Kapitel 29

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„Warum nochmal gehen wir nicht ins Meer?", fragte mich Damir, während wir am Strand entlang gingen.

„Weil da Haie drin sind.", erwiderte ich.

„Haie sind gefährlich?", fragte er weiter.

„Ich zeig dir bei Gelegenheit mal ein Bild, das erklärt es dann eigentlich von allein. Außerdem sind das Mutationen."

„Mutationen sind gezüchtete Wesen aus dem Kapitol, die häufig in den Spielen eingesetzt werden.", sagte er das gelernte auf und ich nickte. „Und wieso sind sie dann hier, wenn sie doch eigentlich in der Arena sein müssten?"

Ich seufzte, versuchte dann aber zu lächeln, ehe ich ihm noch einmal geduldig erklärte, wozu diese Mutationen dienten.

Eine Weile war es daraufhin still, ehe sein Blick wieder zum Meer glitt.

„Waren wir dort mal zusammen schwimmen? Oder gibt es die Haie schon immer?"

Seine Worte versetzten mir einen kurzen Stich, ehe ich versuchte sie, so wie immer, einfach zu ignorieren und stattdessen die Frage zu beantworten.

„Wir waren oft zusammen schwimmen. Schon als wir klein waren.", antwortete ich.

„Also auch bevor wir uns verliebt hatten?"

„Ja, auch bevor. Und ich war immer der bessere Schwimmer von uns gewesen.", sagte ich, was vollkommen gelogen war, doch er wusste es eh nicht. Und so stand ich zumindest besser da. Dass ich ein Tollpatsch war, würde er schon noch früh genug erfahren.

„Wie groß sind diese Haie? Ein Stückchen könnten wir doch hinein gehen, oder nicht?", wollte er nun wissen und ich musste schmunzeln. Er klang wie ein kleines Kind und das hatte Ähnlichkeiten mit dem richtigen Damir.

„Ein Stückchen ist okay. Aber vertrau darauf wenn ich sage, keinen Schritt weiter.", entgegnete ich und er nickte brav, woraufhin wir uns nun dem Wasser näherten.

Zuerst war das Ganze ein wenig zögerlich, doch dann begann er mich plötzlich nass zu spritzen, weshalb ich quietschend vor ihm davon lief. Leider hatte meine Tollpatschigkeit beschlossen sich gleich jetzt zu offenbaren, weshalb ich prompt im Wasser landete und Damir lachend vor mir zum Stehen kam.

„Komm, ich helfe dir hoch.", bot er mir grinsend an und streckte mir seine Hand entgegen. Die Hand, die gebrochen war, jedoch dank der Behandlungen die man als Sieger erhalten konnte wieder verheilt war. Genau wie der Schädelbruch. Es ging viel schneller als wenn es auf natürliche Weise wieder zusammenwachsen musste.

Ich ergriff seine Hand und er zog mich nach oben, wobei der dafür viel zu viel Schwung hatte. Doch er kannte mein Gewicht nicht, wusste nicht mehr wie viel Kraft er aufwenden musste, weshalb ich prompt gegen seine Brust prallte.

Verlegen wie früher sah ich zu ihm hoch wobei mein Herz dabei automatisch schneller zu schlagen begann. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, erst recht nicht, als er auf seine Lippen hängen blieb. Ein Bedürfnis kam in mir hoch, welches ich so lange unterdrücken musste, doch dieses Mal konnte ich ihm nicht länger wiederstehen. Es war verrückt und vermutlich verkehrt, doch ich musste es tun. Vielleicht half es ihm ja auch.

Ich drückte meine Lippen auf seine und schlang meine Arme um Damirs Nacken. Es fühlte sich gut an und ich wollte unbedingt mehr davon, doch ihm erging es nicht so. Er schob mich weg.

„Entschuldige.", murmelte ich sofort und spürte wie peinlich mir das ganze war. Ich war eine Idiotin. Wie konnte ich nur die Beherrschung aufgeben?

„Elina... Ich mag dich, wirklich. Und ich kann mir vorstellen wie schwierig das ganze für dich sein muss, wenn wir vor meinem Unfall zusammen waren. Aber ich... ich spüre nichts in der Hinsicht für dich, ich kann das einfach nicht."

Tränen traten in meine Augen während ich auf meine Lippen biss. Ich nickte, zeigte ihm, dass ich verstanden hatte. Es fühlte sich an wie tausend Messerstiche in meinem Herzen.

„Es tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen. Ich muss jetzt nach Hause und mich umziehen. Wir sehen uns morgen zum Sparziergang?"

Damir nickte, weshalb ich mich umdrehte und dann so schnell wie möglich verschwand. Nun rannten mir auch die Tränen über die Wangen, doch ich machte mir nicht die Mühe sie wegzuwischen. Es war niemand hier vor dem ich sie verstecken musste.

Irgendwann hatte ich mich wieder beruhigt und war zu Finnick gegangen, doch als dieser nicht zu Hause sondern bei Annie war, holte ich Sarah und wir gingen in mein Haus. Dort litten wir beide still vor uns hin, während wir eine Tüte mit Süßkram verspeisten.

„Ich muss mir einen Job suchen.", sagte ich nach einer Weile, woraufhin mich Sarah sofort ansah.

„Wieso?"

„Weil ich nicht ewig vom Erbe meiner Eltern leben kann. Ich muss das Haus auch irgendwie erhalten. Außerdem kann ich jetzt die Ausbildung in der Firma nicht mehr fortführen. Ich muss mir irgendwas anderes suchen, sonst muss ich irgendwann verkaufen.", erklärte ich ihr.

„Finnick würde dich nie auf der Straße sitzen lassen.", meinte sie sofort.

„Ich will aber nicht auf Finnicks Tasche sitzen. Ich will das aus eigener Hand schaffen.", gestand ich ihr. Wenn ich sonst schon nichts bewegen oder vollbringen konnte, so wollte ich wenigstens aus eigener Kraft mein Leben meistern.

„Hast du schon eine Idee, was du machen möchtest?", fragte sie nun.

„Ich habe mehrere Dinge vor Augen und werde deshalb morgen mal im Rathaus nachfragen, ob in diesen Bereichen noch etwas verfügbar ist. Der Name Green muss mir doch noch in irgendeiner Weise von Nutzen sein."

„Im Rathaus? Wieso nicht gleich an den jeweiligen Stellen?", wollte sie wissen, als sie plötzlich den Kopf schief legte. „Du hoffst, dort irgendwo Sam zu sehen."

„Ich muss wissen ob es ihm gut geht. Außerdem brauche ich jemand Neuen, den ich all mein Leid klagen kann. Finnick und du, ihr könnt es doch schon auswendig.", behauptete ich, was nicht gelogen war. Ich hatte ihn am Strand nur ein paar Mal von weitem gesehen, da er immer sofort weitergegangen war, als er mich mit Damir gesehen hatte. Ich wollte jedoch nicht, dass er mir aus dem Weg ging. Ich wollte ihn sehen und würde morgen mal einen Schritt in diese Richtung machen. Und ich brauchte wirklich jemanden zum Reden, der nicht schon alles wusste. Seine Nerven waren noch strapazierfähiger als die meiner anderen Freunde.

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIWhere stories live. Discover now