Kapitel 6

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Zwar mussten wir feststellen, dass der Versuch mit dem Wasser nicht so funktionierte wie ich vorgeschlagen hatte, trotzdem hatten wir viel Spaß am Meer. Doch wie jeder Spaß hatte auch dieser ein Ende, wobei es in diesem Fall dazu führte, dass Damirs Grinsen verschwand und er ein wenig nervös wurde. Etwas, dass jedes Mal passierte, wenn wir uns etwas ansahen, dass mit den Spielen zu tun hatte. Zwar war er in diesem Jahr nicht selbst betroffen, doch allein einzelne Wörter oder Situationen erinnerten ihn an die Zeit in der Arena. Das Interview nun sehen zu müssen war also nicht gerade förderlich, damit es ihm besser ging, doch er bestand darauf, dass er es sehen wollte. Damir meinte, er müsse sich darauf vorbereiten, da er im nächsten Jahr womöglich Mentor sein musste.

Aus diesem Grund saß er jetzt nun links von mir, während Sarah auf der anderen Seite Platz genommen hatte. Sie war erst jetzt zu uns gestoßen, da sie den Tag über bei Annie gewesen war, da wir uns, jetzt da Finnick nicht da war, wieder die Aufgabe übernommen hatten, uns um sie zu kümmern. Mittlerweile kannten sich die beiden ja ebenfalls und mochten sich. Ich konnte nicht leugnen, dass ich froh darüber war, dass wir uns abwechselten, da ich so immer noch Zeit hatte, mich auch um Damir zu kümmern.

„Oh, heuer trägt Ceasar blau.“, verkündete Sarah und als ich auf den Bildschirm sah konnte ich die blaue Perücke erkennen, die in diesem Jahr seinen Kopf warm hielt.

„Sieht auch nicht besser aus.“, stellte ich fest.

„Meerblau wäre schöner gewesen.“, stimmte Damir zu und ich konnte nicht anders als zu grinsen, während uns Sarah fragend ansah. Ihre Neugierde schien jedoch nicht groß genug zu sein, da sie sich lieber wieder auf das Geschehen konzentrierte und dem Modaraotr lauschte, der noch ein paar Späße mit dem Publikum trieb, ehe auch schon der ersten Tribut, in diesem Fall das Mädchen aus Distrikt 1, auf die Bühne gerufen wurde. Glimmer, ein unglaublich bescheuerter Name und doch so typisch für diesen Distrikt, trat unglaublich selbstbewusst auf. Ihr Distriktpartner tat das selbe, was sie beide zu sehr vorbildlichen Karrieros machte. Auch die beiden aus Distrikt 2 die als nächstes an der Reihe und ebenfalls zu den Karrieretributen zählten, zeigten sich ähnlich, wobei ich wieder nicht anders konnte als den Jungen anzustarren. Cato war unglaublich groß und muskulös und zeigte dem Publikum, dass er alles tun würde, um zu siegen. Ich hätte nie eine Chance gegen ihn gehabt, dessen war ich mir vollkommen sicher. Immerhin hatte er eine 10 in seinem Einzeltraining und sah also nicht nur gefährlich aus sondern war es auch.

Doch obwohl er eine unglaublich hohe Bewertung erhalten hatte, gab es eine Tributin, die noch besser war. Katniss Everdeen, das Mädchen, welches sich für ihre Schwester gemeldet hatte, hatte eine 11 erzielt. Jemand aus einem Außenseiterdistrikt hatte das, so glaubte ich zu wissen, noch nie erreicht.

"Hör auf zu träumen, gleich ist Tara dran.", sagte Sarah und gab mir einen Klaps gegen meine Schulter, was mich wieder aus meinen Gedanken holte.

"Jetzt schon?", fragte ich und konzentrierte mich wieder auf das Geschehen. Tatsächlich kam sie gerade auf die Bühne und nahm dann neben Ceasar Platz. Ich jedoch konnte nicht anders als ihr Outfit zu betrachten. Hätte ich dasselbe getragen? Oder wäre es ein ganz anderes Kleid gewesen?

Schnell schüttelte ich den Kopf, da meine Gedanken schon wieder abschweifen wollten, und lauschte dann dem Interview, ehe ich es noch ganz versäumte.

"Gratulation zu deinen 9 Punkten. Ich nehme an, wir können mit dir in der Arena rechnen, oder?", fragte Ceasar gerade und zwinkerte ihr zu.

"Natürlich Ceasar. Man muss mich auf der Rechnung haben, denn ich bin entschlossen zu siegen.", antwortete Tara lächelnd.

"Hast du dich deshalb freiwillig gemeldet?"

"Ja.", bestätigte sie ihm ohne mit der Wimper zu zucken. "Ich wollte dabei sein und habe mich deshalb gemeldet."

Ich wusste nicht wieso, doch irgendwie versetzte es mir einen Stich. Doch ich wusste bereits im selben Moment, dass das lächerlich war. Was hatte ich erwartet? Dass sie es meinetwegen tat? Ich wusste doch, dass sie unbedingt ein Tribut werden wollte um zu Ende zu bringen, was ihr Bruder begonnen hatte. Dass ich gezogen wurde war vielleicht nur ein angenehmer Nebeneffekt. Sie konnte mich durch ihre Handlung auch noch retten, was ihr womöglich Selbstbewusstsein gab. Zumindest hoffte ich es sehr.

„Jetzt kommt Ethan.“, verkündete Sarah da sie gemerkt hatte, dass ich nur ihre Ansagen wahrnahm und nicht die von Ceasar.

Wieder einmal musste ich mich von meinen Gedanken lösen und meine Aufmerksamkeit auf den Bildschirm lenken, wo nun das Interview des anderen Tributen aus unserem Distrikt stattfand. Es war jedoch nicht wirklich spannend, genauso wenig wie die Interviews die folgten. Erst als Ceasar bei Distrikt 12 angelangt war und Katniss auf die Bühne kam, veränderte sich auch im Publikum etwas. Die Beste aus dem Einzeltraining war an der Reihe.

„Ihr Kleid ist umwerfend!“, schwärmte Sarah und ich musste ihr Recht geben. Katniss trug ein bodenlanges rotes Kleid welches ihr unglaublich gut stand. Das fand auch Ceasar, weswegen sie sich kurz darüber unterhielten, ehe sie sich plötzlich zu drehen begann.

 „Sie brennt.“, kreischte Sarah und auch mein Mund klappte kurz auf, ehe wir realisierten, dass es nur an einem Effekt des Kleides lag. Einem unglaublich beeindruckenden Effekt, der ihr Kleid in Flammen tauchte.

„Niemand wird sie vergessen können.“, sagte ich und im Augenwinkel sah ich Damir nicken.

„Unglaublich! Dieser Cinna ist ein Genie! Meint ihr, man kann sich auch hier in den Distrikt ein Kleid von ihm schicken lassen? Oder halt, wir beauftragen Finnick! Der kommt sicher irgendwie dran.“, begann Sarah zu plappern, weswegen ich dank ihr das restliche Interview nicht mehr verstehen konnte. Böse funkelte ich sie deswegen an, doch natürlich beachtete sie mich gar nicht. Sie hielt ihren Mund erst wieder, als bereits der Junge aus Distrikt 12 auf dem Sofa saß und begann das Publikum zu unterhalten. Peeta war sein Name. Glaubte ich.

„Ein hübscher Junge wie du. Es muss ein besonderes Mädchen geben. Komm schon, wie heißt sie?“, fragte Ceasar und Damir brummte.

„Scheint seine Lieblingsfrage zu sein.“

„Ja, es gibt da dieses eine Mädchen. Ich bin schon in sie verliebt, seit ich denken kann. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie bis zur Ernte nicht mal wusste, dass es mich gibt.“, antwortete Peeta.

„Hat sie einen anderen?“

„Ich weiß es nicht, aber viele Jungen stehen auf sie.“, antwortete er wieder ehrlich.

„Soll ich dir sagen, was du tun musst? Du gewinnst und kehrst nach Hause zurück. Dann kann sie dich nicht abblitzen lassen, was?“, schlug Ceasar vor und ich verdrehte die Augen. Als wenn man mit Ruhm und Geld jedes Mädchen bekommen konnte!

„Ich glaube, das wird nicht hinhauen.“, begann Peeta, „Gewinnen… das funktioniert nicht in meinem Fall.“

„Wieso nicht?“, fragte Ceasar, da ich es nicht tun konnte.

„Weil… weil… Wir sind zusammen hier.“

Es dauerte eine Weile bis ich verstand, was er damit sagen wollte. Er war mit dem Mädchen in den Spielen, in das er verliebt war. Mit ihr, mit Katniss.

Ich konnte nicht anders als sofort zu Damir zu blicken, der genau im selben Moment zu mir sah. Was wäre gewesen, wenn wir beide zusammen in die Spiele geschickt worden wären? Dann wäre einer von uns sicher nicht mehr am Leben und ich wusste auch, dass er alles dafür getan hätte, dass er derjenige gewesen wäre. Doch ebenfalls wusste ich, dass es dann keinen Sieger aus Distrikt 4 gegeben hätte. Wäre er gestorben, hätte ich auch nicht mehr leben wollen. Im Gegenteil, ich hätte selbst versucht, ihn zu retten, das wurde mir im diesem Moment bewusst. Ich würde alles für diesen Jungen tun. Ob das gut war, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Vor allem da ich nicht wusste, was noch alles passieren würde.

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIWhere stories live. Discover now