Kapitel 34

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Vermutlich hätte es mir klar sein sollen, dass es viel zu auffällig war, dass es in den letzten Tagen so ruhig war. Wieso sollten die Rebellen einfach so aufhören, wo sie zuerst so entschlossen gewirkt hatten? Wegen der vielen Friedenswächter? Oder den Gehängten? Ich hatte geglaubt, dass sie aufgegeben hatten, doch eigentlich hätte ich es besser wissen müssen.

Drei Tage vor der Verkündung des Jubeljubiläums wollte ich mich auf den Weg zum Markt machen, um Einkäufe zu erledigen. Soweit kam ich jedoch nicht, da ich, kaum dass ich die Straße betreten hatte, abrupt stehen blieb. Mein Mund klappte auf, während ich auf all die Plakate starte, aus denen mir Kinder und Jugendliche entgegen blickten.

Zunächst hatte ich keine Ahnung wer sie waren oder was das zu bedeuten hatte, bis ich den Blick von Ethan traf. Ethan, der Junge der in den vergangenen Spielen sein Leben verloren hatte. Er war Tribut gewesen und starb weil es die Hungerspiele gab.

Ich lief los und fand dann auch Tara, so wie weitere bekannte Gesichter. Alle waren tot, hatten die Spiele nicht überlebt und hangen jetzt auf Plakaten in verschiedenen Größen überall im Distrikt. Über Nacht mussten sie die Rebellen angebracht haben, um alle Menschen hier daran zu erinnern, wie viele Kinder wir schon verloren hatten. Und es waren unglaublich viele, allein hier in Distrikt 4. Es gab noch 11 weitere Distrikte, einige von ihnen hatten sogar noch eine größere Anzahl vorzuweisen. Die ganze Aktion war grausam und ich schaffte es nicht auch nur einem Blick standzuhalten, doch genau das war es, was die Rebellen damit beabsichtigt hatten. Denn es dauerte nicht lange und die Wut der Bürger gewann Überhand.

Gebäude wurden in Brand gesteckt, Demonstrationen fanden auf den Straßen statt, Friedenswächter wurden angegriffen. Überall erklangen Schüsse und eigentlich hätte ich mich in mein Haus zurückziehen müssen, doch ich konnte nicht. Sam war in Gefahr, weil er einer der Friedenswächter war. Er war ein Guter, aber das wussten nur wenige. Aus diesem Grund rannte ich los um ihn zu suchen.

Ich rannte an Friedenswächtern vorbei, die versuchten Plakate abzureißen und zu verbrennen. Ich rannte an Menschen vorbei, die Plakate in die Höhe hielten und irgendeinen Ruf angestimmt hatten. Und ich rannte an Menschen vorbei, die sich Friedenswächter in den Weg stellten. Sam fand ich dabei jedoch nicht. Wieso mussten sie alle nur diese furchtbaren weißen Anzüge tragen? Ich musste ihm irgendein Armband machen. Eins in Leuchtfarben welches ich sofort erkennen konnte, wenn ich nach ihm suchte.

Meine Beine trugen mich zu seinem Haus, welches ich mittlerweile kannte, doch wir war eigentlich klar dass er dort sicher nicht sein würde. Trotzdem war ich beinahe panisch als ich die ersten Friedenswächterhäuser in Flammen stehen sah. Glücklicherweise war seines nicht betroffen.

Ich hasste Feuer. Mädchen in Flammen hin oder her, ich hatte keine Lust mehr darauf.

Irgendwann nahmen die Schüsse zu und ich wusste, dass ich hier nicht mehr bleiben konnte, weshalb ich zum Strand lief und dort wartete und auch irgendwie darauf hoffte, dass er auftauchen würde, um mir zu sagen, dass er okay war. Doch er kam nicht, was mir bereits die Tränen in die Augen trieb.

Meine Eltern waren tot. Ich hatte Damir verloren, da er sich nicht mehr an uns erinnerte. Darian war vermutlich ebenfalls nicht mehr am Leben, auch ihn hatte ich nicht mehr um mich. Ich konnte es nicht ertragen wieder jemanden zu verlieren.

Es wurde langsam dunkel, die Ausgangsperre würde also bald in Kraft treten, weshalb mir nichts anderes übrig blieb als mich wieder auf den Weg zu machen. Ich würde morgen versuchen ihn zu finden. Vielleicht war es da zumindest kurze Zeit ein wenig ruhiger.

Zu Hause angekommen läutete mein Telefon und als ich ranging schrie mich Finnick erleichtert an. Er hatte sich unglaubliche Sorgen gemacht, da ich weder abgenommen hatte noch zu finden war. Finnick bat mich zu kommen, doch da Annie auch da war wollte ich ihnen die Zeit lieber füreinander geben. Vor allem da es Annie aufgrund der Bilder überhaupt nicht gut ging.

Ich erkundigte mich noch nach Damir, der aber brav in seinem Siegerhaus war, danach legte ich auf und beschloss mir etwas zu Essen zu machen, da ich heute noch keinen Biss zu mir genommen hatte. Doch als ich in die Küche ging schrie ich laut auf, während ich auf den Schatten starrte, der zu einer Gestalt wurde, die auf mich zukam.

„Ich bin es.", rief der Friedenswächter, während ich nach einem Küchenmesser griff.

„Raus hier!", brüllte ich zurück, bis er endlich seinen Helm abnahm.

„Den hätte ich wohl besser runternehmen sollen.", murmelte Sam und sah mich entschuldigend an. „Und leg das Messer weg. Den Einzigen den du damit verletzten würdest wärst du."

Vermutlich hätte ich wegen dieser Bemerkung wütend sein sollen. Oder weil er in mein Haus eingebrochen war. Doch dafür war ich einfach viel zu Erleichtert, weshalb ich, nachdem ich zuerst noch brav das Messer weggelegt hatte, um seinen Hals fiel.

„Bist du okay?", fragte ich und drückte ihn fest an mich.

„Ja. Du auch?", erwiderte er und legte seine Arme auch um mich. „Ich wäre heute beinahe durchgedreht, als ich dich laufen gesehen habe. Wieso kannst du nicht einfach brav hier sitzen bleiben anstatt dich immer in diese Getümmel zu stürzen?"

„Ich habe dich gesucht.", verteidigte ich mich.

„Mich?"

„Ja dich. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Sehr große sogar. Ich wollte nicht, dass dir etwas passiert.", gestand ich und sah ein wenig verlegen zu Boden.

„Wieso nicht? Eigentlich bin ich ja nur ein Friedenswächter.", meinte er, doch ich wusste genau, dass er die Antwort kannte und es nur noch einmal aus meinem Mund hören wollte.

„Weil ich dich mag. Und merk es dir, ich sage es nur dieses eine Mal.", sagte ich und schmunzelte, da ich seine Worte verwendete. Danach rechnete ich eigentlich mit einem Lachen, irgendeiner frechen Bemerkung, doch nichts dergleichen kam. Stattdessen legte sich seine Hand an meine Wange, ehe seine Lippen plötzlich meine berührten.

Ich war vollkommen überrascht und erschrocken zugleich. Am meisten schockierte mich jedoch mein Herz, welches so schnell zu schlagen begann.



Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIWhere stories live. Discover now