ACHTZEHNTES KAPITEL

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Ich wusste nicht, was ich tun oder sagen sollte, ob ich so schnell wie möglich weg von hier sollte oder nicht. Mein Kopf schien leer zu sein und mein Herz schlug einfach nur verdammt schnell. Ihn nach so langer Zeit wieder zu sehen und das so unvorbereitet, brachte mich völlig aus der Bahn. Nie im Leben hätte ich jetzt und hier mit seiner Anwesenheit gerechnet. Erst als er sich langsam in meine Richtung bewegte, schaltete sich mein Verstand wieder ein. Den unheimlich großen Schmerz in meiner Brust ignorierte ich, um hier nicht in Tränen auszubrechen. Ihn wieder zu sehen nach allem, vor allem nach diesen einen bescheuerten Telefonat, war kaum auszuhalten.

Schnell und ohne zu zögern drehte ich mich um und wollte aus dem Haus. Weg von Gökhan. Ich hatte gerade die Tür erreicht, als Gökhan mein Handgelenk packte und mich umdrehte. "Dilek, geh nicht.", hauchte er während er mir in die Augen sah. Mit ganzer Kraft versuchte ich mich ihm zu entziehen, erfolglos. Er hatte mich viel zu fest im Griff. Burak war schon längst aus dem Türrahmen verschwunden. "Lass mich los!", sagte ich mit einer normalen Stimme, nur dass sie ziemlich kühl klang. Gökhan sollte nicht sehen, wie ich auf ihn reagierte. "Hau nicht gleich ab. Wir müssen reden!" , "Nicht ich bin diejenige, die abhaut. Du warst derjenige Gökhan! Du bist vor sechs Monaten einfach abgehauen!", gab ich giftig zurück. Er war schuld an unserer jetzigen Situation! Er hatte es für besser gehalten mich einfach zurück zu lassen. Ich sah hoch zu ihm. Erschöpft ging er sich mit der Hand über das Gesicht und sah dann ebenfalls zu mir. Plötzlich packte er meinen Arm und zog mich einfach mit sich die Treppen hoch. Ich versuchte seine Hand von meinem Arm zu lösen, doch es klappte nicht. Um nicht zu fallen, stieg ich die Treppen automatisch mit hoch. Oben angekommen zog er mich weiter in ein Zimmer und schloss dann die Tür ab. Den Schlüssel hatte er in der Hosentasche seiner grauen Jogginghose getan. Während ich wütend und verzweifelt durch das Zimmer ging, stand er an der geschlossenen Tür. Man sah ihm an, dass die Sache ihn überforderte.

"Hör auf die ganze Zeit durch das Zimmer zu laufen!", sagte er letztendlich gereizt. Seine düster wirkende Haltung schüchterte mich ein wenig ein, sodass ich direkt stehen blieb. "Ich kann wie die letzten sechs Monate nicht weiter machen Dilek. Ich musste zurück, um dich zu sehen und um mit dir alles zu klären. Ich habe es nicht mehr ausgehalten.", fing er an mir zu gestehen. Ich starrte ihn bloß an. Er kam auf mich zu und setzte sich neben mir auf das Bett. Seine Beine waren gespreizt und seine Arme stützte er auf seine Knie, sodass er sein Gesicht in seinen Händen verstecken konnte. Für eine kurze Zeit blieb er still, dann sah er zu mir und nahm meine Hand in seine. Er drückte mich neben sich auf das Bett und legte seine große Hand auf meinen Oberschenkel, während die andere immer noch meine Hand hielt. "Ich liebe dich viel zu sehr Dilek.", hauchte er leise und ließ seinen Blick einmal auf meine Lippen huschen. Tränen schossen mir bei seinen Worten in die Augen. "Was willst du von mir? Was erwartest du jetzt? Dass alles wieder in Ordnung ist? Dass ich so tue, als wenn du mir nie gesagt hast, dass du mich nie geliebt hast? Das kann ich nicht Gökhan. Du hast mich viel zu sehr verletzt. Ich lag im Krankenhaus und du bist einfach gegangen. Du hast mich alleine gelassen ohne ein Wort zu sagen.", warf ich ihm vor und wurde immer wütender bei den Gedanken. Ich wollte aufstehen, als Gökhan meinen Oberschenkel drückte und sich etwas mehr zu mir drehte. Er zog meine Beine zu sich und nahm dann mein Gesicht zwischen seine Hände. Schuldbewusst sah er mir in die Augen. "Ich weiß, aber ich habe meine Gründe Dilek. Ich musste einfach so handeln. Das war das Beste für uns beide." Ich schüttelte meinen Kopf und lachte spöttisch auf. "Für uns soll es das beste gewesen sein?" Ungläubig sah ich ihn an. Wie konnte es das beste für unsere Beziehung sein? Was redete er da? Vor allem aber fragte ich mich, welche Gründe er hatte. Ich wollte es wissen, trotzdem riss ich mich zusammen, um ihm auf keinen Fall zu zeigen wie sehr es mich interessierte. "Ich weiß. Du kannst das alles nicht verstehen, aber irgendwann wirst du es. Vertrau mir bitte." Hoffnungsvoll sah er mich an. Ich riss mich von ihm los und stand hastig vom Bett auf. Gökhan stand ebenfalls sofort auf und sah ziemlich verzweifelt aus. "Dir vertrauen? Das werde ich nie wieder Gökhan! Und verstehen brauche ich gar nichts mehr, denn zwischen uns beiden gibt es nichts mehr!", schrie ich ihn an und spürte die Tränen an meinen Wangen. Gökhan starrte mich ausdruckslos an. Wie sehr ich seine eisblauen Augen vermisst hatte.

"Lass mich jetzt endlich gehen.", forderte ich ihn auf, da die Tür abgeschlossen war und er den Schlüssel hatte. Er ignorierte mich und setzte sich wieder auf das Bett. Einige Sekunden wartete ich, doch es kam keine Reaktion von ihm. "Du sollst die Tür aufschließen!", schrie ich ihn ungeduldig an. Mein Herz hob und senkte sich verdammt schnell, da ich so wütend wurde. "Ich kann nicht Dilek!", brüllte er plötzlich und sah mich mit gefährlichen Augen an. Während er zu mir sah, stand ich wie angewurzelt vor ihm. "Ich kann nicht.", wiederholte er seinen Satz jetzt leiser. "Wenn ich dich jetzt gehen lasse, werde ich dich immer mehr verlieren. Das kann ich nicht riskieren. Das darf nicht passieren." Wie verzweifelt er da saß, brach mir das Herz. Am liebsten würde ich jetzt zu ihm gehen und ihn fest in die Arme schließen, nur um diesen verzweifelten Gökhan nicht mehr sehen zu müssen.

Ich blieb still und setzte mich in einer Ecke auf den Boden. Meine Beine zog ich an meinen Körper und legte meinen Kopf auf meine Knie. Seufzend schloss ich meine Augen und weinte leise vor mich hin. Ich hörte seine Schritte, die auf mich zukamen, doch ignorierte diese. Im nächsten Moment spürte ich seinen heißen Atem auf meinem Arm. "Steh vom Boden auf.", forderte er mich auf. Immer noch ignorierte ich ihn und ließ meine Tränen weiterhin fließen. Gökhan legte nun seinen einen Arm an unter meiner Kniekehle und den anderen Arm an meinem Rücken. "Lass mich doch einfach in Ruhe wie die letzten sechs Monate.", schluchzte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Er vergrub sein Gesicht in meiner Halsgrube und bedeckte meinen Hals mit einem federleichten Kuss. Vorsichtig legte er mich auf das Bett und setzte sich zu mir. Seine Hand lag auf meiner Wange während seine wunderschönen Augen meine trafen. "Dilek.", seufzte er meinen Namen und seine Hand wanderte in seine Hosentasche. "Ich kann dich nicht gehen lassen. Ich werde um dich kämpfen. Ich werde dafür kämpfen, dass du mir verzeihst und wenn es so weit ist-" Er machte eine kurze Pause und holte eine kleine rote Schachtel aus seiner Hosentasche. Seine Hand ließ von meiner Wange ab. Er ging kurz mit seinen Finger über die Oberseite der Schachtel und lächelte dabei leicht. Ich starrte Gökhan mit großen Augen an. Nachdem er die Schachtel geöffnet hatte, zeigte er mir den Inhalt und sah mich dabei gebannt an. Ein wunderschöner Diamantenring befand sich in dieser Schachtel. Dieser Ring war wirklich zauberhaft, unbeschreiblich schön. Der Diamant funkelte wie Gökhans Augen. Beides zum verlieben. "Wenn es so weit ist, dass du mir meinen Fehler verziehen hast, werde ich dich fragen und für immer an mich binden.", verriet er mir und sah mich voller Liebe und Ehrlichkeit an. Ich konnte dazu nichts sagen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Gökhan hatte mir mit dieser Aussage die Sprache verschlagen. "Dilek ich hatte gute Gründe. Das musst du mir glauben. Dass ich dir damals am Telefon gesagt hatte, dass ich dich nie Liebe.." Er schüttelte enttäuscht von sich den Kopf. "Diese Worte haben gebrannt. Diese Worte auszusprechen, das hat auch mich zerstört.", sagte er und sah mich mit seinen ehrlichen Augen an. Wie sollte ich ihm da nicht glauben? Ich merkte, dass meine Fassade so langsam anfing zu bröckeln und genau das war, was Gökhan erreichen wollte. Er wusste ganz genau, dass ich nach einer Zeit nicht mehr anders konnte und nachgeben würde. Das durfte aber nicht passieren! Nicht nach alldem was er mir angetan hat! Ich liebte Gökhan wie am ersten Tag. Während seine Abwesenheit hatte ich ständig gehofft, dass diese unheimlich starke Liebe zu ihm vergeht, doch je mehr ich versucht hatte meine Liebe zu ihm zu unterdrücken, desto stärker wurde meine Liebe zu ihm. Mein Herz gehörte immer noch ihm und das würde wahrscheinlich auch immer so bleiben.

"Du musst wissen, wenn ich dich nie geliebt hätte, hätte ich dich meiner Mutter nicht vorgestellt.", fügte er hinzu und ich erinnerte mich an diesen Tag zurück. Plötzlich spürte ich seine Finger auf meinen Lippen und unterbrach somit meine Erinnerung an seiner Mutter. Ungewollt öffnete sich mein Mund leicht bei seiner Berührung. Tief sahen wir uns in die Augen. "Bitte lass es zu.", hauchte er mir leise zu und kam mir näher. "Bitte.", kam es ein letztes mal kurz bevor sich unsere Lippen berührten von ihm. Ich drehte einfach meinen Kopf weg, sodass er in seiner Bewegung inne hielt. "Das kannst du von mir nicht verlangen.", fauchte ich und nahm seine Hand von meiner Wange, obwohl ich seine Berührungen so vermisst hatte und mich nach ihnen sehnte. Ich drehte ihm einfach den Rücken zu und schloss meine Augen. Nur zu gern hätte ich diesen Kuss zugelassen, aber die Erinnerung an diesen Schmerz, den er mir zugefügt hatte, schreckte mich zurück.

"Du liebst mich und genau aus diesem Grund wirst du mir früher oder später verzeihen."



Und wie fandet ihr das Kapitel?
Würde mich über Meinungen sehr freuen, danke :)
Hoffe ich konnte euch überraschen :P

Gefangen von der Liebe...Where stories live. Discover now