Kapitel 27

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"Damir!", brüllte ich, danach stürzte ich mich erneut auf den Boden und griff nach ihm.

Ich zerrte an seinen Arm und schüttelte ihn, während Tränen über meine Wangen rannten. Doch er rührte sich nicht und gab mir keine Antwort.

Und überall war Blut. So viel Blut.

"Damir? Hörst du mich?", rief ich flehend und erneut schüttelte ich ihn, ehe ich mein Ohr über seinen Mund hielt. Ich hörte nichts. Keine Atmung. Sofort wurde ich panisch und begann ihn heftiger zu schütteln.

Wieso lernte man in der verdammten Akademie nur wie man jemanden tötete, jedoch nicht wie man überprüfen konnte ob noch jemand lebte? Was sollte ich nur tun?

Ich schrie. Seinen Namen, immer und immer wieder. Danach rief ich nach Hilfe, da bisher niemand gekommen war um mir zu helfen. Es dauerte gefühlte Stunden, bis ein paar Friedenswächter auftauchten und zumindest nachsehen kamen, warum ich mich aufführte wie eine geisteskranke. Sie machten jedoch keine Anstalten sofort etwas zu unternehmen.

"Das ist ein Sieger! Ein Sieger!", rief ich, da sie sich nicht wirklich bewegten. Doch damit hatte ich scheinbar die richtigen Worte gewählt, da ich nun grob zur Seite geschubst wurde, bevor sie sich endlich um ihn kümmerten.

"Lebt noch.", stellte einer fest und vor Erleichterung weinte ich noch mehr.

"Puls ist schwach. Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen."

Krankenhaus.

"Ich komme mit!", rief ich sofort und wollte zu ihm, doch wieder wurde ich weggeschubst.

"Bleiben Sie weg.", brummte einer. Meine Augenbrauen wanderten nach oben, ehe ich plötzlich unglaublich wütend wurde.

Hätten sie nicht geschossen, wäre keine Panik aufgekommen. Dann hätten wir uns nicht verloren und er würde nicht am Boden liegen. Und jetzt wollten sie mich nicht zu ihm lassen?

Vor Wut zitternd stemmte ich mich nach oben und ging auf sie zu.

"Ihr lasst mich zu ihm, und zwar sofort.", knurrte ich fast. So hatte ich mich selbst noch nie gehört.

"Sonst was? Du hast ihr keine Forderungen zu stellen.", lachte ein anderer, eindeutig der Größte unter ihnen, als endlich das Geräusch der Sirenen zu hören war. Der Krankenwagen kam endlich.

"Ich fahr mit.", beschloss ich sofort und blickte wieder zu Damir. Ich musste doch bei ihm bleiben, falls er aufwachte. Immerhin hatte er dann sicher keine Ahnung wo er war oder was passiert war. Ich musste es ihm erklären und dann für ihn da sein.

"Sag mal bist du taub du dummes Ding?", fuhr mich der Friedenswächter an, der eben noch gelacht hatte, während er auf mich zukam. Doch mir war es egal, ich würde alles versuchen um zu Damir zu kommen. Aus diesem Grund stellte ich mich angriffsbereit hin, so wie man mir es in der Akademie gelernt hatte.

Plötzlich wurde ich jedoch von hinten gepackt und ein Friedenswächter zog mich mit sich.

Schreiend und um mich schlagend versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch er ließ mich nicht gehen. Stattdessen zog er mich immer weiter, während mir langsam die Kraft ausging.

Irgendwann hörte ich deshalb auf mich zu wehren und ließ mich weinend wegbringen.

"Iss was.", bat mich Sarah, doch ich schüttelte den Kopf.

"Wenigstens ein Stück?"

Wieder schüttelte ich den Kopf.

"Hör zu, ich mach das nicht mehr länger mit! Ich weiß genau wie du dich fühlst, haargenau sogar! Trotzdem gebe ich nicht einfach auf und hungere mich nicht zu Tode. Ich hab immer noch Hoffnung..."

"Hör mit nur damit auf!", schrie ich sofort, ehe sich wieder Tränen in meinen Augen sammelten.

Hoffnung. Diese verdammte Hoffnung. Sie brachte am Ende ja doch nichts.

Wie sehr hatte ich gehofft, dass alles gut gehen würde? Dass Damir wiederkam und wir endlich unsere Ruhe vor dem Kapitol hatten um glücklich zu werden? Ruhe hatten wir nie. Er hatte zwar überlebt, doch nur um jetzt zu sterben.

"Elina... Er wird schon wieder.", versuchte sie nun sanfter und nahm dann meine Hand.

"Ich will dass er wieder gesund wird Sarah. Dass er gleich hier rein kommt.", jammerte ich.

Doch es sah nicht danach aus. Seit zwei Tagen, in denen ich nur weinte und verzweifelte, war er im Krankenhaus und war nicht ansprechbar. Sein Schädel war gebrochen, genau wie zwei Rippen und sein Arm. Dazu kamen Prellungen, Quetschungen und Schürfungen. Wie konnte man das überleben?

"Er wird gesund. Und kommt zurück. Genau wie Darian. Dann wird alles wie früher.", meinte sie, doch ich wusste, dass dies nicht passieren würde. Nichts würde mehr wie früher sein und daran war nur das Kapitol Schuld.

"Wenn wenigstens Finnick hier wäre.", schniefte ich und lehnte mich dann gegen sie.

"Ich weiß. Aber er kommt morgen wieder. Er ist der erste der zurück kommt.", sagte sie leise und innerlich stöhnte ich auf. Wieso hatte sie keinen Blick für die Realität? Wieso hatte sie noch Hoffnung wo doch keine mehr war? Doch ich hatte keine Kraft für eine Diskussion deswegen, weswegen ich einfach schwieg.

Trotzdem half mir der Gedanke, dass Finnick morgen wieder hier war ungemein. Ich hatte ihn noch nie so dringend gebraucht wie in diesen Tagen. Doch er war nicht hier. Aus diesem Grund überkam mich das Bedürfnis, jemanden anderen zu suchen. Jemand der für mich da war und verstand wie schlecht es mir im Moment ging. Vielleicht hatte ich ja Glück und Sam war wieder am Strand. Obwohl ich ihn gestern versetzt hatte und einfach nicht gekommen war. Doch ich konnte nicht, hatte es einfach nicht geschafft das Haus zu verlassen.

„Ich muss an die frische Luft. Bisschen an den Strand.", sagte ich deshalb und stand auf, woraufhin ich einen besorgten Blick von Sarah bekam.

„Mach bitte keinen Blödsinn, okay? Denk daran, wie knapp es war.", bat sich mich und erinnerte mich gleichzeitig an vorgestern. Als ich in der Zelle saß, angeblich wegen Verletzung irgendwelcher Regeln, die mit Friedenswächter zutun hatte. Wieso ich wieder gehen durfte wusste ich nicht, doch ich beschloss es einfach dabei zu belassen.

„Nur zum Strand und wieder zurück.", versprach ich ihr, danach machte ich mich auf den Weg.


Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt