Still high with a little feeling

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Birgit hörte ihren Schrei noch, als sie schweißgebadet aus dem Schlaf fuhr. Diese verdammten Albträume! McVee hatte sie anscheinend bis nach Deutschland verfolgt...Nun, es war nichts Ungewöhnliches, dass sie nach dieser Geschichte ein Trauma davon getragen hatte. Doch hatte sie gehofft, dass es zuhause besser werden würde. Dass sie sich hier sicher fühlen würde. Es war gerade mal drei Uhr nachts, sie kuschelte sich in ihre Decke und schaltete den Fernseher ein. Sofort begann ihr Kopf zu dröhnen, so machte sie den Fernseher wieder aus und schloß die Augen. 

Sie war mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus aufgewacht. Man hatte Harry und sie tatsächlich gerettet! Der Polizist, der ihre Aussage aufgenommen hatte, hatte ihr erzählt, dass Harrys Sicherheitspersonal McVee überwältigen konnte, bevor Schlimmeres passiert wäre. Als Birgit nach Harry gefragt hatte, erklärte der Polizist, dass Harry gerade operiert werden würde. Seine rechte Hand wäre gebrochen gewesen, ansonsten sei er unverletzt und, wie sie selbst, außer Lebensgefahr. Birgit hatte darum gebeten, nach Hause fahren zu dürfen, und man hatte es ihr nach einem gründlichem Durchchecken erlaubt. Sie war mit einem Taxi zum Flughafen gefahren, ohne Anne zu sagen, dass sie in ihre Heimat zurückkehren würde. Sie wollte alles hinter sich lassen, die Angst und die Menschen, die sie mit ihr verband. Obwohl sie wußte, dass Anne, Harry oder Niall nichts dafür konnten. 

Doch der Schock sass immer noch tief. Erst Harry, der ihr das Herz gebrochen hatte. Dann dieser Psycho, der sie besitzen wollte. Sie roch McVee immer noch. In Harrys Pullover, den sie mit den anderen Sachen gleich gewaschen hatte, kaum, dass sie zurück in ihrer Wohnung gewesen war. Am Schlimmsten war der Gestank in ihrem Haar. Sie war schon kurz davor, ihr Haar kurz zu schneiden. Nun, nach zehn Wäschen durfte es einfach nicht mehr riechen, doch es war so. Anscheinend spielte auch hier ihr die Psyche einen Streich!

Birgit konnte nicht mehr schlafen und stand gegen fünf Uhr morgens auf. Stellte sich vor den Badezimmerspiegel und betrachtete ihr übernächtigtes, faltiges Gesicht. Nein, dass Harry diese alte Frau da im Spiegel wirklich liebte, war ein Trugschluss! Vielleicht war sie ein nettes Abenteuer, das durchaus seinen Reiz hatte, aber mehr war sie wohl nie gewesen. Und sie vermisste Harry so sehr! Seinen Witz, seine Ernsthaftigkeit. Seine Güte, sogar seinen Zorn. Seine Traurigkeit und sein Lachen. Überhaupt, seine raue Stimme, die sie immer beruhigt hatte. Als er da unten im Keller hinter McVee aufgetaucht war, hatte  sie sich plötzlich so mutig gefühlt! Und sicher. Obwohl sie wußte, dass Harry nur da gewesen war, weil er ein guter Mensch war und niemanden sterben lassen würde. Und nicht, weil er sie liebte und zurück gekehrt war. Doch es war ihr egal, er war da gewesen und beide hatten es merkwürdigerweise geschafft, zu überleben.

Birgit bekam keinen Bissen herunter und brach schließlich gegen sieben zur Arbeit auf. Ihr Vater hatte sogar etwas erfreut geklungen, als sie ihn nach ihrer Ankunft in Deutschland angerufen und ihm mitgeteilt hatte, dass sie wieder kommen würde. Für seine Verhältnisse erfreut. Manfred hatte sie gefragt, ob sie nun geläutert wäre...

Und sie hatte: "Ja." geantwortet.

Wovon auch immer. Geläutert von der Suche nach ihrer Tante. Von der Absicht, den Fall ihres Selbstmordes aufzuklären. Oder davon, viel zu junge Männer zu lieben! 

Der scharfe, eiskalte Fahrtwind tat ihr gut. Sie spürte sich und trat ordentlich in die Pedalen ihres Mountainbikes. Als sie auf das Gärtnereigelände fuhr, sah sie den Audi ihres Vaters dort parken. Sie schloss ihr Fahrrad an und nahm den Helm ab. In Manfred Kählers Büro brannte Licht und sie klopfte zaghaft.

„Komm rein." hörte sie seinen Bass antworten.

„Morgen, Papa. So früh schon hier?" begrüßte Birgit ihn.

Manfred Kähler schüttelte missbilligend seinen Kopf.

„Hm. Warum fährst du immer noch Fahrrad? Willst du dir den Hals brechen? Du kannst dir bestimmt ein gutes Auto leisten!"

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