ZWANZIGSTES KAPITEL

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"Gökhan kommst du?" Ich sah ihn erwartungsvoll an und blieb stehen bis er endlich aus dem Auto ausgestiegen war. "Nicht so ungeduldig mein Schatz.", grinste er mich an und legte seinen Arm um meine Schulter. Wir beide lächelten breit und gingen auf meine Wohnungstür zu. Die Mädels befanden sich in meiner Wohnung und warteten bereits auf mich, doch keiner wusste, was sie gleich erwarten würde. Gökhan. Nachdem ich die Nacht nicht nach Hause kam, hatten sie mich, als ich heute morgen das erste mal auf meinem Handy geschaut hatte, ziemlich zur Sau gemacht. Sie hatten sich große Sorgen gemacht. Dass Gökhan zurück war, wussten alle bereits. Asli hatte sich etwas zurückgehalten während Sevgi sich ziemlich aufregte über ihn. Meine Schwester war die Neutrale und überließ mir die Entscheidung, auch wenn sie vorhatte Gökhan einen Vortrag zu halten. Ihrer Meinung nach war es mein Glück und es war meine Sache, ob ich ihm verzeihen konnte oder nicht. Sevgi war in der Hinsicht etwas Anti Gökhan. Trotzdem hoffte ich, dass sie sich zusammen reißen konnte.

"Bereite dich darauf vor, dass sie über dein Erscheinen nicht erfreut sein werden." Dabei sah ich ihn entschuldigend an und gab ihm einen Kuss auf seine wundervollen Lippen. Ich drehte mich wieder zur Tür und öffnete sie. Die Stimmen der Mädels hörte ich bereits aus dem Wohnzimmer. Ein letztes mal sah ich zu Gökhan, der gelassen seine Schuhe auszog und mich beruhigend ansah. Sollte nicht er der Aufgeregte sein? Ich beneidete ihn wirklich dafür, dass er so ruhig bleiben konnte. Tief atmete ich ein und aus und ging dann ins Wohnzimmer gefolgt von Gökhan. Die Mädels hoben alle gleichzeitig ihre Köpfe und wollten anfangen zu reden, als sie Gökhan hinter mir sahen. Alle drei Augenpaare wanderten zu ihm und starrten ihn lange an. Nervös ging ich mir durch die Haare und sah zwischen meinen Mädels und Gökhan hin und her. "Beruhig dich.", sagte er leise und legte seine Hand auf meinen Rücken. Gott, wieso war er bloß so locker drauf? Ich konnte nicht anders als aufgeregt zu sein, da ich unbedingt wollte, dass die drei sich mit ihm verstehen.

Die erste, die sich zur Wort meldete, war überraschenderweise Asli, die sich sonst immer zurückgehalten hatte, wenn es um Gökhan ging. "Habt ihr weiterhin vor euch an zu schweigen?", versuchte sie die Situation aufzulockern, als sie meinen gekränkten Gesichtsausdruck sah. "Ihr Mädels habt sicherlich verständliche Wut mir gegenüber, die ihr zuerst raus lassen wollt.", sprach Gökhan ruhig aus und sah zu meiner Schwester. "Wie lieb.", verdrehte Sevgi ihre Augen und sah kopfschüttelnd zur Seite. Ihre Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. "Sevgi bitte.", warnte ich sie. Diese Warnung machte sie anscheinend erst richtig wütend, denn plötzlich stand sie auf und kam auf mich zu. "Nein Dilek. Hast du schon vergessen, was er dir angetan hat? Bist du so verdammt naiv? Wieso lässt du dich schon wieder von ihm um den Finger wickeln?", warf sie mir vor und sah mich unverständlich an. Gökhan schenkte sie kaum Beachtung. "Er hat seine Gründe Sevgi!", verteidigte ich ihn, indem ich seine Worte aussprach. Sie hob ihre Augenbraue und lachte. "Ach und die wären?" Nun sah sie auch interessiert zu Gökhan und dann wieder zu mir. Sie erwartete die Antwort von mir, doch die kannte ich leider noch nicht. Verzweifelt sah ich zu Gökhan, der Sevgi fixierte. "Die gehen nur Dilek und mich etwas an Sevgi.", mischte er sich nun ein und ließ sich von ihrem Wutausbruch nicht aus der Fassung bringen.

Ich saß mit Sevgi und Asli im Wohnzimmer, während Gökhan und meine Schwester sich in meiner Küche hinter geschlossener Tür unterhielten. Gökhan wollte mit meiner Schwester in Ruhe und alleine reden, nicht einmal ich durfte etwas von dem Gespräch wissen. Später würde ich meine Schwester jedoch ausfragen, da ich mir bei Gökhan sicher war, dass er mir nichts von dem Gespräch erzählen würde.

"Ich will nur nicht, dass du wieder so verletzt wirst.", sagte Sevgi. "Umut verletzt dich auch und du verzeihst ihm.", entgegnete ich ihr. "Das sind komplett verschiedene Situationen Dilek." , "Ich liebe ihn!", wurde ich etwas lauter, da sie mich total verunsicherte. Asli hatte bis jetzt noch kein Wort gesagt. Ich stand von meinem Platz auf und ging ungeduldig auf und ab. Worüber redeten Gökhan und Gül Abla eigentlich solange? Ich fasste mir an die Stirn und stemmte meine andere Hand an meiner Hüfte während ich kaum still stehen konnte. "Asli sag doch auch mal was dazu!", forderte Sevgi sie auf. Asli sah ernst zu Sevgi. "Sie soll auf ihr Herz hören und wenn es ihr sagt, dass sie richtig handelt, dann lass sie doch. Solange sie glücklich ist.", pushte mich Asli und ich war so ziemlich erleichtert, als sie ihre ersten Worte endlich sprach und die auch noch positiv für mich waren. Sevgi machte sich Sorgen und wahrscheinlich hat sie auch recht, aber ich liebte Gökhan einfach zu sehr und ich wollte ihn bei mir haben. Nie wieder wollte ich mir so eine lange Zeit ohne ihn auch nur vorstellen. "Die Frage ist nur wie lange sie glücklich sein wird bis er sie wieder so fallen lässt wie vor sechs Monaten." , "Hör auf damit Sevgi!", schrie ich nun und merkte wie sich das ganze zuspitzte. Wohin sollte das ganze nur führen? "Wieso Dilek? Weil du weißt, dass ich recht habe!", schrie sie zurück und stand dabei auf. Auch Asli stand auf und stellte sich zwischen uns und versuchte uns immer wieder zu beruhigen.

"Was ist hier los?", platzten Gökhan und meine Schwester ins Wohnzimmer und sahen uns fragend an. Gökhan sah mir mit zusammengezogenen Augenbrauen in die Augen und kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Er legte seinen Zeigefinger unter meinen Kinn und hob es so an, dass ich zu ihm hoch sehen musste. "Hey wein nicht." Mit dem Daumen ging er mir über die Wange und strich mir wahrscheinlich die Tränen weg, die ich bei meiner Aufregung nicht mal bemerkt hatte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verschwand ich in mein Zimmer und setzte mich seufzend auf meinem Bett. Ich musste mich beruhigen. Ich hoffte bloß, dass sich Gül Abla und Gökhan ausgesprochen hatten und sie ihn akzeptierte. Mir war es wirklich wichtig, dass meine Familie und meine Freunde sich mit ihm verstehen.

Ich spürte Hände auf meinen Oberschenkeln und nahm meine Hände von meinem Gesicht. Gökhans klare und fürsorgliche Augen sahen direkt in meine. "Dilek ihre Reaktion ist normal. Es wird sich legen.", sprach er auf mich ein und sah mich vielversprechend an. Ich nickte, versuchte zu lächeln und wischte mir dabei die Tränen aus dem Gesicht. "Wie ist das Gespräch mit meiner Schwester verlaufen?", versuchte ich es doch mal bei ihm und sah ihn hoffnungsvoll an. Er sah mich grinsend an. "Du solltest deine Neugier etwas zügeln, findest du nicht?", amüsierte er sich auf meine Kosten. Ich schüttelte demonstrativ meinen Kopf und wartete immer noch auf informative Antworten, die nicht kamen. Er zuckte nur mit den Schultern und stellte sich wieder hin. Ich stand ebenfalls auf und schlang meine Arme um seinen Hals. "Erzähl es mir.", bat ich ihn schmollend und berührte kurz seine Lippen. Daraufhin küsste er mich auf die Nasenspitze und schüttelte den Kopf belustigt über meine Neugier, die er einfach nicht stillen wollte. Beleidigt nahm ich meine Hände von ihm und verdrehte genervt meine Augen. Ganz plötzlich zog er mich in seine Arme und sah mich ernst an. Wir blickten uns mit einem so intensiven Blick in die Augen, dass mein Herz einen Sprung machte. Ich liebte die Farbe seiner Augen. Sie faszinierten mich jedes mal aufs neue. Noch nie zuvor hatte ich jemanden mit solchen Augen gesehen. So klar und auffallend blau, was sie kühl wirken ließ.

"Dilek ich liebe dich, das darfst du nie vergessen und daran zweifeln erst recht nicht selbst wenn ich es sage.", machte er mir erneut klar. "Ich liebe dich auch.", erwiderte ich seine Liebe und lächelte ihn glücklich an.

Gefangen von der Liebe...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt