Kapitel 9

268 22 0
                                    

Nach Taras Tod hatte ich keine Lust mehr, die Spiele zu verfolgen. Wozu auch? Beide Tribute aus Distrikt 4 waren tot und wer von den anderen gewann war mir egal. Zwar wollte ich dass dieser Peeta gewann, doch der Wunsch reichte nicht aus um mich vor den Fernseher zu bringen. Stattdessen ging ich lieber an den Strand oder sah nach Annie, ehe ich mir von den Anderen dann am Abend eine Zusammenfassung geben ließ. So wusste ich auch, dass Katniss sich kurz mit dem 12-jährigen Mädchen aus Distrikt 11 verbündet hatte, ehe dieses von Marvel getötet wurde, der wiederum durch Katniss das Leben verlor. So minimierte sich die Anzahl der Tribute allmählich, bis plötzlich etwas ganz Neues und auch Unglaubliches passierte. Claudius Templesmith verkündete, dass nun zwei Tribute überleben durften, vorausgesetzt, sie waren aus einem Distrikt.

Ich wusste noch genau wie ungläubig ich Damir angestarrt hatte, nachdem er mir das erzählt hatte. Es gab noch nie mehr als einen Sieger, selbst dann nicht, als beim 2. Jubeljubiläum doppelt so viele Tribute gezogen wurden. Wieso also in diesem Jahr? Was war anders? Doch die Antwort lag eigentlich auf der Hand. Das tragische Liebespaar aus Distrikt 12 kam im Kapitol scheinbar besser an, als irgendjemand vermutet hatte. Und was Zuschauer brachte musste natürlich gefördert werden.

Nach der Verkündung hatte sich Katniss sofort auf die Suche nach Peeta gemacht, der, nachdem er ihr geholfen hatte und dabei von Cato erwischt wurde, sich verletzt am Fluss befand. Sie fand ihn was Claudius in freudiges Geplauder versetzte. Erst recht, als Katniss ihren Liebsten pflegte und sich sogar in Lebensgefahr brachte, um Medizin zu besorgen. Sogar Küsse gab es laut Sarah genügend, wodurch das Publikum allem Anschein nach bestens unterhalten wurde.

Katniss und Peeta schienen sich also doch beidseitig zu lieben, weshalb ich sie eigentlich hätte mögen müssen. Schließlich hatten sie eine Chance die ich mir selbst gewünscht hätte, wenn es Damir und mich erwischt hätte. Als ebenfalls Liebende hätte ich also eigentlich auf ihrer Seite sein müssen. Trotzdem konnte ich Katniss nicht verzeihen, dass sie Tara getötet hatte. Natürlich war das albern, zum einen weil sie nicht gezielt auf Tara losgegangen war, zum anderen weil sie nur ihr Leben schützen wollte.

Als nur noch sie, Peeta und Cato übrig waren, beschloss ich dann doch mir das Finale anzusehen. Immerhin ging es jetzt darum, ob heuer ein Liebespaar gemeinsam als Sieger gekrönt werden würde, oder ob es doch nur einen Gewinner gab.

"Ich hoffe die beiden schaffen es. Wär doch mal eine schöne Veränderung der Spiele, wenn es ab sofort zwei Sieger gibt.", meinte Sarah und warf sich ein Gummibärchen in den Mund.

"Es sterben trotzdem noch 22 Tribute.", erinnerte sie Damir und starrte leicht angewidert auf die Schüssel in Sarahs Hand. Ich hatte auch noch nie verstanden wie man nur essen konnte, wenn sich vor einem Kinder abschlachteten.

"Es ist besser als 24 Tote, oder etwa nicht?", gab sie leicht zickig zurück. Danach segelte erneut ein Bärchen in ihren Mund.

"Noch besser wären gar keine Tote.", ließ Damir nicht locker und seufzend lehnte ich mich zurück. Jetzt ging das wieder los.

Während Sarah und Damir nun wieder in eine Diskussion verfielen, nahm ich mir einfach die Fernbedienung und stellte den Fernseher lauter. Leider half mir das nicht wirklich viel, da gerade Cato gezeigt wurde, wie er leise durch den Wald schlich. Er suchte scheinbar nach Spuren, die ihm verrieten, wo sich die seine letzten Gegner befanden. Obwohl es mich nicht wirklich ablenkte konzentrierte ich mich auf das Geschehen, was ich im nächsten Moment mit einem lauten Schrei und einem halben Herzinfarkt bereute.

Eine Art Wolf sprang aus dem Dunkeln hervor und Cato schaffte es gerade noch so sich zu ducken.

„Scheiße was war das?“, fragte Sarah und Damir ließ es sich nicht nehmen, sie wie ein Lehrer aufzuklären.

„Eine Mutation natürlich. Das hier ist das Finale, sie wollen es in diesem Jahr wohl auf diese Weise spannender machen.“, erklärte er deshalb, während der Junge aus Distrikt 2 begann um sein Leben zu rennen.

„Wo sind Katniss und Peeta?“, fragte ich ihre Aussagen ignorierend und als hätten die Spielmacher mich gehört, blendeten sie nun die beiden ein. Sie befanden sich am Füllhorn und schienen überrascht, Cato hier nicht vorzufinden. Doch das würde sich mit Sicherheit bald ändern, da die Wölfe ihn in eine ganz bestimmte Richtung trieben. Bald würden sie also auch die beiden aus Distrikt 12 erreichen. Drei Jugendliche gegen wie viele Wölfe? Überlebte also derjenige, der sein Blut nicht ganz so schnell verlor oder der weniger schlimmen Bisswunden abbekam?

Das war ganz eindeutig mein Zeichen.

„Ich mache mir einen Tee.“, verkündete ich und stand auf. Kurz traf mich Damirs besorgter Blick, weshalb ich ihn kurz anlächelte, damit er sich keine Sorgen machte. Danach ging ich in die Küche und setzte Wasser auf, jedoch nicht ohne dabei die Tür zu schließen. Ich wollte keine Schreie hören, denn dann malte sich mein Gehirn schreckliche Bilder aus und ich hätte genauso gut sitzen bleiben können.

Das Wasser kochte viel zu schnell und egal wie langsam ich jede meiner Bewegungen ausführte, es schien nicht langsam genug zu sein. Es blieb mir also nichts anderes übrig als wieder zurück ins Wohnzimmer  zu gehen.

Mittlerweile befanden sich die drei Tribute auf dem Füllhorn und schienen dort miteinander zu kämpfen. Die Wölfe hatten sie also nicht erreicht, niemand wurde zerfetzt und keine Eingeweide lagen auf dem Boden verteilt. Ich sollte, mir langsam Gedanken über mein Vorstellungsvermögen machen. Doch während ich darüber nachdachte, ob solche Fantasien irgendetwas über meinen geistigen Zustand aussagten, ging auf dem Füllhorn alles ganz schnell. Ehe ich verstand was passierte, hatte Cato plötzlich Peeta im Schwitzkasten und schnürte ihm die Luft ab. Katniss spannte ihren Bogen und richtete den Pfeil auf Cato, doch es war sinnlos. Wenn sie ihn erschoss, würde er Peeta mit in den Tod reißen. Katniss hatte also keine Wahl.

Tränen traten in meine Augen und ich konnte nicht anders als wieder einmal loszuheulen. Ich wollte doch, dass Peeta gewann! Wenn jemand von ihnen, außer Tara, es verdient hatte zu gewinnen, dann doch er!

„Das ist doch alles so unfair! Diese Spiele… all das…“, rief ich wütend und wollte schon wieder das Zimmer verlassen, als Damir aufschrie.

„Seine Hand. Seht auf Peetas Hand!“

Ich drehte mich wieder um und versuchte zu verstehen was Damir meinte, als ich entdeckte, wie Peeta ein Kreuz auf Catos Hand zeichnete. Im nächsten Moment traf Katniss Pfeil auf diese Stelle und bohrte sich hinein, was Cato aufschreien ließ. Gleichzeitig lockerte sich dadurch allerdings sein Griff und Peeta schaffte es sich zu befreien, ehe er seinen Kontrahenten einfach vom Füllhorn stieß.

Nun bot sich mir doch die Szene dich ich versucht hatte zu meiden, weswegen ich regelrecht aus dem Zimmer stürmte.

Das Gute daran jedoch war, dass die diesjährigen Spiele nun endlich vorüber waren und hatten zum ersten Mal zwei Sieger vorzuweisen. Zumindest dachte ich das in diesem Moment.

Elina Green - Wenn Hoffnung alles ist, was bleibt IIWhere stories live. Discover now