Kapitel 48: Abgemacht

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Die Blicke, die auf mich gerichtet waren, machten mich nervös. Jeder starrte auf meine Wunden, die zugegebenermaßen schon auffielen. Ich hasste diese Aufmerksamkeit an der ich leider nichts ändern konnte. Mich nervte es trotzdem. Ich nahm meine Sachen aus meinem Spind und machte mich auf den Weg in den Mathekurs. Dabei zog ich eine ziemlich gleichgültige Miene.

Auch im Klassenzimmer wurde ich nicht verschont. Überall hörte ich die andern flüstern und tuscheln. Nur in der letzten Reihe war es still. Immerhin wussten die Jungs warum ich so aussah. Schweigend setzte ich mich hin nachdem ich meine Sitznachbarn zur Begrüßung zugelächelt habe.

Kaum habe ich mich hingesetzt, kam auch schon der Mathelehrer herein geschneit. Sofort seufzte ich. Ich konnte den Kerl absolut nicht leiden. Mein Kinn hatte ich auf meine Hand gestützt, bereit für einen langweiligen Unterricht.

"Guten Morgen, Klasse. Wir beginnen heute mit einem neuen Thema 'Lineare Funktionen'" Genervtes Stöhnen aller Schüler hallte durch den Raum.

"Wie ich sehe, freut ihr euch schon sehr" Mathematiker-Humor.

"Miss Rodgers! Ich will ja nicht zu nahe treten, aber du siehst aus als hätte jemand versucht dich umzubringen"

Jeder in der Klasse schaute jetzt zu mir und ich traute mich nicht aufzusehen. Er hatte, ohne es zu wissen, ins Schwarze getroffen.

"Das geht Sie nichts an", ertönte die tiefe Stimme neben mir. Sofort errötete ich. Jonah hatte sich für mich eingesetzt, hier in der Schule. Das hat er noch nie getan.

"Ja, ja. Immer diese Jungen, die versuchen ein Mädchen zu beeindrucken indem sie sich für sie einsetzen" Er schüttelte den Kopf und klatschte in die Hände.

"Nun ja, da ich mich nicht sehr für euch interessiere und es mir auch relativ egal ist, was in eurer Freizeit passiert, würde ich sagen, dass wir mit dem Unterricht anfangen"

Die Schüler drehten sich wieder nach vorne um und ließen von mir ab. Ich konnte wieder durchatmen.

"Alles OK?", fragte er mich im Flüsterton. Ich nickte.

"Alles in Ordnung", murmelte ich. Ich fuhr mir durchs Haar. Ich hätte einfach zu Hause bleiben sollen. Das wäre am einfachsten gewesen. Aber da musste ich jetzt durch. Eine Hand griff nach meiner und verschränkte ihre Finger mit meiner. Etwas schockiert sah ich zu Jonah.

"Wenn es dir hier zu viel wird, hauen wir einfach ab", flüsterte er mir aufmunternd zu.

"Könnten die Dame und der Herr in der letzten Reihe aufhören zu tuscheln und anfangen sich auf den Unterricht zu konzentrieren?"

"Abgemacht", flüsterte ich.

-

Ein Tippen auf meine Schulter hielt mich davon ab in die Cafeteria zu gehen. Ich blickte auf und sah Joy, die mich schüchtern anlächelte. Ich konnte schon verstehen, dass Devin auf sie stand. Sie war wirklich niedlich. Ich konnte nicht anders als das Lächeln zu erwidern.

"Hey, was gibt's?", begrüßte ich sie.

"Hey, eigentlich wollte ich nur fragen ob alles in Ordnung ist. Du siehst sehr mitgenommen aus" Sie deutete auf meine Wunden.

"Sie sehen schlimmer aus als es ist" Nur die Erinnerung war schlimmer.

"Ich will dir ja nicht zu nahe treten aber es geht schon das Gerücht um, dass das einer der Jungs war" Ich musste laut lachen. Das war einfach lächerlich.

"Die Jungs würden mir nie ein Haar krümmen. Wir streiten uns manchmal aber das würden sie nie tun" Das war doch absurd.

"Dachte ich mir. Du und die Jungs, ihr wirkt so vertraut miteinander. Vorallem du und Jonah" Promt lief ich rot an als ich mich mit ihr auf den Weg in die Cafeteria machte.

"Ist das so offensichtlich?", fragte ich peinlich berührt. Sie schüttelte den Kopf.

"Nein, ich habe nur gestern gesehen wie ihr euch geküsst habt" Ich nickte.

"Wie lange seid ihr schon zusammen?" Ich seufzte.

"Wir sind überhaupt nicht zusammen und ich denke, dass das auch nie passieren wird"

"Warum nicht?"

"Er ist nicht der sich bindende Typ" Sie nickte.

"Sind alle Jungs so?" Ich musste lächeln. Sie dachte, Devin wäre genauso. Ich schüttelte den Kopf.

"Devin ist nicht so. Sieh mich jetzt nicht so an, ich weiß genau, dass du auf ihn stehst" Jetzt lief sie knallrot an.

"Es hat sowieso keinen Zweck. Ich bin nicht sein Typ und ich bezweifelte, dass er überhaupt weiß, dass ich existiere" Ich lachte.

"Ich muss dir etwas gestehen. Als ich gestern in dich gelaufen bin, war das mit Absicht. Und ich habe auch mit Absicht das Thema auf Devin gelenkt um zu wissen, was du von ihm denkst" Sie sah mich verwirrt an.

"Warum wolltest du das wissen?"

"Weil ich Devin noch einen Gefallen schuldig war, wollte er wissen, was du von ihm denkst. Um zu sehen ob er eine Chance bei dir hätte" Ihr stand der Mund offen.

"Heißt das, dass Devin in mich verliebt ist?" Ich nickte.

"Und ich möchte, dass du die Mittagspause mit uns verbringst" Sie blieb plötzlich einfach stehen.

"Wieso tust du das? Wir kennen uns doch erst seit gestern", stellte sie fest.

"Ich bin schon Monate hier und habe keine einzige Freundin. Mit den Jungs bin ich eigentlich nur befreundet weil sie sich mir praktisch aufgedrängt hatten" Ich lachte leicht.

"Du bist mir sehr sympathisch und ich bin nicht sehr gut darin mir Freunde zu machen, eher das Gegenteil. Deswegen möchte ich es mir bei dir nicht versauen"

Ich lächelte sie schüchtern an. Sie lächelte zurück.

"Ich mag dich auch und ich würde sehr gerne die Mittagspause mit dir verbringen"

"Und ich könnte dich mit Devin verkuppeln", grinste ich und betrat mit ihr die Cafeteria. Sie schlug mir leicht auf den Oberarm während sich ihr Gesicht rot färbte.

"Darf ich dann auch erfahren was es mit deinen Wunden auf sich hat?"

"Später"

Scars of the pastWhere stories live. Discover now