein erstauntes Gesicht sehen, wenn er A Yeon sah. Ich hatte ihr als kleine Überraschung eine der besten Stylistinnen des Landes aus China einfliegen lassen. Ohne Zweifel würde sie umwerfend aussehen.


Ein kleiner Knoten hatte sich in meinem Magen gebildet und ich tat mein bestes daran ihn zu ignorieren. Sicher war das Wetter daran schuld. Oder die Aussicht bald meiner Tante gegenüber zu stehen.


Als der Chauffeur – nicht meiner, denn den hatte ich ja Daehyun zur Verfügung gestellt- dann schließlich zu einer langen Allee einbog bekam ich eine Gänsehaut. In dem düsteren Licht konnte man nur das große Eisentor am Ende der Straße erahnen. Es sah aus wie der Schlund eines riesigen Ungeheuers. Die Bäume welche hoch und dunkel, links und rechts neben der Straße aufragten erinnerten mich an die knochigen Finger meiner Tante.


Ich setzte mich gerade hin und richtete meinen Anzug, als wir durch die mächtigen Eisentore fuhren. Inzwischen war es fast schon gänzlich dunkel und die Büsche und Bäume im Park waren nur dunkle unheimlich Schemen.


Mir fröstelte leicht, als dann das große, alte Anwesen meiner Tante in Sicht kam. Grau und kalt lag es da, wie das Skelett eines toten Tieres. Langsam kam der Wagen zum stehen. Fast schon hätte ich den Fahrer gebeten wieder um zu drehen und mich doch auf den Ball zu bringen, doch ich ballte die Hände zu Fäusten und ließ mich von einem der Angestellten durch die große Eingangstür in die Drachenhöhle führen.





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Meine Tante war eine kalte, reiche Frau. Ihr Mund war immer leicht gekräuselt und auf ihrer Hakennase saßen halbmondförmige Brillen hinter denen sie dich aus schwarzen, kühlen Augen musterte.


Sobald sie etwas sagte sank die Temperatur im Raum auf den Nullpunkt. Sie lebte alleine in ihrem Anwesen mitten im Nirgendwo. Diese Tatsache hatte ich früher immer recht angenehm gefunden, doch im Augenblick wünschte ich mir nichts sehnlicher als eine weitere Person, die mit mir an dem endloslangen Tisch sitzen und sich ihrem Habichtsblick stellen musste.


Soweit ich mich erinnern konnte gab es auch einmal einen Onkel, doch den hatte ich schon Jahrelang nicht mehr gesehen. Um ehrlich zu sein hatte ich mich nicht wirklich dafür interessiert. Vermutlich hatte sie ihn ermordet und unter dem Anwesen vergraben.

Ferien/ Hölle auf dem BauernhofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt